Klinische Demographie


Weniger Entbindungen, mehr Kreislaufmorbidität
Prospektive Demographie in der Klinik

Wirtschaftlichkeitsüberlegungen werden künftig in den deutschen Krankenhäusern eine noch größere Rolle spielen als bisher. Zu diesem Schluss kommt eine am 2. November 2000 publizierte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, verfasst von DIW-Mitarbeiterin Dr. Erika Schulz in Kooperation mit Prof. Dr. Reiner Leidl, Leiter der Abteilung Gesundheitsökonomie der Universität Ulm, und dessen Mitarbeiter Dr. Hans-Helmut König. »Auswirkungen der demographischen Alterung auf den Versorgungsbedarf im Krankenhausbereich« heißt der Titel der Studie. Mit Hilfe eines neu konzipierten demographischen Prognosemodells und aktueller Daten zur Krankenhausversorgung wurde die Entwicklung der Krankenhausfälle und der Krankenhauspflegetage für den Zeitraum bis 2020 (zum Teil auch bis 2050) beschrieben. Gegenüber früheren Modellrechnungen wurde dabei insbesondere die deutlich steigende Lebenserwartung spezifisch berücksichtigt.

Betrachtet man ausschließlich den Einfluss der demographischen Entwicklungen auf den gesamten Bedarf an künftiger Krankenhausversorgung, so steigt dieser bis 2010 um 12% und bis 2020 nochmals um weitere 10% an. Dabei sind erhebliche Veränderungen in der Zusammensetzung der Patientenschaft zu erwarten. So ist bei Krankenhausaufenthalten in Zusammenhang mit Schwangerschaft, Entbindung und perinatalen Erkrankungen bis 2020 mit Rückgängen von über 20% zu rechnen, bei den Krankheiten des Kreislaufsystems hingegen mit einem Anstieg um fast 44%. Im selben Zeitraum wird in der Altersgruppe über 75 Jahre ein demographisch bedingtes Wachstum des Versorgungsbedarfs beim Oberschenkelhalsbruch um 63%, beim Diabetes um 69%, bei organischen Psychosen um 74% sowie bei Schlaganfall und Herzinsuffizienz um je 77% erwartet. Die Krankenhauslandschaft in Deutschland muss sich somit auf eine zunächst eher moderate Steigerung des Gesamtbedarfs, zugleich aber auch auf einen erheblichen Strukturwandel einstellen.

Zu den demographischen Entwicklungen addiert sich in der Realität noch der medizinisch-technische Fortschritt. Dieser hat historisch noch stärker zu Veränderungen in der Krankenhausversorgung beigetragen als die Alterszusammensetzung der Patientenschaften. Er hatte einerseits Rückgänge der Verweildauer zur Folge, welche die Krankenhäuser entlasteten, hat andererseits aber durch neue Diagnose- und Behandlungsverfahren zu erheblichen Steigerungen der Nachfrage geführt. Auch für die Zukunft rechnen die Fachleute mit einem medizintechnisch motivierten Anstieg des Versorgungsbedarfs.

Media Contact

Peter Pietschmann idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Darstellung der selektiven RNA-Technologie zur Bekämpfung von Glioblastomzellen.

Selbstzerstörende Krebszellen: Durchbruch in der RNA-Forschung

Jülicher Wissenschaftler nutzen neuartige RNA-Technologie, um Tumore im Gehirn selektiv auszuschalten. Eine anpassbare Plattformtechnologie zur Zerstörung von Glioblastom-Krebszellen Mit einer speziellen RNA-Molekül-Technologie hat ein Team unter der Leitung von Jülicher…

HFpEF-Patienten bei Ausdauer- und Krafttraining im Rahmen einer klinischen Studie zur Bewegungstherapie bei Herzinsuffizienz.

Ausdauertraining: Wie es das Leben von Herzinsuffizienz-Patienten verbessert

Können Kraft- und Ausdauertraining für Patienten mit einer bestimmten Form von Herzinsuffizienz von Vorteil sein? Ein Forschungsteam aus Greifswald hat diese Frage zusammen mit sieben weiteren Forschungszentren in Deutschland untersucht….

Eine Karte, die Schutzmaßnahmen für Haie im Mittelmeer zeigt.

Ein Weckruf zum Schutz der Haie im Mittelmeer vor dem Aussterben

Überfischung, illegaler Fischfang und der zunehmende Handel mit Haifleisch stellen laut einer neuen Studie erhebliche Bedrohungen für die mehr als 80 Hai- und Rochenarten dar, die im Mittelmeer leben. Aktuelle…