Untersuchung von antiviralen Oberflächen für Materialentwickler
Analysesystem ermöglicht gezielte Untersuchung von antiviralen Oberflächen für Materialentwickler.
Der Bedarf an Alltagsgegenständen mit antiviralen Oberflächen ist aufgrund der COVID-19-Pandemie groß. Bekannt ist, dass die Materialbeschaffenheit eines Gegenstandes einen Einfluss auf die Überlebensfähigkeit von Viren auf Oberflächen hat. Hier knüpfen die Arbeiten des Fraunhofer IFAM an: In materialwissenschaftlich und biologisch ausgerichteten Forschungsprojekten wird die Wirkung funktionalisierter Oberflächen und Behandlungsverfahren bei verschiedenen Materialen auf die Überlebenszeit von Viren mittels Real-Time PCR-Tests bewertet. Interessant ist das Nachweissystem auch für Materialentwickler aus der Industrie, die ihre Produkte hinsichtlich antiviraler Wirksamkeit optimieren möchten.
Die Dauer, die Viren auch ohne Wirtszelle überlebensfähig sind, hängt von vielen Faktoren ab. Hierauf haben vor allem die Umgebungstemperatur, die Luftfeuchtigkeit, UV-Strahlung sowie die Materialzusammensetzung und Eigenschaften einer Oberfläche einen signifikanten Einfluss. Zwar nimmt die Menge nachweisbarer Viren unter allen experimentellen Bedingungen ab, aber Untersuchungen zeigen auch, dass die Materialien sehr unterschiedlich lange infektiös bleiben.
Während die Viren auf Kunststoff bis zu 72 Stunden und auf Edelstahl bis zu bis zu 48 Stunden überlebten, konnten auf Kupfer nach vier und auf Karton nach 24 Stunden keine Viren mehr nachgewiesen werden [1]. Das Ziel der Forschungsvorhaben am Fraunhofer IFAM ist es, das Ansteckungsrisiko durch Kontaktinfektionen von Alltagsmaterialien zu verringern. Zur Prävention werden antivirale Beschichtungen, Behandlungsverfahren oder Oberflächenmodifikationen eingesetzt. Interessierte Unternehmen können die Entwicklungsarbeiten begleiten oder auch ihre eigenen Materialentwicklungen testen lassen.
Einsatz der Echtzeit-Polymerase-Kettenreaktion (qPCR) zur Prüfung der antiviralen Wirksamkeit
Neue Lösungswege erfordern eine sichere Methode zur Prüfung der Wirksamkeit. Zuverlässige, schnelle und präzise Testverfahren sind daher wesentlich für die Entwicklung von antimikrobiellen Oberflächen. Das Fraunhofer IFAM setzt hierbei eine quantitative Echtzeit-PCR oder engl. real-time PCR analysis (qPCR) ein. Die qPCR ist eine Vervielfältigungsmethode für Nukleinsäuren, die auf dem Prinzip der herkömmlichen Polymerase-Kettenreaktion (PCR) beruht und zusätzlich eine Quantifizierung der gewonnenen Nukleinsäuren ermöglicht. Die Quantifizierung der untersuchten Proben wird mittels Fluoreszenzmessungen durchgeführt, die während eines PCR-Zyklus in Echtzeit erfasst werden. Die Fluoreszenz nimmt proportional mit der Menge der PCR-Produkte zu. Dies erlaubt es, die Effizienz der getesteten Oberflächen absolut und relativ zu vergleichen.
Für die Laborarbeit mit Viren existieren aus gutem Grund strenge Sicherheitsbestimmungen. Eingesetzt werden daher Modellviren, welche aufgrund ihrer Struktur, Umweltstabilität und Desinfizierbarkeit vergleichbar, aber nicht humanpathogen sind. Zur Durchführung der Arbeiten verfügt das Fraunhofer IFAM über ein biologisches Labor der Sicherheitsstufe 2.
[1] Van Doremalen N, Bushmaker T, Morris DH, Holbrook MG, Gamble A, Williamson BN, et al. Aerosol and surface stability of SARS-CoV-2 as compared with SARS-CoV-1. The New England Journal of Medicine 382;16 (2020).
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Tim Heusinger von Waldegge
Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM
Wiener Straße 12 | 28359 Bremen | www.ifam.fraunhofer.de
Telefon +49 421 2246-7377
tim.heusinger@ifam.fraunhofer.de
Weitere Informationen:
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften
Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.
Neueste Beiträge
Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…
Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean
20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….
Resistente Bakterien in der Ostsee
Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…