Todesfälle durch Milzbrand – bei wildlebenden Schimpansen
In enger Kooperation zwischen Wissenschaftlern des Robert Koch-Instituts in Berlin und des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig wurde erstmals Milzbrand als Todesursache bei wildlebenden Schimpansen im tropischen Regenwald nachgewiesen. „Dies zeigt erneut, dass im Regenwald ein bisher unbekanntes Potenzial an Krankheitserregern vorhanden ist, das auch für den Menschen bedrohlich werden kann, und daher wissenschaftlich untersucht werden muss“, sagt Reinhard Kurth, Präsident des Robert Koch-Instituts. Die Arbeit „Anthrax kills chimpanzees in a tropical rainforest“ erscheint am 22. Juli 2004 in der angesehenen Fachzeitschrift Nature. Erstautor ist Fabian Leendertz vom Robert Koch-Institut, Doktorand im Zentrum für Biologische Sicherheit (ZBS) und am Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie.
Infolge der zunehmenden Zerstörung der Regenwälder, etwa durch Abholzung oder durch Wilderei nach „Bushmeat“, steigt das Risiko, dass der Mensch in Kontakt mit bekannten, aber auch mit neuen Erregern kommt. Die Untersuchung von Erkrankungen bei Menschenaffen geben Hinweise auf Krankheitserreger, die das Potenzial haben, auf den Menschen überzuspringen – so ist etwa das weltweit am häufigsten vorkommende HIV-1 nach dem heutigen Kenntnisstand von Schimpansen auf den Menschen übertragen worden und hat sich dann in der Bevölkerung ausgebreitet.
Eine kürzlich gegründete Initiative von Verhaltensforschern und Laborwissenschaftlern unter Führung des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie und des Robert Koch-Instituts (Great Apes Health Monitoring Unit, GAHMU) soll dabei helfen, Infektionskrankheiten bei Menschenaffen zu erkennen und das Risiko einer
Übertragung der Erreger auf den Menschen zu beurteilen. „Die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Verhaltensforschung und von Infektionskrankheiten ist dabei ein wichtiges Instrument, solche Erkenntnisse zu gewinnen“, betonen Christophe Boesch vom Max-Planck-Institut und Georg Pauli, Leiter des ZBS, beide sind Mitautoren der Nature-Veröffentlichung. Das ZBS ist Ende 2001 gegründet worden. Eine wesentliche Aufgabe ist die Entwicklung von Methoden zur Diagnostik von Erregern, die für bioterroristische Anschläge eingesetzt werden können.
Die Wissenschaftler aus Berlin und Leipzig hatten seit 2002 eine Häufung von Todesfällen in drei Schimpansengruppen im Taï-Nationalpark (Elfenbeinküste) untersucht. Der Krankheitsverlauf bei einem Teil der Schimpansen ließ eine akute Infektionskrankheit vermuten. Die beobachteten Schäden an Organen und Geweben sowie mikroskopische Färbetechniken hatten eine Bakterieninfektion als Todesursache wahrscheinlich werden lassen. Die Proben wurden in das Robert Koch-Institut gebracht. Mit molekularbiologischen Methoden (PCR) konnten die Forscher dann bei sechs der toten Menschenaffen, die innerhalb von neun Monaten verstarben, den Milzbranderreger Bacillus anthracis nachweisen und verlässlich von dem nahe verwandten, aber harmlosen, Bacillus cereus unterscheiden. Bei mindestens zwei weiteren Schimpansen wird als Todesursache ebenfalls Milzbrand angenommen. Obwohl durch die intensive Beobachtungen der Schimpansen viele Daten zum Verhalten und insbesondere zur Nahrungsaufnahme vorlagen, konnte bisher die Infektionsquelle für die Milzbrandfälle nicht identifiziert werden.
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