Stickoxide: Neuartiger Katalysator soll Abgase ohne Zusätze reinigen
Die Stickoxid-Werte von Dieselfahrzeugen sorgen seit einiger Zeit für Diskussionen. Selbst Katalysatoren, die diese gesundheitsschädlichen Schadstoffe mithilfe von Zusätzen wie etwa Harnstoff in Stickstoff zurückverwandeln, wirken erst ab einer Abgastemperatur von 150 Grad Celsius, die unter bestimmten Bedingungen, beispielsweise im Stadtverkehr, besonders bei Nutzfahrzeugen oftmals nicht erreicht werden.
Um die Situation zu verbessern, arbeiten Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich gemeinsam mit der RWTH Aachen und den Industriepartnern Ford, Deutz, Sasol, FEV, Umicore sowie Clariant im Projekt DeNOx an einem neuartigen Katalysatortyp, der Stickoxide (NOx) nahezu vollständig und ohne Zusätze aus den Abgasen von Verbrennungsmotoren entfernt.
Bei einem Projekterfolg könnten die weltweit strengen Normen für die Stickoxid-Emissionen von Dieselfahrzeugen eingehalten und somit die Luftqualität insbesondere in den Städten entscheidend verbessert werden.
„Wir stehen mit unserer Forschung noch ganz am Anfang. Aber wenn alles gut läuft, werden wir innerhalb von drei Jahren einen Prototyp fertigstellen, der von den beteiligten industriellen Partnern direkt für die Integration in neue Fahrzeugmodelle übernommen werden kann“, erklärt Dr. Jürgen Dornseiffer vom Forschungszentrum Jülich.
Neben den Jülicher Forschern sind namhafte Fahrzeug- und Katalysatorhersteller sowie Zulieferer an dem Verbundprojekt beteiligt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und von der RWTH Aachen koordiniert wird.
Neuartiges Material für alle Funktionen
Impulse für die Materialentwicklung kommen aus der Brennstoffzellenforschung. Die Basis bilden Materialien für keramische Hochtemperaturbrennstoffzellen (SOFC), die am Forschungszentrum Jülich bereits sehr erfolgreich seit über 10 Jahren in einem Langzeitversuch betrieben werden. Durch geschickte Veränderungen eines Kathodenwerkstoffes wollen Wissenschaftler des Jülicher Instituts für Energie- und Klimaforschung (IEK-1) nun einen neuen NOx-Speicher schaffen, mit dessen Hilfe sich die Stickoxide in einem Kreislaufsystem abbauen lassen.
Anders als bisher üblich werden die verschiedenen Stufen der Abgasreinigung nicht in getrennten Einheiten hintereinander angeordnet. Stattdessen werden die unterschiedlichen Funktionalitäten mithilfe der neu zu entwickelnden Materialien direkt in eine Katalysatoreinheit integriert. Im Prinzip ist ein solcher Katalysator nichts anderes als eine umschaltbare Chemiefabrik:
Der Prozess beginnt mit der Einlagerung der Stickoxide im Katalysator. Ist der maximale Füllstand erreicht, werden diese durch eine kurzzeitige Änderung der Motoreinstellung und mithilfe der neuen Katalysatormaterialien in Ammoniak überführt, der wiederum eingespeichert wird. Der mit Ammoniak gefüllte Speicher kann nun sehr effizient im normalen Fahrbetrieb die Stickoxide in harmlosen Stickstoff umwandeln. Ist das Ammoniakreservoir aufgebraucht, beginnt der Prozess von vorn.
Projektpartner:
RWTH Aachen, Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen http://www.vka.rwth-aachen.de/
RWTH Aachen, Institut für Technische und Makromolekulare Chemie https://www.itmc.rwth-aachen.de/
RWTH Aachen, Institut für Anorganische Chemie http://www.iac.rwth-aachen.de/
RWTH Aachen, Gemeinschaftslabors für Elektronenmikroskopie http://www.gfe.rwth-aachen.de/
Forschungszentrum Jülich, Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-1)
Sasol Germany GmbH http://www.sasolgermany.de/ueber-uns/
FEV Europe GmbH http://www.fev.com/de/germany.html
Umicore AG & Co. KG http://www.umicore.de/
Ford Research & Innovation Center http://www.ford.de
Deutz AG http://www.deutz.com/
Clariant AG http://www.clariant.com/de/Corporate
Weitere Informationen:
Pressemitteilung vom 7. August 2017, „Jubiläum für Jülicher Dauerbrenner: Brennstoffzelle läuft seit 10 Jahren“
Artikel: „Gefährlichen Teilchen auf der Spur“: Stuttgart gilt als Deutschlands Feinstaub-Hauptstadt, auch die zulässigen Werte für Stickstoffdioxid werden am Neckartor regelmäßig überschritten. Zwei Wochen lang waren Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich mit ihrem mobilen Mess-Labor in den Straßen von Stuttgart unterwegs. Rainer Kurlemann von den VDI-Nachrichten hat sie begleitet
Institut für Energie- und Klimaforschung, Werkstoffsynthese und Herstellungsverfahren (IEK-1)
Ansprechpartner:
Dr. Jürgen Dornseiffer
Forschungszentrum Jülich, Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-1)
Tel.: 02461 61-5290
E-Mail: j.dornseiffer@fz-juelich.de
Pressekontakt:
Tobias Schlößer
Forschungszentrum Jülich, Unternehmenskommunikation
Tel.: 02461 61-4771
E-Mail: t.schloesser@fz-juelich.de
http://www.fz-juelich.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/UK/DE/2017/2017-10-23-stickoxide-kat.html
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