Geflochtene Implantate: RUB-Forscher entwickeln neue Fertigungsmethode für Gefäßimplantate
Verträglichere und haltbarere Gefäßimplantate für weniger Geld kämen vielen Patienten zu Gute. Um dieses Ziel zu realisieren, entwickeln Forscher vom RUB-Institut für Werkstoffe in Kooperation mit der RWTH Aachen Stents aus modernen Formgedächtnislegierungen. Diese Materialien nehmen nach einer Verformung ihre ursprüngliche Gestalt wieder ein und sind ideal geeignet, die elastische Natur der Blutgefäße nachzuempfinden.
Das Team um Dr. Matthias Frotscher (Forschungsgruppe Medizinische Werkstoffe/Biomaterialien) nutzt eine spezielle Flechttechnik, um Implantate aus Nickel-Titan-Drähten kostengünstig herzustellen. RUBIN berichtet in der aktuellen Sonderausgabe Werkstoff Engineering über die geflochtenen Stents.
Flechttechnik spart Geld
Bislang fertigen Hersteller die Gefäßimplantate (Stents) aus relativ teuren Röhrchen, die nachträglich in einem Laserschneideprozess ihre filigrane Struktur erhalten. Das am Institut für Textiltechnik in Aachen entwickelte Flechtverfahren funktioniert mit wesentlich günstigeren Nickel-Titan-Drähten und lässt die feine Struktur direkt im ersten Arbeitsschritt entstehen. Frotschers Team untersuchte die mechanischen Eigenschaften, die Struktur und die Oberfläche der so hergestellten Implantate. Sie sind flexibel und können in Längen bis zu 30 cm und in beinahe beliebigen Formen produziert werden. Besonders kleine Durchmesser erlauben eine Anwendung auch in sehr dünnen Blutgefäßen. Vor allem im neurovaskulären Bereich setzen Mediziner die Implantate bereits erfolgreich ein.
Implantaten ein Gedächtnis geben
Erst nach dem Flechten erhalten die Implantate durch Erhitzen und anschließendes Abschrecken das Gedächtnis für ihre Form. „Im Vergleich zu anderen Stentwerkstoffen lassen sich Gefäßimplantate aus der Formgedächtnislegierung elastisch und reversibel bis zu sechs Prozent dehnen“, erläutert Frotscher. „Das ist eine Größenordnung mehr als bei den konventionellen metallischen Stentwerkstoffen.“ Um allergische Reaktionen durch eine Freisetzung von Nickel-Ionen aus den Implantaten zu verhindern, wenden die Wissenschaftler das elektrochemische Verfahren des Elektroporierens an. So beseitigen sie Defekte und Rauigkeiten auf der Oberfläche. Bislang ist dieses Verfahren im industriellen Maßstab jedoch nicht einsetzbar. Daher erprobt das Team um Frotscher nun eine spezielle Elektropolierappartur, die die geflochtenen Stents strecken und stauchen kann, um auch an die Verbindungsstellen der Drähte heranzukommen.
Weitere Themen in RUBIN Werkstoff-Engineering
Im RUBIN Werkstoff-Engineering finden Sie außerdem folgen Themen: Blitzschnell verschleißbeständige Bauteile; Widerstandsfähig gegen Rost und Reibung: Pumpenzentrum kümmert sich um das allgegenwärtige Stiefkind der Forschung; Dem Zufall auf die Sprünge helfen: Entwicklung neuer Werkstoffe durch Hochdurchsatzexperimente mit Materialbibliotheken; Die Sonne Wasser spalten lassen; Wenn Superlegierungen versetzt werden; Zerreißprobe: Wie Hitze die Mikrostruktur von Stahl durcheinanderbringt; Bei extremer Kälte dem Magnetfeld widerstehen; Leichter abheben; Heißer ist besser: Kraftwerke umweltschonender machen; Wie eine lebende Haut: Neue Korrosionsschutzschichten sollen Defekte selbstständig heilen; … und wenn sich der Wasserstoff nicht nur im Tank befindet?: Ingenieure untersuchen Gefahren durch Wasserstoff in hochfesten Stählen; Vom Atom zum Werkstoff: Interdisziplinäre Materialsimulation zu leichten Elementen in Eisen und Stahl. RUBIN ist in der Stabsstelle Strategische PR und Markenbildung zum Preis von 5 Euro erhältlich und online unter http://www.rub.de/rubin
Weitere Informationen
Dr. Matthias Frotscher, Institut für Werkstoffe der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-25910, E-Mail: Matthias.Frotscher@rub.de
Redaktion: Dr. Julia Weiler
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