Neuer Test für unklare Gelenkentzündung
Pressemeldung Kompetenznetz Rheuma 8/02
Ist das entzündete Knie des Patienten die Folge einer Bakterien-Infektion oder steckt etwas anderes dahinter? Auf diese Frage können Ärzte künftig eine rasche und sichere Antwort erwarten. Wissenschaftlern der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist es im Rahmen des Kompetenznetzes Rheuma gelungen, ein Testverfahren fit für die klinische Routine zu machen, das bisher nur in Speziallabors zur Verfügung stand.
Hinter einer Gelenkentzündung unbekannter Ursache verbirgt sich oft – in ca. einem Drittel der Fälle – eine so genannte reaktive Arthritis, die durch kleine Bakterien wie Chlamydien oder Borrelien ausgelöst wird. Typisch für die reaktive Arthritis sind ein asymmetrischer Gelenkbefall, vorwiegend an den Beinen, und Hinweise auf eine vorausgegangene Infektion. Die Krankheitsentstehung stellt man sich heute so vor, dass die Erreger zunächst eine Infektion außerhalb des Gelenks verursachen, z. B. in den Harnwegen oder im Genitaltrakt. Erst im zweiten Schritt werden die Erreger oder Bestandteile der Erreger über den Blutweg in die Gelenke gestreut und lösen dort die Arthritis aus.
Bisher war die Diagnostik dieser Erkrankungen unbefriedigend, weil sich die im Gelenk befindlichen Erreger nicht anzüchten lassen. Auch der Nachweis der immunlogischen Auseinandersetzung des Kranken mit dem Erreger aus dem Blut (Serologie) hilft meist nicht weiter, weil er keine zuverlässige Unterscheidung zwischen einer früheren und einer aktuellen Infektion erlaubt. Erst mit Einführung der molekularen Erregerdiagnostik wurden selbst kleinste Mengen vitaler Erreger im Gelenk nachweisbar. Die Tests basieren auf der Methode der Polymerasekettenreaktion (PCR), die bisher nur in Speziallabors zur Verfügung stand. Da die Labors unterschiedliche Verfahren verwendeten, waren die Ergebnisse aber nicht vergleichbar.
Die Arbeitsgruppe von Privatdozent Dr. Jens G. Kuipers, Abteilung Rheumatologie der MHH, hat sich die Mühe gemacht, die verfügbaren PCR-Tests für Chlamydien zu standardisieren. Die Forscher haben die empfindlichsten Systeme identifiziert und auf ihre Tauglichkeit im klinischen Alltag hin überprüft. Parallel dazu gelang Berliner Forschern an der Charité um Herrn Professor Dr. Andreas Krause (jetzt Chefarzt des Immanuel-Krankenhauses Wannsee), ebenfalls im Rahmen des Kompetenznetzes Rheuma, die Standardisierung eines Borrelien-Tests.
Voraussichtlich schon im nächsten Jahr wird jeder Arzt, der Gelenke punktiert, Gelenkinnenhaut (Synovialmembran) oder Gelenkflüssigkeit (Synovia) zum Nachweis häufiger Arthritiserreger wie Chlamydien oder Borrelien in ein Referenzlabor einschicken können. Zur Diagnostik reicht 1 ml Gelenkflüssigkeit oder ein stecknadelgroßes Stück Gelenkinnenhaut. Ein PCR-Test kostet etwa 16 Euro; bis zur Mitteilung des Ergebnisses dauert es 2-3 Tage. An der MHH und der Charité sind sowohl der Chlamydien- als auch der Borrelien-Test schon in die klinische Routine eingeführt. Im nächsten Schritt werden die PCR-Tests jetzt auch bundesweit verbreitet, damit sie zur allgemeinen Diagnostik flächendeckend zur Verfügung stehen.
Mit der PCR lässt sich heute ein großer Prozentsatz der unklaren Gelenkentzündungen frühzeitig ursächlich aufklären. Dies hat zumindest beim Borreliennachweis unmittelbare therapeutische Konsequenzen, weil man dann eine antibiotische Therapie einleiten kann, die zur Heilung führt. Für Chlamydien ist die Wirksamkeit von Antibiotika bisher nicht belegt.
Ansprechpartner:
PD Dr. Jens G. Kuipers
Medizinische Hochschule Hannover
Abt. Rheumatologie
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover
Tel.: 0511 532 3155
Fax: 0511 532 5841
kuipers.jens@mh-hannover.de
Prof. Dr. Andreas Krause
Immanuel-Krankenhaus GmbH
Rheumaklinik Berlin-Wannsee
Abteilung für Innere Medizin/Rheumatologie
Königstraße 63
14109 Berlin
Tel.: 030 80505 292
Fax.: 030 80505 299
a.krause@immanuel.de
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