Mehr Effizienz, weniger CO²: Neuer Werkstoff für 700-Grad-Kraftwerke bereit für praktische Testphase
Mit dieser neuen Technologie könnte die Effizienz von Kohlekraftwerken bei gleichzeitiger Reduktion des Kohlendioxid-Ausstoßes weiter verbessert werden. Die Steigerung des Wirkungsgrades neuer Kraftwerke wird durch die Erhöhung der Dampftemperatur im Kessel und der Turbine von 600 Grad (bei einem Druck von 250 bar) auf rund 700 Grad (350 bar) erreicht – eine Temperatur, der die heute im modernen Kraftwerksbau eingesetzten Materialien nicht dauerhaft standhalten würden. Insoweit kommt den von ThyssenKrupp VDM entwickelten Sonderstählen auf Nickelbasis eine Schlüsselrolle bei der Konstruktion des Kraftwerks der Zukunft zu.
In den Forschungslaboren der ThyssenKrupp VDM ist speziell für diesen Einsatzbereich ein bestehender Werkstoff mit deutlich verbesserten Eigenschaften weiterentwickelt worden. Der „Alloy 617 B occ“ (optimised chemical composition) – entspricht bei ThyssenKrupp VDM dem Nicrofer 5520 occ – zeichnet sich durch hohe Festigkeit und Verformbarkeit (Duktilität) bei gleichzeitig guter Schweißbarkeit aus. In den Kraftwerken der kommenden Generation könnte er in Rohren, Ventilen und Verbindungsteilen sowie als Blech verwendet werden. Seine besonderen Eigenschaften erhält der Alloy 617 B occ aus drei Gründen: Er wird im Vakuum er- und umgeschmolzen, wodurch die Aufnahme unerwünschter Stoffe aus der Luft vermieden wird. Dann enthält der Werkstoff eine minimale Menge des Elements Bor, dessen Gehalt genau definiert und optimal eingestellt werden muss. Zum dritten werden die Gehalte an Molybdän und Kohlenstoff optimiert, um bei gleichbleibender Festigkeit die Schweißbarkeit zu verbessern. „Der Alloy 617 ist eine der am besten untersuchten Nickel-Legierungen und seit Jahrzehnten im Druckbehälterbau im Einsatz“, sagt Ralf Husemann von Hitachi Power Europe. „Trotzdem sind bei uns Optimierungen der Werkstoffeigenschaften im Hinblick auf eine zusätzliche Betriebssicherheit beim A 617 occ durchgeführt worden. Betriebssicherheit ist bei Hitachi oberstes Gebot“, ergänzt Husemann.
Der neue Hochleistungs-Werkstoff soll ab 2012 parallel zu weiteren Laboruntersuchungen in Versuchsanlagen erprobt werden. Die umfangreiche Erprobung der neuen Werkstoffe ist eine wichtige Voraussetzung für den Bau eines 700-Grad-Kraftwerks. Ein Vorläufer des jetzt optimierten Alloy 617 B occ ist bereits seit etwa fünf Jahren in verschiedenen Laboren und Versuchsanlagen erfolgreich getestet worden. Die Ergebnisse und Erfahrungen haben bei der Entwicklung des neuen Werkstoffes eine wichtige Rolle gespielt. „Zur Absicherung der Laboruntersuchungen ist es notwendig, Komponenten aus Nickellegierungen herzustellen und sie unter realen Bedingungen in Kraftwerken zu testen“, betont Helmut Tschaffon, Leiter 700°C-F&E-Aktivitäten bei E.ON Energie. „Dazu gehört auch, dass die Werkstoffe den in einem Kraftwerk üblichen Betriebsbeanspruchungen wie An- und Abfahrvorgänge oder Lastwechsel standhalten.“
„Wir gehen davon aus, dass sich die positiven Eigenschaften des Alloy 617 B occ in den Tests bestätigen werden und wir diesen Werkstoff bald vermarkten können“, erklärt Dr. Jutta Klöwer, Leiterin Forschung und Entwicklung bei ThyssenKrupp VDM. „Damit sind wir dem Ziel, effizientere und CO²-arme Kraftwerke zu bauen, mit denen ein wesentlicher Beitrag zum Umweltschutz geleistet wird, erheblich näher gekommen.“ Und auch Tschaffon ist überzeugt, dass auf Grund dieser Entwicklung mit dem Bau von 700-Grad-Kraftwerken im Laufe dieses Jahrzehnts begonnen werden kann.
Ansprechpartner:
Volker Lindemann
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