Mediziner züchten Haut für tiefe Wunden
Kurz vor dem Einsatz an Patienten steht ein neuartiges Verfahren, bei dem Hautzellen im Labor vermehrt und dann zur Wundbehandlung transplantiert werden. Mediziner von der Hautklinik der Uni Würzburg haben diese Methode zusammen mit der Firma Biotissue Technologies AG (Freiburg) entwickelt.
In den kommenden Monaten wollen die Würzburger Wissenschaftler erstmals versuchen, das Verfahren in der Therapie einzusetzen. Es komme für die Behandlung großer und tiefer Wunden in Frage, zum Beispiel bei Verbrennungen oder chronischen Beinwunden, sagt Dr. Anke Hartmann, die das Projekt gemeinsam mit Dr. Peter Friedl leitet.
Den Patienten wird an der Leiste unter örtlicher Betäubung ein 1,5 mal 0,5 Zentimeter großes Stück Haut entnommen. Daraus werden Bindegewebszellen und Zellen der Oberhaut getrennt isoliert und vermehrt. Anschließend bringen die Mediziner die Zellen in ein Geflecht aus dem körpereigenen Protein Fibrin ein und tragen das Ganze direkt auf das Wundbett auf: „Aus dem Fibrin bauen die Bindegewebszellen dann körpereigenes, festeres Kollagengewebe auf, genau wie bei einer normalen Wundheilung“, erklären die Wissenschaftler.
Durch dieses Verfahren konnte im Labor bereits nach zwei bis sechs Wochen ein Gewebe gebildet werden, dessen hauttypische Eigenschaften bislang unerreicht sind: Die Züchtung weist laut Dr. Hartmann zum Beispiel die gleiche Schichtung und die gleichen Zellen wie eine natürliche Haut auf. Sie bildet auch die oberste Hornschicht ordentlich aus. „Aber erst, wenn wir die Therapie am Patienten einsetzen, werden wir wissen, ob sich unser Konzept eins zu eins übertragen lässt. Manches klappt im Reagenzglas besser, manches schlechter als am lebenden Organismus“, so Dr. Friedl.
Der Vorteil gegenüber den bisherigen Methoden zur Heilung chronischer Wunden bestehe darin, dass sich mit dem neuen Verfahren auch tief reichende Gewebedefekte direkt und relativ schnell verschließen lassen, wie Anke Hartmann erklärt. Bislang müsse man solche Wunden erst sehr zeitaufwändig zur so genannten Granulation anregen. Dabei wächst das tief liegende Hautgewebe langsam hoch, unterstützt durch Salben und spezielle Verbände. Dieser Prozess kann Wochen bis Monate dauern. Erst danach lassen sich die Wunden durch eine Transplantation verschließen, bei der oft große Flächen Haut beispielsweise vom Oberschenkel entnommen werden müssen.
Die Entwicklung des neuen Verfahrens, das ambulant durchführbar ist, wird im Rahmen eines Forschungsprojekts vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Weitere Informationen: Dr. Anke Hartmann oder Dr. Peter Friedl, E-Mail:
hartmann_a@klinik.uni-wuerzburg.de
peter.friedl@gmx.de
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