Clevere Folien voller Quantenpunkte
Ein starker Sturm zieht auf. Die Rotorblätter einer Windkraftanlage werden gleich besonders stark belastet. Mikroskopisch kleine Schädigungen können sich im faserverstärkten Kunststoff bilden, welche oft unerkannt bleiben. Steifigkeits- und Festigkeitsverlust sind die Folge und führen im Extremfall beim nächsten Sturm zum Abknicken oder Abbrechen der Rotorblätter.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentrums für Mikrotechnologien der Technischen Universität Chemnitz und des Fraunhofer-Instituts für Elektronische Nanosysteme ENAS entwickelten nun innerhalb des Bundesexzellenzclusters MERGE eine mehrschichtige Sensorfolie, die mit fluoreszierenden Nanopartikeln beschichtet ist.
Wird diese Folie beispielsweise in die Oberflächen der Rotorblätter eingebettet, dann könnten bei Routinewartungen von Windkraftanlagen Hinweise auf mögliche Schädigungen frühzeitig gegeben werden. Der Grund: Die Folie ändert unter Belastung ihre Helligkeit und speichert diesen Zustand eine gewisse Zeit. Auch bei Radaufhängungen von Kraftfahrzeugen oder Leichtbauteilen wäre diese Sicherheitsmaßnahme sinnvoll. Selbst bei Fahrrad- oder Motorradhelmen könnten Nutzer so über den Zustand ihres Kopfschutzes informiert werden.
Möglich wird dies durch winzige Halbleiter-Nanokristalle. Aufgrund ihrer Empfindlichkeit gegenüber elektrischen Feldern und Ladungen können diese als exzellente Nanosensoren genutzt werden. „Auf der Basis von Quantenpunkten haben wir ein neues System zur Visualisierung von mechanischer Belastung entwickelt“, berichtet Dr. Jörg Martin vom Fraunhofer ENAS. Herzstück sei die Kombination piezoelektrischer Elemente mit einer sogenannten QD-Komposit-Schicht, womit die mechanische Belastung in eine lokal reduzierte Photolumineszenz der Partikel umgewandelt wird.
Letztendlich wird eine schlagartige Belastung – zum Beispiel an einem Rotorblatt – als gut erkennbarer optischer Kontrast sichtbar. „Für die Nanosensoren selbst ist keine Energieversorgung notwendig“, sagt Martin Möbius vom Zentrum für Mikrotechnologien der TU Chemnitz. Dementsprechend wäre eine energieautarke Überwachung großer Flächen bzw. Bauteile mit nahezu jeder beliebigen Form möglich, und es ließen sich kritische Belastungen – insbesondere an Leichtbauteilen – im Rahmen üblicher Wartungen gut erkennen.
„Eine große Herausforderung dieser Entwicklung ist dabei die funktionsgerechte Integration der Sensorschichten in Leichtbaustrukturen, etwa durch Einlaminieren“, fügt Dr. Martin hinzu. Jedoch eröffne gerade das Einbringen zusätzlicher Funktionalität ein riesiges Anwendungspotenzial, weshalb gemeinsam mit weiteren Forschern der TU Chemnitz im Exzellenzcluster MERGE weitere Lösungsansätze untersucht und umgesetzt werden.
Erstmals präsentieren die Chemnitzer ihre „clevere Folie“ und ihre neuen Sensorkonzepte vom 24. bis 27. April 2017 auf der Hannover Messe am Stand des Fraunhofer ENAS auf dem Gemeinschaftsstande des IVAM Fachverband für Mikrotechnik (Halle 6, Stand C30).
Weitere Informationen erteilen Martin Möbius, Telefon 0371 531-39461, E-Mail martin.moebius@zfm.tu-chemnitz.de, und Dr. Jörg Martin, Tel. 0371 45001-244, E-Mail joerg.martin@enas.fraunhofer.de.
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften
Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.
Neueste Beiträge
Spezielle Beschichtungen auf der ISS im Test
Montanuniversität Leoben bringt Innovation ins All: Ein bedeutender Schritt für die Weltraumforschung und die Montanuniversität Leoben: Nach langen Vorbereitungsarbeiten sind hochentwickelte Dünnfilmbeschichtungen aus Leoben nun auf der Internationalen Raumstation (ISS)…
Holzfeuerungen mit bis zu 80% weniger NOx-Emissionen
Fraunhofer Forscher haben gemeinsam mit dem Projektpartner Endress Holzfeuerungen eine neuartige Feuerungstechnik entwickelt, die NOx-Emissionen um bis zu 80 Prozent reduzieren kann. Damit können auch zukünftige Grenzwerte zuverlässig eingehalten werden….
Ein neues Puzzlestück für die Stringtheorie-Forschung
Wissenschaftlerin vom Exzellenzcluster Mathematik Münster beweist Vermutung aus der Physik. Dr. Ksenia Fedosova vom Exzellenzcluster Mathematik Münster hat mit einem internationalen Forschungsteam eine Vermutung aus der Stringtheorie bewiesen, die Physikerinnen…