Umwelt-Östrogene beeinflussen Spermienfertilität
Hormone im männlichen Samen 100 Mal stärker wirksam als natürliches Östradiol
Forscher um Lynn Fraser vom Londoner King´s College haben erstmals eindeutige Beweise gefunden, dass Umwelt-Östrogene ebenso wie jene, die natürlich im Menschen vorkommen, die Befruchtungsfähigkeit der Spermien beeinflussen. Wie Fraser heute, Dienstag, auf der Jahrestagung der European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE) erklärte, seien die Auswirkungen von Umwelt-Östrogenen auf die Funktionsfähigkeit einer Samenzelle aber wesentlich stärker. Obwohl laut Fraser Umwelt-Östrogene gewöhnlich 1.000 Mal weniger biologisch potent sind als natürliche, können sie im männlichen Samen 100 Mal stärker wirken.
Fraser, die den Lehrstuhl für reproduktive Biologie am King´s College in London innehat, untersuchte, wie drei Umwelt-Östrogene und ein natürliches Östrogen das letzte Entwicklungsstadium der Spermien beeinflussten. In diesem Stadium, das auch als Kapazitation bezeichnet wird, erlangen die Spermien die Fähigkeit, ein Ei zu befruchten. Die Untersuchungen über die Auswirkungen der Östrogene erfolgte an Mäusespermien im Reagenzglas.
Bei den Umwelt-Östrogenen handelte es sich um Genistein, das in Soja und anderen Hülsenfrüchten vorkommt, 8-Prenylnaringenin, das in Hopfen vorkommt, sowie um Nonylphenol, das in Industrieprodukten wie synthetischen Reinigungsmitteln, Farben, Umwelt- und Insektenvertilgungsmitteln zu finden ist. Diese wurden mit dem natürlichen Östrogen Östradiol 17ß (E2), das in der Vagina der Frau bzw. im Spermaplasma (also die Flüssigkeit, die den Samen enthält) des Mannes vorkommt, verglichen. Bei den Spermien, die die Kapazitation noch nicht abgeschlossen hatten, beschleunigten alle Östrogene die Entwicklung, so dass diese rascher fruchtbar wurden. Die Östrogene regten die Beweglichkeit, Kapazitation und die Akrosomenreaktion an. Bei dieser Reaktion werden Enzyme freigesetzt, die es der Samenzelle ermöglichen, in das Ei einzudringen. Die Forscher stellten fest, dass Umwelt-Östrogene die Akrosomenreaktion deutlich stimulierten. „Auf den ersten Blick scheint es, dass insbesondere Umwelt-Östrogene die Fertilität fördern“, so Fraser. Diese Reaktionen könnten aber langfristig negative Auswirkungen haben, da nicht kapazitierte Zellen noch ehe sie eine befruchtete Eizelle erreichen, den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht haben könnten.
Im nächsten Schritt will Fraser herausfinden, was bei menschlichen Spermien in vivo geschieht und nach Verbindungen in der Samenflüssigkeit suchen, die den Wirkungen der Umwelt-Östrogene entgegenwirken. „Im wirklichen Leben ist es leicht möglich, dass wir mehr als einer dieser Verbindungen ausgesetzt sind, z.B. als Bier trinkender, vegetarischer Maler oder Bauer“, erklärte Fraser, die nun die Auswirkungen einer Kombination von Umwelt-Östrogenen auf Spermien erforschen will. Die Reproduktionsmedizinerin hegt den Verdacht, dass eine Kombination von Umwelt-Östrogenen selbst in einer sehr geringen Menge eine deutliche Wirkung hervorrufen könnte.
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