Sonnenfinsternis: Die befürchtete Epidemie von Netzhautschäden blieb aus


Millionen von Menschen fieberten vor genau einem Jahr dem Spektakel der totalen Sonnenfinsternis entgegen. Augenärzte von der Universität Würzburg warnten damals eindringlich vor den Netzhautschäden, die bei einem ungeschützten Blick in die Sonne drohen. Jetzt aber können die Wissenschaftler Entwarnung geben: Die befürchtete Epidemie von Augenschäden ist ausgeblieben.

Eine Arbeitsgruppe um Dr. Wolfgang Schrader, Oberarzt an der Augenklinik der Würzburger Universität, hat nach der Sonnenfinsternis eine Umfrage an allen Augenkliniken und Augenarztpraxen in Deutschland gestartet. Ergebnis: Die Häufigkeit von Augenschädigungen liegt um 95 Prozent niedriger als bei früheren Sonnenfinsternissen. Diese geringe Quote sei der Aufklärung in den Medien und der weiten Verbreitung von Sonnensichtbrillen zu verdanken, aber auch dem schlechten Wetter – denn die Sonnenfinsternis spielte sich überwiegend hinter den Wolken ab.

Bei der totalen Sonnenfinsternis, die am 11. August 1999 in Süddeutschland zu sehen war, handelte es sich um die erste seit über 150 Jahren in diesem Raum. Erwartungsgemäß beobachteten allein hierzulande mehrere Millionen Menschen dieses seltene Ereignis, das zudem äußerst publikumswirksam stattfand, nämlich zur Mittags- und Ferienzeit.

Dr. Schrader: „Nach den Erfahrungen mit den Sonnenfinsternissen von 1912 und 1954 musste damit gerechnet werden, dass fünf von 100.000 Einwohnern Netzhautschäden erleiden, so dass deutschlandweit mehrere tausend Opfer befürchtet wurden. Deshalb haben wir und andere damals ausführlich auf die Gefährlichkeit der direkten Sonnenbeobachtung ohne Sicherheitsbrillen hingewiesen.“

Die Arbeitsgruppe von Dr. Schrader interessierte sich folglich auch dafür, in welchem Umfang Aufklärung und Schutzbrillen Netzhautschäden verhindern konnten. Auf ihre Umfrage antworteten 69 Kliniken und Arztpraxen, und es zeigte sich, dass 47 Patienten mit Netzhautschäden registriert wurden. Die Wissenschaftler rechneten diese Zahl auf ganz Deutschland hoch und kamen so auf 100 bis 150 Fälle von Netzhautschädigung (Retinopathia solaris). Zehn Prozent dieser Patienten werden laut Dr. Schrader bleibende Sehstörungen davontragen. Eine bleibende beidseitige Erblindung sei nicht bekannt geworden. Jeder vierte Patient, der sich mit Beschwerden vorstellte, habe die Sonnenfinsternis während seines Urlaubs im Mittelmeerraum beobachtet, und zwar meist ungeschützt.

Wie die Arbeitsgruppe der Augenklinik unter Berufung auf Herstellerangaben mitteilt, seien in Deutschland 17 Millionen Schutzbrillen verkauft worden. Die Sonnenfinsternis fand jedoch bei überwiegend bedecktem Himmel statt, so dass Presseberichten zufolge nur jeder neunte Beobachter in der Totalitätszone die Phase der totalen Sonnenfinsternis überhaupt habe sehen können.

Die Mediziner um Dr. Schrader werden die Ergebnisse ihrer Umfrage am 24. September bei der Tagung der Deutschen Opthalmologischen Gesellschaft in Berlin vorstellen.

Weitere Informationen: Dr. Wolfgang Schrader, T (0931) 201-5605 oder 201-5610 (Sekretariat), Fax (0931) 201-2400, E-Mail:
w.schrader@augenklinik.uni-wuerzburg.de

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Robert EmmerichA

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