Neues Therapieverfahren zur gewebeschonenden Behandlung des Prostatakarzinoms

Erstmals konnten Radiologen belegen, dass die mittels Magnetresonanztomografie (MR) gesteuerte Galvanotherapie zur elektrisch-physikalischen Behandlung des lokalisierten Prostatakarzinoms sicher durchführbar ist und effektiv zur lokalen Kontrolle des Prostatakarzinoms beiträgt. Gleichzeitig führt diese Behandlung zu einer Reduktion des prostataspezifischen Antigens (PSA).

Dieses Antigen ist ein spezifischer Tumormarker mit Bedeutung für die Verlaufskontrolle eines Tumors. Die Ergebnisse dieser prospektiven Phase-III-Studie zu einem neuen Therapieansatz in der Tumorbehandlung des Prostatakarzinoms wurde von Prof. Dr. med. Thomas J. Vogl, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie (IDIR) am Frankfurter Universitätsklinikum, in der Dezember-Ausgabe der amerikanischen Fachzeitschrift Radiology veröffentlicht.* „In unserer Studie konnten wir belegen, dass dieser neue Therapieansatz eine sichere Methode zur gezielten Bekämpfung des Prostatakarzinoms darstellt. Wir können mit diesem Verfahren das betroffene Organ in seiner Funktion erhalten und gesundes Gewebe im Vergleich zu herkömmlichen Methoden gezielter vor einer Schädigung bewahren“, erklärt Vogl. „Diese Therapie ist eine vielversprechende Option in der Behandlung von Prostatakrebs“, so Vogl weiter.

Das Verfahren hat das Frankfurter Team um Prof. Vogl gemeinschaftlich mit Dr. med. Heinz P. Mayer vom Regensburger Kompetenzzentrum für nicht operative, minimal invasive Tumortherapie entwickelt. An der Studie war neben den Teams aus Frankfurt und Regensburg auch die Abteilung für Radiologie der Medical University of South Carolina (USA) beteiligt.

Reduktion der Tumorgröße um durchschnittlich 41 Prozent

Prof. Vogl und sein Ärzteteam haben für diese Evaluation insgesamt 44 Patienten mit histologisch nachgewiesenem Prostatakarzinom mit der Galvano-Therapie im Zeitraum von Februar 2005 bis August 2006 behandelt. Das durchschnittliche Alter der behandelten Patienten betrug 63.1 Jahre. Sie alle vertrugen die MR-gesteuerte Galvanotherapie ohne schwerere Nebenwirkungen oder Komplikationen. Es kam bei sechs Patienten zu Problemen beim Harnlassen, jedoch waren diese ohne weitere ärztliche Intervention reversibel. Fünf Patienten berichteten über ein vorübergehendes Taubheitsgefühl eines Beins. Die Tumorgröße konnte im Schnitt von 1.90 cm³ auf 1.12 cm³ reduziert werden, was einer Größenreduktion um durchschnittlich 41 Prozent entspricht. Die Kontrolluntersuchung zwölf Monate nach der Behandlung zeigte folgende Resultate: Ein Patient wies einen vollständigen Tumorrückgang auf, ein partieller Tumorrückgang war bei 18 Patienten festzustellen. Bei 23 Patienten war der Krankheitszustand stabil. Zwei Patienten wiesen ein progressives Größenwachstum auf. Metastasen waren bei keinem Patienten nachweisbar.

Die Behandlung erfolgte im Kontext dieser Studie drei Mal in Intervallen von einer Woche, während dieser Behandlungsphase wurde dem Tumor Gleichstrom in einer Gesamtmenge von maximal 350 Coulombs zugeführt. Die Messung des prostataspezifischen Antigens (PSA) und des Tumorvolumens erfolgte drei, sechs und zwölf Monate nach der Behandlung. Das neue Verfahren eignet sich laut Studie besonders für Tumore mit einem Durchmesser von maximal 8 cm, da bis zu dieser Größe die Datenlage bei soliden Tumoren viel versprechend ist. Ferner sei für den Mediziner Vorsicht geboten, wenn sich das Tumorgewebe in der Nähe von Hauptschlagadern und Nerven befindet.

Risikoarme Tumorbehandlung: MR-gesteuert, lokalanästhetisch und minimal-invasiv

Die Galvanotherapie ist eine physikalisch-elektrische Methode. Mittels positiv und negativ geladener Elektroden wird Gleichstrom in den Tumor eingebracht. Dem Patienten werden hierfür unter örtlicher Betäubung zwei Platin-Elektroden durch die Gesäßmuskulatur (transgluteal) über eine Punktionsnadel in den rechten und linken Prostataanteil eingebracht, ohne dabei Darm und Blase zu verletzen. Dies ermöglicht vor allem die Steuerung des Vorgangs mittels Magnetresonanztomografie. Die Elektroden haben direkten Kontakt zum Tumor des Patienten.

Das Verfahren zielt auf die elektrophysikalischen Eigenschaften der Zellen des Tumorgewebes. In den Tumorzellen sind im Gegensatz zu gesunden Zellen die Ionenkonzentrationen sehr viel höher, was einen geringeren Widerstand und dadurch eine Autofokussierung des Stromes auf das erkrankte Gewebe zur Folge hat. Durch diesen Mechanismus ist es möglich, dass gesundes Gewebe geschont wird und das Organ als Ganzes erhalten werden kann. Die eingebrachten positiv und negativ geladenen Elektroden verursachen im Gewebe massive Ionenwanderungen. Durch diese Veränderungen werden die Tumore in ihrem Wachstum gehemmt, es kommt im Bereich der Elektroden zur Bildung von Nekrosen mit einem Durchmesser von bis zu 3 cm oder zum lokalen Verschluss von Arterien und Venen, was zu einer schlechteren Versorgung des Tumors mit Sauerstoff und Nährstoffen führt. Die Kosten für die Anwendung dieser Therapie schätzt Prof. Vogl niedriger ein als bei Vergleichstherapien. Vogl rechnet damit, dass das Verfahren nach seiner Zulassung auch von den Gesetzlichen Krankenkassen getragen wird.

* Thomas J. Vogl, Heinz P. Mayer, Stefan Zangos, J. Bayne Selby Jr., Hanns Ackermann, Florian B. Mayer, Prostate Cancer: MR-Imaging-guided Galvanotherapy – Technical Development and First Clinical Results, in: Radiology: Vol. 245: Number 3-December 2007

Für weitere Informationen:

Prof. Dr. med. Thomas Vogl
Direktor des Institutes für Diagnostische und Interventionelle Radiologie
Klinikum der J. W. Goethe Universität Frankfurt / M.
Fon (069) 63 01 – 72 77
Fax (069) 63 01 – 72 59
E-Mail t.vogl@em.uni-frankfurt.de
Ricarda Wessinghage
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Klinikum der J.W. Goethe-Universität Frankfurt/ Main
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