Europaweit einzigartiges FuE-Zentrum für Transparentkeramik

Im neuen FuE-Zentrum kann Transparentkeramik für unterschiedliche Anwendungen in verschiedenen Geometrien im Pilot- und Serienmaßstab hergestellt werden.
(c) Fraunhofer IKTS

Fraunhofer IKTS eröffnet neues, europaweit einzigartiges FuE-Zentrum für Transparentkeramik in Hermsdorf, Thüringen.

Durchsichtig wie Glas, aber wärmebeständig und kratzfest wie Keramik – Transparentkeramik ist ein besonderer Werkstoff, dessen Herstellung nicht nur ein spezielles Know-how, sondern auch spezialisierte Geräte und Anlagen benötigt. Zukünftig wird Transparentkeramik noch stärker ihre Vorteile Robustheit, Härte, Transmission und Wirtschaftlichkeit gegenüber Glas und Saphir ausspielen. Der Grund: Das Fraunhofer IKTS eröffnet am 29.8.2024 in Hermsdorf im Beisein des Thüringer Wirtschafts- und Wissenschaftsministers Wolfgang Tiefensee ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum für Transparentkeramik, um mit Industriepartnern eine Vielfalt an neuartigen, wirtschaftlichen Anwendungen zu entwickeln.

Neuheit: Transparentkeramikbauteile im Pilotmaßstab fertigen

Das Forschungs- und Entwicklungszentrum für Transparentkeramik ist europaweit einzigartig. »Wir besitzen nun eine Infrastruktur für die komplette Prozesskette zur Herstellung von Transparentkeramikbauteilen nicht nur im Labor-, sondern auch im Pilot- und Serienmaßstab. Damit erweitern wir enorm unsere Kompetenz und die Einsatzvarianz von transparenter Keramik«, sagt die Abteilungsleiterin Oxidkeramik Dr. Sabine Begand. Dieser Kompetenzsprung ist nun möglich, weil das IKTS die Sparte Transparentkeramik und die Marke PERLUCOR® von der Firma CeramTec-ETEC übernommen hat. Rund 20 Fertigungsanlagen und 100 Kleingeräte mit einer Produktionsfläche von 700 m² wurden seitdem am Standort Hermsdorf in die Institutsinfrastruktur integriert. Der Freistaat Thüringen förderte diese Maßnahme mit 2,5 Millionen Euro. Zu den Industrien, die in hohem Maße von Transparentkeramik profitieren können, zählen Optik, Opto-Elektronik, Zivilschutz, Sicherheitstechnik, Medizintechnik, Laser- und Sensortechnik, Scanner- und Displaytechnologie, Fahrzeug-, Luft- und Raumfahrtindustrie sowie der Maschinenbau.

Ein Kernstück der zahlreichen Anlagen im FuE-Zentrum ist die Heiß-Isostatische Presse (HIP). Hier werden die keramischen Bauteile bei bis zu 2000 °C und 2000 bar thermisch nachverdichtet – ein wichtiger Schritt bei der Erzeugung der Transparenz.
Ein Kernstück der zahlreichen Anlagen im FuE-Zentrum ist die Heiß-Isostatische Presse (HIP). Hier werden die keramischen Bauteile bei bis zu 2000 °C und 2000 bar thermisch nachverdichtet – ein wichtiger Schritt bei der Erzeugung der Transparenz. (c) Fraunhofer IKTS

Von Pulveraufbereitung über Formgebung, Konstruktion und Analytik – neue Anlagen bilden komplette Prozesskette ab

Zur neuen Infrastruktur gehören Geräte und Anlagen zur Konditionierung hochreiner Pulver, Formgebung, Wärmebehandlung, Laser- sowie Ultra-Präzisionsbearbeitung. »Die wichtigsten Aufgaben, die wir uns gestellt haben«, betont Dr. Martin Drüe, Gruppenleiter Transparentkeramik am Fraunhofer IKTS, »liegen zum einen darin, Transparentkeramik in exzellenter Qualität im Pilot- und Serienmaßstab zu fertigen. Dabei spielen Reinheit und hohe Transparenz eine entscheidende Rolle. Zum anderen freuen wir uns auf spannende, zukunftsweisende Entwicklungsarbeiten zusammen mit Industriepartnern. Hierbei wird es nicht nur um Werkstoffanalyse und -entwicklung, Konstruktion oder Formgebung der Keramik gehen, sondern auch um einsatzspezifische Fragestellungen bei der Systemintegration. Denn oftmals betrifft es Anwendungen, die Transparentkeramik im Verbund mit anderen Materialien – etwa Glas, Titan oder Edelmetalle – erfordern.« Industriepartner können die technische Infrastruktur des FuE-Zentrums als Dienstleistung nutzen, Versuche durchführen und beispielsweise von den Ergebnissen mechanischer Tests, Laminier- sowie Bedruckversuche profitieren. Prototypen und Pilotserien mit Stückzahlen von ca. 10 000 Einheiten sowie eine Bauteilvergrößerung auf das fast Vierfache werden nun möglich sein. Auch das Fügen von transparenter Keramik steht im Entwicklungsfokus, um die Geometrievielfalt weiter zu steigern. Zudem haben die IKTS-Forschenden sich zum Ziel gesetzt, die Reproduzierbarkeit der Bauteilfertigung stetig zu erhöhen.

Transparentkeramik überzeugt in Härte und Transmission – Hohes Potenzial für Wettbewerbsvorteile in vielfältigen Anwendungen

Transparentkeramik hat hervorragende mechanische und optische Eigenschaften: Das Material ist viermal härter als Glas und hat eine deutlich bessere Transmission von Lichtstrahlen, auch im Infrarot- und UV-Bereich. Zudem zeichnet sich der Werkstoff durch hohe Kratzfestigkeit, Temperaturbeständigkeit und Wärmeleitfähigkeit aus. Aufgrund der hohen Härte eignet sich das Material ideal für ballistische Schutzanwendungen – etwa im Verbund mit Substraten wie Glas oder Kunststoff lässt sich bei gleicher Schutzwirkung das Bauteil deutlich dünner gestalten, was Material und somit Gewicht reduziert. Transparentkeramik zeigt ihre Stärken aber auch in Bereichen wie autonomes Fahren, Fahrassistenz-, Transport-, Luftfahrt- oder Laserkopfschutzsystemen. Neben den ausgezeichneten transmittierenden und mechanischen Eigenschaften erweisen sich chemische Stabilität sowie biologische Verträglichkeit von Transparentkeramik als ideal für Anwendungen in der Medizintechnik – etwa bei Mikroimplantaten. Interaktive Displayscheiben wie Head-Up-Displays müssen ebenfalls robust und trotzdem leicht sein. Das fordern vor allem Produzenten von mobilen Endgeräten und anderen High-End-Anwendungen, für die die Transparentkeramik geradezu prädestiniert ist.

Wer mehr erfahren möchte über die enormen Vorteile der Transparentkeramik, kann die Gelegenheit nutzen, die IKTS-Experten auf der W3+Fair, 25.-26. September 2024 in Jena, Stand F5b sowie auf der SPIE.Photonics West vom 25.-30. Januar 2025 in San Francisco im Deutschen Pavillon zu treffen.

Weitere Informationen:

https://www.ikts.fraunhofer.de/de/presse/pressemitteilungen/2024_08_29_fraunhofe…

Media Contact

Dipl.-Chem. Katrin Schwarz Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

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