Neuartige Bodenplatten – Saubere Füsse auch nach dem Festival
In Zusammenarbeit mit der Empa hat die Firma Supramat-Swiss GmbH ein Produkt entwickelt, das den Boden schützt und verhindert, dass Schlamm entsteht. Dank ihrer Konstruktionsweise sind sie leicht zu transportieren und mit geringem Aufwand grossflächig verlegbar.
Darüber hinaus haben die Empa und ihr Industriepartner auch Unterlegeplatten optimiert, die schweres Gerät vor dem Versinken im Schlamm bewahren und temporäre Strassen zu schwer zugänglichen Orten bilden. Damit lassen sich beispielsweise Flugzeuge, die von der Piste abgekommen sind, schnell bergen.
Sie lassen die Vorfreude auf so manche Open-Air-Veranstaltung dahinschmelzen wie Butter in der Sonne: Die Aussicht auf schlechtes Wetter und die Vorstellung, wie darauf in kürzester Zeit das gesamte Gelände in braunem, übelriechendem Matsch versinkt. Doch Schlammfestivals, wie es sie auch in diesem Sommer wieder gegeben hat, könnten bald der Vergangenheit angehören.
Zusammen mit der Firma Supramat-Swiss GmbH hat die Empa leichte, grossflächig verlegbare Bodenplatten aus einem mit Glasfasern versetzen Polymer entwickelt. «Sie sind leichter und dünner, haben aber eine grössere Fläche als die bislang an Grossanlässen benutzten sechseckigen Platten in Wabenform», sagt Christian Affolter, Forscher in der Empa-Abteilung «Mechanical Systems Engineering».
Die geringe Dicke der rechteckigen Platten von zehn Millimetern und die Fläche von knapp einem Quadratmeter erleichtern den Transport und auch die Verlegung – nun ist es möglich, mit geringerem Aufwand grössere Flächen abzudecken. Neu dabei ist nicht nur die Verwendung eines speziellen, sehr stabilen aber zugleich leichten Werkstoffverbunds sondern auch das Konzept, sie zu verbinden. Herkömmliche wabenförmige Platten werden beim Verlegen mit einer Art Hakensystem aneinander gehängt.
Die an der Empa entwickelten «Scobavent®»-Platten stecken die Aufbau-Teams über spezielle Laschen an ihren Kanten aneinander. Resultat ist ein lückenloser «Platten-Teppich», der so gut wie keinen Schlamm durchdrücken lässt. «Scobavent» wird zurzeit von einer grossen Schweizer Dienstleistungs-Firma für Festivals an diversen Anlässen getestet.
Die Idee, mit verlegbaren Platten Matsch von den Füssen der Festivalgäste fernzuhalten, ist nicht neu. Richard Steger von der Supramat-Swiss GmbH kam mit der Vision an die Empa, ein Produkt zu entwickeln, das leicht und mehrfach wiederverwendbar den Markt revolutionieren sollte. Daraus entstand ein von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) unterstütztes Projekt: Die Empa entwickelte und erprobte die Platten, die Supramat-Swiss GmbH lieferte nebst Know-how die nötigen Apparaturen und Produktionsabläufe und plante die Markteinführung. «Die Zusammenarbeit hat sehr gut funktioniert. Durch die Kooperation mit der Empa machte das Projekt rasch Fortschritte», sagt Richard Steger.
Platten zur Bergung von Flugzeugen oder temporäre Strassen zu schwer zugänglichen Orten
Die Forschungen beschränkten sich jedoch nicht nur auf die «Scobavent»-Platten für Grossevents, sondern lieferten auch ein Produkt «fürs Grobe»: Eine zweite Platten-Gattung der Supramat-Swiss GmbH, die an der Empa gemeinsam weiterentwickelt wurde, trägt den Namen «Scobamat». Sie ist überall einsetzbar, wo schweres Gerät den weichen Untergrund zu zerstören droht oder gar darin einsinkt. Zu einem Weg ausgelegt, können die Platten eine sichere temporäre Strasse zu schwer zugänglichen Orten für grosse Fahrzeuge bilden. Tests mit Baggern, Feuerwehrfahrzeugen und einem 60 Tonnen schweren Kran haben die Platten problemlos gemeistert.
«Schon jetzt,» berichtet Steger, «werden die Platten weltweit von Flughafenbetreibern eingesetzt. Damit lassen sich auch auf unbefestigtem Terrain Flugzeuge bis zu einer A380 schnell bergen, die von der Piste abgekommen sind». Mögliche Abnehmer für die Platten seien aber auch Bauunternehmen oder das Militär.
Die Konstruktionsweise der «grossen, roten Schwestern» unterscheidet sich grundsätzlich von den schwarzen Festival-Platten. «‹Scobamat› wird nicht wie ‹Scobavent› aus einer Rohmasse gepresst, sondern ist im Schichtsystem aufgebaut», erklärt Affolter. Dazu werden Fiberglasgewebe mit einem Epoxidharz laminiert. Darauf folgt eine nächste Schicht, in der die Glasfasern quer zu den Vorherigen angelegt sind und ebenfalls mit dem Harz getränkt werden, welches dem Verbund seine Festigkeit verleiht.
Mehrere solcher Schichten ergeben schlussendlich eine stabile, in alle Richtungen biegsame Laminat-Platte von zwei auf vier Metern, die den Weg zu einer Baustelle über weichen Untergrund ebnen kann. Die roten «Scobamat»-Platten sind imstande, Fahrzeuge mit einem Gewicht von bis zu 25 Tonnen pro Rad zu tragen. So muss beispielsweise nicht mehr mühsam erst ein Kiesweg zur Baustelle angelegt werden, bevor dort mit dem Bau begonnen werden kann.
Die einzelnen Platten der Strasse aus Harz und Glas werden mit Kunststoffdübeln oder Erdnägeln im Boden verankert, damit sie beim Befahren nicht verrutschen können.
Text: Martin Rechsteiner, Empa
Weitere Informationen
Christian Affolter, Empa, Mechanical Systems Engineering, Tel. +41 58 765 45 26, christian.affolter@empa.ch
Richard Steger, Supramat-Swiss GmbH, Tel. +41 52 235 23 51, r.steger@supramat-swiss.ch
Redaktion / Medienkontakt
Martina Peter, Empa Kommunikation, Tel. +41 58 765 49 87, redaktion@empa.ch
Empa-Webseite: http://www.empa.ch/plugin/template/empa/3/150260/—/l=1
Bilder finden Sie auf unserem Flickr-Stream: https://flic.kr/s/aHsk2vEss1
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften
Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.
Neueste Beiträge
Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik
Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…
Datensammler am Meeresgrund
Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…
Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert
Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…