Multiple Sklerose: Dem Rätsel auf der Spur

Wissenschaftler des Uni-Klinikums Magdeburg stellen in der aktuellen Ausgabe der neurologischen Zeitschrift BRAIN Ergebnisse vor, die die bisherigen Erkenntnisse der Krankheitsentstehung im Hinblick auf die Beteiligung der unterschiedlichen Bereiche des Gehirns bei Multipler Sklerose wesentlich voranbringen.

Die Multiple Sklerose ist in Mitteleuropa die häufigste entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Sie tritt bei jungen Menschen auf und kann zu dauerhaften schweren Behinderungen und frühzeitiger Berentung führen. Die Zahl der MS-Patienten in Deutschland wird derzeit auf ca. 120.000 geschätzt. Obgleich die Krankheit schon seit langem bekannt ist und erforscht wird, ist die eigentliche Ursache ihrer Entstehung noch immer unklar.

Einen deutlichen Schritt sind nun Magdeburger Wissenschaftler der Uni-Klinik für Neurologie II vorangekommen. In der August-Ausgabe der renommierten neurologischen Fachzeitschrift BRAIN stellen sie Ergebnisse vor, die die bisherigen Erkenntnisse der Krankheitsentstehung im Hinblick auf die Beteiligung der unterschiedlichen Bereiche des Gehirns bei Multipler Sklerose wesentlich voranbringen.

Die Multiple Sklerose zeigt sich typischerweise durch das schubförmige Auftreten verschiedener Ausfallserscheinungen des zentralen Nervensystems, wie Lähmungen, Sehstörungen, Koordinationsstörungen, Sensibilität- und Blasenstörung sowie gelegentlich Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen. Eine weitere häufige Krankheitserscheinung ist die abnorme allgemeine körperliche Erschöpfbarkeit (Fatique). Charakteristisch für die MS ist, dass die Symptome beim einzelnen Patienten in wechselnder und unberechenbarer Kombination auftreten können. Unter klinischen Gesichtspunkten wird die MS nach Verlaufsformen unterschieden, wobei die Erkrankung häufig schubförmig und im späteren Verlauf jedoch im wesentlichen fortschreitend verläuft. Die schubförmige Multiple Sklerose ist bei Frauen doppelt so häufig wie bei Männern und beginnt meistens im Alter von 20 bis 40 Jahren. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Patienten mit Multipler Sklerose ist jedoch nicht wesentlich vermindert, um so mehr ist hier nach einer frühen Diagnose eine kontinuierliche ärztliche Unterstützung von großer Bedeutung.

Multiple Sklerose wurde bisher als eine in erster Linie immunologisch-entzündliche Erkrankung der weißen Gehirnsubstanz angesehen, wobei es im Verlauf der Erkrankung zu einer Narbenbildung (Sklerose) der entzündlichen Stellen kommt. Obwohl bereits in den letzten Jahren Berichte über eine Beteiligung des gesamten Gehirns, also auch der grauen Substanz erschienen, war insbesondere die Beteiligung der Hirnrinde nicht eindeutig geklärt.

In ihrem Beitrag in der Zeitschrift BRAIN (Vol. 126, 1734-1744, August 2003) präsentieren Privatdozent Dr. Michael Sailer und Mitarbeiter der Klinik für Neurologie II der Uni Magdeburg Ergebnisse von Untersuchungen mittels einer neuen innovativen Technik aus kernspintomographischen Bildern, die die Hirnrinde so genau darstellt, dass die Dicke der Hirnrinde gemessen werden kann.

Hierbei zeigten sich deutliche Unterschiede in der Dicke der Hirnrinde zwischen gesunden Probanden und Patienten mit Multipler Sklerose. Die wichtigsten Ergebnisse sind, dass es einerseits frühzeitig zu einer Abnahme der Dicke der Hirnrinde im Verlauf der Erkrankung kommt, sowie das bestimmte Areale ausgeprägter als andere betroffen sind, insbesondere in späteren Stadien der Erkrankung.

„Dieser neue Einblick in die Krankheitsentstehung der Multiplen Sklerose ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung“, betont PD Dr. Michael Sailer, der die MS-Ambulanz an der Uni-Klinik für Neurologie II in Magdeburg leitet: „Zum einen ist es mit dieser Methode möglich, bereits frühzeitig auch geringe Veränderungen im Bereich der Hirnrinde zu messen. Damit sind gute Voraussetzungen für die genaue Beobachtung und Bewertung des weiteren Krankheitsverlaufs gegeben.“ Des Weiteren sieht Sailer darin einen wichtigen Ansatz für neue Medikamenten- und Therapiestrategien, deren Ziel es ist, im möglichst frühen Stadium der Erkrankung das weitere Fortschreiten aufzuhalten bzw. zu verzögern.

In der Multiple Sklerose Ambulanz an der Klinik für Neurologie II der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg werden ca. 500 Patienten pro Jahr behandelt. Die Multiple Sklerose Ambulanz ist ein Referenzzentrum für Diagnose und Behandlung. Im Rahmen von Studien werden innovative Therapien der Multiplen Sklerose durchgeführt. Angegliedert ist eine klinische kernspintomographische Forschungsgruppe, die die Fragen der Krankheitsentstehung sowie der Anwendung der Kernspintomographie in der Verlaufbeobachtung von Patienten zum Ziel hat. Die kernspintomographische Forschungsgruppe ist ein Bestandteil des CAI (Centre of Advance Imaging).

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