Milliardenkosten durch falsche Medikamenten-Einnahme
Fraunhofer-ISI untersucht Maßnahmen für mehr Effizienz in der Arzneimittelversorgung
Viel hilft viel, sagt der Volksmund. Bei Medikamenten ist das anders – sie wirken nur, wenn sie richtig dosiert eingenommen werden. Dennoch schlucken je nach Krankheit bis zu 50 Prozent der deutschen Patienten mehr oder auch weniger Medizin als der Arzt verordnet hat – und belasten damit das Gesundheitswesen mit bis zu zehn Milliarden Euro an Folgekosten. Das Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung in Karlsruhe hat im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung untersucht, wie sich diese Kosten senken lassen bei gleichzeitig besserer Versorgung der Patienten.
„Es ist nicht damit getan, dem Patienten ein Medikament zu verschreiben“, warnt Projektleiter Bernhard Bührlen. Vielmehr sei es nötig, die Verschreibungspraxis der Ärzte enger am Therapieerfolg auszurichten. Aber auch die Patienten seien gefordert: Durch Schulungen vor allem chronisch Kranker lasse sich die Einnahme-Disziplin steigern. Tests zeigen, dass bei geschulten Asthmapatienten die Zahl der Notfallaufnahmen in Krankenhäusern deutlich abnimmt. Oft sind die Maßnahmen simpel: Erinnerungshilfen – von der Pillendose mit mehreren Fächern bis zur SMS aufs Handy – können die Einnahmedisziplin bis zu 20 Prozent verbessern.
Eine patientengerechtere Versorgung mit Medikamenten wird laut der ISI-Studie durch die starren Strukturen des deutschen Gesundheitswesens verhindert, zum Beispiel durch die scharfe Trennung von ambulanter und stationärer Behandlung. Bernhard Bührlen sieht Lösungsansätze in der Einführung der Patientenchipkarte und elektronischer Rezepte, um den Behandlungsverlauf zu dokumentieren und das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu optimieren. Unklar ist noch, wie sich Zuzahlungen auf den Medikamentenkonsum auswirken. In den Niederlanden wurde eine Zuzahlungsregelung 1999 wieder abgeschafft, nachdem sie sich als Steuerungsinstrument für den Arzneimittelverbrauch als unwirksam erwiesen hatte.
Für Fragen zur Studie: Dr. Bernhard Bührlen, Tel. 0721-6809-182, E-Mail: b.buehrlen@isi.fraunhofer.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.isi.fraunhofer.de/pr/presse.htmAlle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit
Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.
Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.
Neueste Beiträge
Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…
Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean
20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….
Resistente Bakterien in der Ostsee
Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…