Glas aus dem 3D-Drucker
Glasobjekte mit einem 3D-Druckverfahren herzustellen, ist nicht einfach. Erst wenige Forschungsgruppen weltweit haben versucht, Glas mithilfe additiver Verfahren zu produzieren. Einige davon schufen Objekte, indem sie geschmolzenes Glas ausdruckten. Das hat den Nachteil, dass dafür sehr hohe Temperaturen und hitzebeständige Apparaturen nötig sind. Andere verwendeten pulverförmige Keramikpartikel, die sich bei Raumtemperatur drucken und später zu Glas sintern lassen. Allerdings war die Komplexität der daraus gefertigten Objekte bisher eher gering.
Forscher der ETH Zürich haben nun einen anderen Weg gewählt, um mit 3D-Druck komplexe Glasobjekte herzustellen. Grundlage ihres neuen Verfahrens ist die Stereolithografie, eine der ersten 3D-Drucktechniken aus den 1980er-Jahren.
Die Forscher David Moore, Lorenzo Barbera und Kunal Masania aus der Gruppe für Komplexe Materialien von ETH-Professor André Studart entwickelten ein spezielles Harz. Dieses ist aus flüssigem Kunststoff und einem Siloxan zusammengesetzt. Darüber berichten sie in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift «Nature Materials».
Licht lässt das Objekt wachsen
Das Harz lässt sich mit einem kommerziell erhältlichen Stereolithografiegerät verarbeiten. Dabei werden UV-Lichtmuster auf das Harz gestrahlt. Dort, wo das Licht auftrifft, wird das Harz hart. Dies geschieht deshalb, weil sich an den belichteten Stellen die beiden Harzkomponenten vollständig auftrennen: die Kunststoffmonomere formieren sich zu einem labyrinthähnlichen Polymergerüst, die Moleküle des Siloxans füllen die Zwischenräume des Labyrinths aus.
Ein Objekt kann so Schicht für Schicht aufgebaut werden. Dabei können die Forscher bei jeder Schicht verschiedene Parameter verändern, etwa die Porengrösse: Schwache Lichtintensität erzeugt grosse Poren, starke Einstrahlung kleine Poren. «Wir haben das per Zufall entdeckt, können es aber nutzen, um die Porengrösse in den Objekten gezielt zu verändern», sagt Masania.
Ebenfalls schichtweise verändern können die Forscher die Mikrostruktur des Objekts, indem sie dem Harz auch Borat oder Phosphat beimengen. Dadurch lassen sich Objekte herstellen, die aus verschiedenen Glastypen aufgebaut sind.
Einen so hergestellten Rohling müssen die Forschenden anschliessend bei zwei unterschiedlichen Temperaturen brennen: Bei 600 Grad Celsius, um das Polymergerüst zu verbrennen, und anschliessend bei rund 1000 Grad Celsius, um die Objekte zu Glas zu verdichten. Beim Brennen schrumpfen sie erheblich, werden aber transparent und hart wie Fensterglas.
Spezialanwendung im Visier
Noch sind die 3D-gedruckten Glasobjekte höchstens so gross wie ein Spielwürfel. Grosse Glasobjekte wie Flaschen, Gläser oder Fensterscheiben können auf diese Weise nicht erzeugt werden, was auch nicht das Ziel dieser Arbeit gewesen sei, betont Masania.
Ziel sei vielmehr gewesen, den Machbarkeitsnachweis zu erbringen, dass man mit einem 3D-Druckverfahren Glasgegenstände von komplexer Geometrie herstellen. Reine Spielerei ist die neue Technik jedoch nicht. Die Forscher meldeten sie zum Patent an und verhandeln derzeit mit einem Schweizer Glaswarenhändler, der die Technologie in seinem Unternehmen einsetzen möchte.
Dr. Kunal Masania, Komplexe Materialien, ETH Zürich, +41 44 633 38 92 kunal.masania@mat.ethz.ch
Moore DG, Barbera L, Masania K, Studart AR. Three-dimensional printing of multicomponent glasses using phase-separating resins. Nature Materials. (2019) doi:10.1038/s41563-019-0525-y https://www.nature.com/articles/s41563-019-0525-y
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.ethz.chAlle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften
Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.
Neueste Beiträge
Selen-Proteine …
Neuer Ansatzpunkt für die Krebsforschung. Eine aktuelle Studie der Uni Würzburg zeigt, wie ein wichtiges Enzym in unserem Körper bei der Produktion von Selen-Proteinen unterstützt – für die Behandlung von…
Pendler-Bike der Zukunft
– h_da präsentiert fahrbereiten Prototyp des „Darmstadt Vehicle“. Das „Darmstadt Vehicle“, kurz DaVe, ist ein neuartiges Allwetter-Fahrzeug für Pendelnde. Es ist als schnelle und komfortable Alternative zum Auto gedacht, soll…
Neuartige Methode zur Tumorbekämpfung
Carl-Zeiss-Stiftung fördert Projekt der Hochschule Aalen mit einer Million Euro. Die bisherige Krebstherapie effizienter gestalten bei deutlicher Reduzierung der Nebenwirkungen auf gesundes Gewebe – dies ist das Ziel eines Projekts…