Perowskit-Solarzellen: Es muss gar nicht perfekt sein
Metallorganische Perowskit-Schichten für Solarzellen werden häufig durch Rotationsschleudern auf industrierelevante Substrate aufgetragen. Die aufgeschleuderten Perowskit-Schichten weisen in der Regel zahlreiche „Löcher“ auf, erzielen aber dennoch erstaunlich hohe Wirkungsgrade.
Warum solche Löcher kaum zu Kurzschlüssen und Ladungsträgerrekombination führen, hat nun ein HZB-Team um Prof. Marcus Bär in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. Henry Snaith (Universität Oxford) an BESSY II herausgefunden.
Die metallorganischen Perowskite zeigten anfänglich Wirkungsgrade von wenigen Prozent (2,2 Prozent in 2006). Aber das änderte sich rasch: Inzwischen liegt der Rekordwert bei deutlich über 22 Prozent. Eine solche Steigerung hatte bei den derzeit kommerziell dominierenden Silizium-Solarzellen mehr als 50 Jahre gedauert.
Dünnschichten aus metallorganischen Perowskiten sind preisgünstig und sie lassen sich großflächig herstellen, etwa durch Aufschleudern einer Perowskit-Lösung und anschließendem Ausheizen. Dabei verdampft das Lösungsmittel und das Material kristallisiert aus. Das macht diese Technologie sehr attraktiv.
„Löcher“ im Perowskit-Film
Allerdings entsteht beim Aufschleudern auf kompakte Substrate in der Regel keine perfekte ebenmäßige Dünnschicht, sondern ein Perowskit-Film mit zahlreichen „Löchern“. Auch die Proben aus der Gruppe des Perowskit-Pioniers Henry Snaith weisen diese Löcher auf. Das Problem dabei: Diese Löcher könnten zu Kurzschlüssen in der Solarzelle führen, indem die angrenzenden Schichten der Solarzelle in Kontakt kommen. Dies müsste eigentlich den Wirkungsgrad sehr deutlich reduzieren. Diesen Effekt konnten die Forscher allerdings nicht beobachten.
Schutzschicht bildet sich von selbst
Nun haben Marcus Bär und seine Gruppe zusammen mit der Spectro-Microscopy Gruppe des Fritz-Haber-Instituts die Proben von Henry Snaith gründlich unter die Lupe genommen. Mit Hilfe von Rasterelektronenmikroskopie haben sie die Oberfläche morphologisch kartiert.
An den Stellen mit Löchern analysierten sie anschließend ortsaufgelöst mit spektromikroskopischen Methoden an BESSY II die chemische Zusammensetzung. „Wir konnten zeigen, dass selbst in den Löchern das Substrat nicht wirklich unbedeckt ist, sondern sich dort quasi als Ergebnis der Abscheidung und Kristallisation eine dünne Schicht ausbildet, die offensichtlich Kurzschlüsse verhindert“, erklärt Doktorandin Claudia Hartmann.
… und verhindert Kurzschlüsse
Dabei konnten sie auch ermitteln, dass die Energiebarriere vergleichsweise hoch ist, die die Ladungsträger überwinden müssten, um bei einem direkten Aufeinandertreffen der Kontaktschichten miteinander zu rekombinieren. „Die Elektronen-Transportschicht TiO2 und das Transportmaterial für positive Ladungsträger Spiro-MeOTAD kommen eben nicht direkt in Kontakt. Außerdem ist die Rekombinationsbarriere zwischen den Kontaktschichten ausreichend groß, so dass trotz der vielen Löcher in der Perowskit-Dünnschicht die Verluste in diesen Solarzellen gering sind“, sagt Marcus Bär.
Die Ergebnisse sind publiziert in Advanced Materials Interfaces (2018): Spatially-resolved insight into the chemical and electronic structure of solution processed perovskites – why to (not) worry about pin-holes, C. Hartmann, G. Sadoughi, R. Félix, E. Handick, H. W. Klemm, G. Peschel, E. Madej, A. B. Fuhrich, X. Liao, S. Raoux, D. Abou-Ras, D. Wargulski, Th. Schmidt, R.G. Wilks,, H. Snaith, and M. Bär
DOI: 10.1002/admi.201701420
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.helmholtz-berlin.de/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften
Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.
Neueste Beiträge
Lichtmikroskopie: Computermodell ermöglicht bessere Bilder
Neue Deep-Learning-Architektur sorgt für höhere Effizienz. Die Lichtmikroskopie ist ein unverzichtbares Werkzeug zur Untersuchung unterschiedlichster Proben. Details werden dabei erst mit Hilfe der computergestützten Bildverarbeitung sichtbar. Obwohl bereits enorme Fortschritte…
Neue Maßstäbe in der Filtertechnik
Aerosolabscheider „MiniMax“ überzeugt mit herausragender Leistung und Effizienz. Angesichts wachsender gesetzlicher und industrieller Anforderungen ist die Entwicklung effizienter Abgasreinigungstechnologien sehr wichtig. Besonders in technischen Prozessen steigt der Bedarf an innovativen…
SpecPlate: Besserer Standard für die Laboranalytik
Mehr Effizienz, Tempo und Präzision bei Laboranalysen sowie ein drastisch reduzierter Materialverbrauch: Mit der SpecPlate ersetzt das Spin-off PHABIOC aus dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) durch innovatives Design gleich…