Metallorganische Gerüste fungieren als Webstühle

Das metallorganische Gerüst ist sandwichartig aufgebaut (a). In einer aktiven Schicht, eingebettet zwischen sogenannten Opferschichten, wird die molekulare Textilie gewebt (b). Abbildung: KIT

Das selbstorganisierte Verknüpfen von Polymerfäden, das heißt extrem langen Molekülen, zu zweidimensionalen Geweben ist eine der großen Herausforderungen der Polymerchemie. Mithilfe eines Bottom-up-Prozesses, der kleinere Moleküle, sogenannte Monomere, in geeigneter Weise verknüpft, sind am KIT Wissenschaftler des Instituts für Funktionelle Grenzflächen (IFG) sowie des Instituts für Nanotechnologie (INT) diesem Ziel nun einen wesentlichen Schritt näher gekommen:

Sie fertigten Gewebe aus monomolekularen Polymerfäden, wobei ihnen SURMOFs – auf Oberflächen verankerte metallorganische Gerüste – sozusagen als Webstühle dienten. In der Zeitschrift Nature Communications stellen sie ihren Ansatz vor.

Die am IFG des KIT entwickelten SURMOFs (Surface Mounted Metal-Organic Frameworks) sind Gerüste aus metallischen Knotenpunkten und organischen Verbindungselementen, die Schicht für Schicht auf einem Substrat aufgebaut werden. Sie haben eine kristalline Struktur und lassen sich durch die Kombination verschiedener Materialien sowie die Variation der Porengröße für unterschiedliche Anwendungen maßschneidern.

Um die SURMOFs zum Weben zweidimensionaler Textilien einzusetzen, bauten die Karlsruher Forscher in die einzelnen SURMOF-Schichten spezielle Verbindungselemente ein, nämlich vierarmige Monomere, die alle exakt auf eine spätere Verknüpfung ausgerichtet sind. Die Wissenschaftler fügten diese aktiven SURMOF-Schichten zwischen sogenannten Opferschichten ein.

„So erreichten wir einen sandwichartigen Aufbau, der gewährleistet, dass die hergestellten Gewebe tatsächlich zweidimensional, das heißt nur eine Moleküllage dick sind“, berichtet Professor Christof Wöll, Leiter des IFG und zusammen mit Professor Marcel Mayor vom INT korrespondierender Autor der Publikation.

Die Forscher führten in den aktiven SURMOF-Schichten mithilfe eines Katalysators eine Reaktion zur Verknüpfung der Monomere zu Polymeren herbei. Anschließend wurden die metallischen Knotenpunkte einfach herausgelöst. Übrig blieben flache Gewebe aus monomolekularen Polymerfäden.

„Die Polymerfäden werden untereinander ausschließlich von den durch das Webmuster bedingten mechanischen Kräften zusammengehalten“, erklärt Marcel Mayor. „Damit sind die molekularen Gewebe ebenso flexibel wie die auf herkömmliche Weise gefertigten Textilien.“

Zhengbang Wang, Alfred Błaszczyk, Olaf Fuhr, Stefan Heissler, Christof Wöll, Marcel Mayor: Molecular weaving via surface-templated epitaxy of crystalline coordinationnetworks. Nature Communications, 2017. DOI: 10.1038/ncomms14442

Weiterer Kontakt:
Margarete Lehné, Pressereferentin, Tel.: +49 721 608 48121, Fax: +49 721 608-43658, E-Mail: margarete.lehne@kit.edu

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verbindet seine drei Kernaufgaben Forschung, Lehre und Innovation zu einer Mission. Mit rund 9 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie 25 000 Studierenden ist das KIT eine der großen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Forschungs- und Lehreinrichtungen Europas.

KIT – Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft

Das KIT ist seit 2010 als familiengerechte Hochschule zertifiziert.

Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: http://www.kit.edu

Media Contact

Monika Landgraf Karlsruher Institut für Technologie

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften

Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Spezielle Beschichtungen auf der ISS im Test

Montanuniversität Leoben bringt Innovation ins All: Ein bedeutender Schritt für die Weltraumforschung und die Montanuniversität Leoben: Nach langen Vorbereitungsarbeiten sind hochentwickelte Dünnfilmbeschichtungen aus Leoben nun auf der Internationalen Raumstation (ISS)…

Holzfeuerungen mit bis zu 80% weniger NOx-Emissionen

Fraunhofer Forscher haben gemeinsam mit dem Projektpartner Endress Holzfeuerungen eine neuartige Feuerungstechnik entwickelt, die NOx-Emissionen um bis zu 80 Prozent reduzieren kann. Damit können auch zukünftige Grenzwerte zuverlässig eingehalten werden….

Ein neues Puzzlestück für die Stringtheorie-Forschung

Wissenschaftlerin vom Exzellenzcluster Mathematik Münster beweist Vermutung aus der Physik. Dr. Ksenia Fedosova vom Exzellenzcluster Mathematik Münster hat mit einem internationalen Forschungsteam eine Vermutung aus der Stringtheorie bewiesen, die Physikerinnen…