Dem Rätsel Rheuma auf der Spur
Dem Rätsel Rheuma auf der Spur
Neues Kompetenznetzwerk am Freiburger Universitätsklinikum
Entzündlich-rheumatische Systemerkrankungen gehören zur Gruppe der schweren Allgemeinkrankheiten, die sehr oft chronisch verlaufen und selten ausheilen. Allein im Jahre 1997 wurden in Deutschland 32.000 Neuerkrankungen registriert, davon fast 4.000 Fälle nur in Baden-Württemberg. Zur besseren Abstimmung zwischen der klinischen Versorgungsforschung und der medizinischen Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Rheumatologie fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) daher ein überregionales Kompetenznetzwerk Rheuma. Die Abteilung Rheumatologie und Klinische Immunologie unter der Leitung des Ärztlichen Direktors, Professor Dr. Hans Hartmut Peter, mit der Klinischen Forschergruppe Rheumatologie unter der Leitung der Biologen Dr. Inga Melchers und Privatdozent Dr. Hermann Eibel und dem Regionalen Rheumazentrum Südbaden bilden die einzige universitäre Einrichtung Baden-Württembergs, in der klinische und grundlagenorientierte Rheumaforschung seit über zehn Jahren intensiv betrieben werden. Zusammen mit den Zentren in Berlin, Düsseldorf, Erlangen, Hannover und Lübeck gehört das Freiburger Zentrum nun zu den Gründern des Kompetenznetzes Rheuma und wird in den nächsten drei Jahren mit insgesamt 1,27 Millionen Mark gefördert.
Mit Hilfe der Fördergelder wird es beispielsweise künftig für das Netzwerk möglich sein, überregional eine so genannte Kohortenstudie zur prospektiven Beobachtung der frühen rheumatoiden Arthritis durchzuführen. Hier steht die Frage im Mittelpunkt, wie man bereits zu Beginn einer Rheumaerkrankung prospektiv erkennen kann, welchen weiteren Verlauf die Krankheit für den Patienten nehmen wird. Dies ist wichtig, um die Behandlung individuell besser anpassen zu können. Das Projekt stammt aus dem Erlanger Zentrum und wird in Freiburg von den Netzwerk-Koordinatorinnen Dr. Petra Otto und Dr. Eva Sandrock betreut. Gerade die rheumatoide Arthritis, auch chronische Polyarthritis genannt, ist eine der häufigsten entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen. Untersuchungen haben ergeben, dass eine von 100 Personen im Laufe ihres Lebens an der rheumatoiden Arthritis erkrankt und möglicherweise Jahrzehnte an geschwollenen, entzündeten und stark schmerzenden Gelenken leidet. Die Folgen sind u.a. Zerstörung des Gelenks, Behinderung, Medikamente und Operationen. Trotz intensiver Forschung sind die auslösenden Faktoren bisher noch immer unbekannt. Neben der rheumatoiden Arthritis gibt es mehr als 100 verwandte Krankheiten, die einen ebenso gravierenden Verlauf haben, und die schwerer erforscht werden können, da sie zum Teil sehr selten auftreten.
Weitere Studien der Freiburger Rheumaforscher untersuchen unterschiedliche Therapien, um spezielle Wirkungmechanismen besser miteinander vergleichen zu können. Ferner interessiert sich die Ärztin Dr. Franziska Petschner dafür, wie Infektionsrisiken bei Lupus- und Vaskulitispatienten frühzeitig erkannt und beeinflußt werden können. Am Freiburger Universitätsklinikum wurde ebenfalls die rheumatologische Grundlagenforschung verstärkt: Im Rahmen eines molekularbiologisch orientierten Projekts untersucht der Diplom- Biologe Thomas Barth unter der Leitung von Privatdozent Dr. Hermann Eibel zusammen mit weiteren Gruppen aus dem Kompetenznetzwerk Rheuma diejenigen Gene, die solche Zellen „an- oder abschalten“, die für die Gelenksentzündung und damit für den Krankheitsprozeß verantwortlich sind. Die Identifizierung dieser Gene und das Aufschlüsseln ihrer Funktionen dient neben der Weiterentwicklung von Diagnostik und Prognostik bei Rheumaerkrankungen auch zur Entwicklung zielgerichteter Therapieansätze.
Freiburger Koordinationsbüro des Kompetenznetzes Rheuma:
Dr.med. Eva Sandrock, Dr.med. Petra Otto
Abt. Rheumatologie und Klinische Immunologie
Med. Univ. Klinik
Hugstetterstr. 55, 79106 Freiburg
Tel. 0761-270-6093, FAX 0761-270-3446
E-mail: sandrock@mm61.ukl.uni-freiburg.de
Rheumafamilien gesucht: Betroffene bitte melden!
In einem weiteren Forschungsprojekt, das Dr. Ulrike Buchegger-Podbielski durchführt, werden die Zusammenhänge zwischen verschiedenen rheumatischen Krankheiten und deren genetischen Grundlagen untersucht. Dazu sind die Wissenschaftler dringend auf die Mithilfe betroffener Familien angewiesen, denn sie benötigen eine so genannte Familiensammlung, d.h. eine Sammlung von Blutproben freiwilliger Spender. Allerdings müssen diese Spender Mitglieder einer Familie sein, in der mindestens ein Patient an einer Erkrankung des rheumatischen Formenkreises leidet und ein zweites Familienmitglied dieselbe oder eine andere Erkrankung hat. Bei den „anderen“ Erkrankungen gibt es einen recht umfangreichen Katalog, der neben den rheumatischen Krankheiten auch verschiedene Autoimmunerkrankungen aufzählt, etwa Multiple Sklerose oder Diabetes. Die Forscher nehmen an, dass diese Krankheiten miteinander verwandt sind.
Ein mögliches Familienprofil könnte so aussehen: In einer Familie mit drei Töchtern sind zwei Personen (Mutter und eine Tochter) an rheumatoider Arthritis erkrankt, alle fünf spenden Blut, oder: Eine Frau leidet an Sklerodermie, ihre Tochter hat eine Vaskulitis und beide Personen spenden Blut. Das Blut der Spender wird im Labor bearbeitet, so dass langfristig Zellen für genetische Untersuchungen zur Verfügung stehen. Hierfür ist eine große Anzahl von Blutproben notwendig. Einmal gespendet, stehen diese verschlüsselt allen Forschern zur Verfügung. Innerhalb des Kompetenznetzes Rheuma wurde eine Arbeitsgemeinschaft Genetik gegründet, die über die Verwendung des Materials wacht. Solche Familienuntersuchungen sind von großer Bedeutung, um den Ursachen der Erkrankung auf die Spur zu kommen und zielgerichtete Therapien entwickeln zu können.
Kontaktaufnahme Familienstudie:
Dr. Inga Melchers
Klinische Forschergruppe für Rheumatologie
Universitätsklinikum Freiburg
Breisacher Str. 64, 79106 Freiburg
Tel.: 0761/ 270 5295
Fax: 0761/ 270 5298
Email: melchers@nz.ukl.uni-freiburg.de
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