SiC-Forschung: Vom Schmirgelpapier zur Hochleistungselektronik

Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) hat eine neue DFG-Forschergruppe. Für Forschungen zum Thema „SiC als Halbleitermaterial: Alternative Wege in Züchtung und Dotierung“ haben sich sieben Lehrstühle aus der Naturwissenschaftlichen Fakultät I und der Technischen Fakultät zusammengetan. Das Amt des Sprechers hat Prof. Dr. Lothar Ley, Inhaber des Lehrstuhls für Experimentalphysik am Institut für Technische Physik, übernommen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert die derzeit dritte Forschergruppe an der FAU seit dem Februar diesen Jahres für zunächst drei Jahre mit einem finanziellen Volumen von etwas über 1,5 Millionen Euro.

Wir alle kennen Siliziumkarbid: die extrem harten Körner im Schmirgelpapier, die das Schleifen besorgen. Aber eigentlich ist Siliziumkarbid (SiC) viel zu schade für diesen Job. SiC ist nämlich nicht nur extrem hart, sondern auch ein ausgezeichneter Halbleiter. Wenn es darum geht, sehr hohe Ströme und Spannungen zu schalten, wie zum Beispiel bei der Steuerung elektrischer Lokomotiven, ist SiC sogar dem Prototyp aller Halbleiter, dem Silizium, überlegen. Würde man bis zum Jahre 2030 alle Hochleistungs- und Hochfrequenzschalter aus Silizium durch solche aus SiC ersetzen, so könnte man in einem Land wie Deutschland etwa sechs Gigawatt an elektrischer Energie einsparen. Das entspricht der Leistung von fünf Kernkraftwerken.

Warum aber erst 2030 und nicht schon heute? SiC ist im Vergleich zu Silizium ein „schwieriges“ Material – schwierig bei der Züchtung von Kristallen, die bei 2200°C statt der etwa 1400°C für Silizium stattfindet; schwierig bei der Dotierung, d. h. beim gezielten Einbau von Fremdatomen zur Steuerung der elektrischen Eigenschaften, und schwierig in vielen anderen Bereichen. Außerdem hat es den Nachteil des Zweitgeborenen, der sich mühsam aus dem Schatten des Erstgeborenen Silizium herausarbeiten muss. Doch die unübersehbaren Vorteile des SiC haben in den letzten zehn Jahren zu außerordentlichen, internationalen Forschungsanstrengungen geführt.

Erlangen als Zentrum der Siliziumkarbid-Forschung
Kürzlich wurde das erste kommerzielle SiC-Bauelement von der Firma Infineon angeboten, einer ausgegliederten Unternehmenstochter von Siemens. Forschung und Entwicklung im Bereich des SiC fanden in Erlangen statt, das sowohl ein industrielles als auch ein universitäres Zentrum der SiC-Forschung ist. Lehrstühle der Universität Erlangen-Nürnberg sind seit langem erfolgreich in der SiC-Forschung tätig. Ein Schwerpunkt des vor kurzem abgeschlossenen Sonderforschungsbereichs 292 war die Forschung auf dem Gebiet des SiC.

Anfang 2001 bildete sich daher eine Initiative mit dem Ziel, die vorhandene Expertise auf dem Gebiet des SiC in einer Forschergruppe zu bündeln. Das Konzept überzeugte die Gutachter der DFG, die in den alternativen methodischen Ansätzen einmalige Chancen für die Ausschöpfung des Potentials von SiC in der Leistungselektronik sahen. An der neuen Forschergruppe beteiligen sich die Lehrstühle für Experimentalphysik, Theoretische Festkörperphysik, Angewandte Physik, Kristallographie und Strukturphysik, Werkstoffe der Elektrotechnik, Mikrocharakterisierung und Elektronische Bauelemente.

Der Titel der Forschergruppe „SiC als Halbleitermaterial: Alternative Wege in Züchtung und Dotierung“ ist Programm. Es soll in der Tat versucht werden, in den Kernfragen der Kristallzüchtung und Dotierung neue Wege abseits der eingefahrenen Bahnen zu erkunden und zu entwickeln. Die Erwartung ist, dass man dabei auf Verfahren stößt, die den etablierten Ansätzen überlegen sind. Es handelt sich also um eine ergebnisorientierte Grundlagenforschung, die sowohl Risiken als auch erhebliche Potentiale birgt. Die Mitglieder der Forschergruppe waren der Meinung, dass diese Art der Forschung, die von der Industrie wegen der ökonomischen Zwänge nicht verfolgt wird, einer Universität angemessen ist. Der Kontakt mit der Industrie spielt dabei eine wichtige Rolle; mit allen deutschen Firmen, die auf diesem Gebiet tätig sind, ist ein Meinungsaustausch institutionalisiert.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Lothar Ley, Dr. Martin Hundhausen
Institut für Technische Physik II
Tel.: 09131/85-27090, -27259 
lothar.ley@physik.uni-erlangen.de

Martin.Hundhausen@physik.uni-erlangen.de

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Gertraud Pickel idw

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

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