"Linsen-Hafties" erleichtern Therapie von Augenkrankheiten
Leseunlust bei Kindern hängt oft mit versteckterr Sehschwäche zusammen
Immer wieder rieb sich Lukas bei den Hausaufgaben müde die Augen, klagte über Kopfschmerzen und wenn er laut vorlesen musste, landete das Buch nicht selten in hohem Bogen in der Ecke. Mit den Schulnoten ging es bergab – für seine Mutter ein Rätsel. Hilflos suchte sie den Rat eines Arztes. Überraschend war die Diagnose: Hypoakkomodation, eine Sehschwäche im Nahbereich, die sich äußerlich – etwa durch Schielen – nicht zu erkennen gibt.
„Die Ursachen dieses Krankheitsbildes sind unbekannt, aber wir beobachten es in letzter Zeit bei Kindern immer häufiger“, erläutert Christine Paul. Die Orthoptistin behandelt in Zusammenarbeit mit Augenärzten Kinder und Erwachsene, die unter Schielen, Bewegungsstörungen der Augen, Augenzittern und Sehschwächen leiden. Bei Fällen wie Lukas bieten sich zur Therapie Bifokalbrillen, auch Zweistärken-Brillen genannt, an. Sie bestehen aus zwei Halblinsen, die ein scharfes Sehen in der Nähe und Ferne ermöglichen. Ihr Nachteil: Sie sind als Sonderkonstruktionen extrem teuer. Vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass die Kinder sie häufig nicht annehmen und regelmäßig tragen.
Weitaus günstiger sind in dieser „Testphase“ flexible, selbsthaftende Leselinsen aus dem Kunststoff TexinTM von Bayer Polymers, die in eine normale Brille mit wenigen Tropfen Wasser „eingeklebt“ werden und wie eine Lupe wirken. Christine Paul verwendet sie „zur Probe“: „Erst wenn das Kind diese Lösung akzeptiert, stelle ich ein Rezept für eine Bifokalbrille aus.“ Die Einsparungen sind beträchtlich. Ein Texin-Linsenpaar – übrigens auf Rezept erhältlich – kostet mit rund 32 Euro etwa nur ein Zehntel dessen, was für eine Bifokalbrille zu zahlen wäre.
Auch die Orthoptistin Heide Hanf hat die „Lese-Hafties“ für ihre Arbeit entdeckt. Sie greift zum Beispiel auf sie zurück, wenn Kinder beim Nahsehen schielen – ein Befund, den man als akkomodativen Strabismus bezeichnet. „Neben der Kostenersparnis schätze ich an den Linsen, dass sie hochtransparent sind und ein ungestörtes Schauen ermöglichen“, so Hanf. Das ist ein wichtiger Unterschied zu speziellen anderen, bei diesem Krankheitsbild verschriebenen Linsenfolien. Diese werden ebenfalls in die Brille eingeklebt, weisen aber umlaufende Rillen auf, die beim Sehen stören und irritieren.
Für Erwachsene sind die Linsen, die in Dioptrien von +1,25 bis +3,00 erhältlich sind, auch eine große Hilfe. Orthoptistinnen setzen sie anstelle teurer Brillen bei vorübergehenden Sehschwächen ein, die etwa nach der Operation eines grauen Stars, nach einem Unfall, Schlaganfall oder im Verlauf einer Multiplis Sklerose-Erkrankung auftreten. Im therapeutischen Alltag ist sehr praktisch, dass höhere Dioptrien als +3,00 durch einfaches Aufeinandersetzen der Linsen erreicht werden können. Dieser „Trick“ bewährt sich etwa bei kurzen Trageversuchen oder Sehübungen.
Grundsätzlich ist zu empfehlen, bei Augenkrankheiten wie Schielen die Sehschulen von Orthoptisten – ein überwiegend von Frauen ausgeübter Beruf – aufzusuchen. Wer wissen möchte, wo in seiner Nähe eine Orthoptistin zu finden ist, kann über seinen Augenarzt oder unter der Tel.-Nr.: 0911 / 22001 beim Berufsverband der Orthoptistinnen Deutschlands e.V. (www.orthoptistinnen.de) Adressen erfragen. Infos zu den Kunststofflinsen, mit denen sich auch einfache Sonnen-, Sport-, Schutz- und Arbeitsbrillen mit wenigen Handgriffen in „scharfe Augengläser zum Nahsehen“ umwandeln lassen, gibt es unter www.leselinsen.de. Vertrieben werden sie von der Anzinger Firma SPECOM (Tel.: 08121 / 92 48 66).
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