Lackierte Kunststoffe ohne Orangenhaut
Kunststoffteile wie Stoßfänger, Kotflügel oder Spiegelschalen für Autos werden heute fast ausschließlich im ESTA-Verfahren lackiert. Dabei landen elektrostatisch aufgeladene Lacktröpfchen gezielt auf dem Bauteil, das den Gegenpol bildet. Der wirtschaftliche Vorteil liegt auf der Hand, denn weniger Lack als bei konventionellen Verfahren geht daneben. Teile aus elektrisch isolierenden Kunststoffen müssen bisher jedoch in drei Schritten vorbehandelt werden: Die Oberfläche wird zunächst mit Flammen oder in einem elektrischen Plasma aktiviert. Erst dadurch haftet der aufgetragene, elektrisch leitfähige Primer. Nachdem er getrocknet oder eingebrannt wurde, erfolgt die elektrostatische Hauptlackierung. Jeder dieser Schritte kostet Geld. Kosten, die Hersteller der Lackier- und Beschichtungsbranche durch einfachere und bessere Verfahren zu reduzieren versuchen. Dies bietet der einstufige Plasmaprozess, den Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM entwickelt haben. Sie stellen ihn auf der Hannover Messe in Halle 27 am Stand D 02 dem Fachpublikum vor.
»Mit unserem neuen Verfahren der Plasmapolymerisation können bis zu 37 Prozent der Kosten für die Vorbehandlung eingespart werden«, betont Projektleiter Dr. Lars Höper. »Der Trick besteht darin, dass ein elektrisch leitfähiger Kunststoff direkt auf der Oberfläche des Werkstücks entsteht.« Dabei ist das Verfahren unabhängig von der Art des Trägerkunststoffes – selbst »schwierige« Vertreter wie Polyethylen können beschichtet werden. Und so funktioniert es: Ein mit maximal 80 °C kaltes elektrisches Niederdruckplasma regt eine zugesetzte gasförmige Verbindung an. Dabei zerfällt sie in reaktionsfreudige Bruchstücke. Auf der Oberfläche des Teils lagern sie sich zu einer Schicht des gewünschten elektrisch leitfähigen Kunststoffes zusammen.
»Natürlich müssen wir potenzielle Anwender davon überzeugen, dass die Güte dieser Beschichtung – und mehr noch die spätere Lackierung – deren Anforderungen entspricht«, weiß Höper von Industriepartnern zu berichten. »Ein heikler Punkt solcher Plasmapolymere ist, dass sie an Luft altern und allmählich ihre Leitfähigkeit einbüßen. Hierin jedoch unterscheiden sich die neuen Schichten kaum von anderen intrinsisch leitfähigen Polymeren.« Weitere Tests zeigen, dass auf ihnen glänzende Lackierungen im gewünschten Farbton aufgebracht werden können. Die in Fachkreisen gefürchtete schrumpelige »Orangenhaut« des Lacks lässt sich mit Plasmapolymeren oft sogar leichter vermeiden.
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften
Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.
Neueste Beiträge
Sensoren für „Ladezustand“ biologischer Zellen
Ein Team um den Pflanzenbiotechnologen Prof. Dr. Markus Schwarzländer von der Universität Münster und den Biochemiker Prof. Dr. Bruce Morgan von der Universität des Saarlandes hat Biosensoren entwickelt, mit denen…
Organoide, Innovation und Hoffnung
Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…
Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis
Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…