Parkinsongenetik – Vorsorge durch Früherkennung
Die Parkinson-Erkrankung kann verschiedene Ursachen haben – genetische und umweltbedingte. RUB-Mediziner am St. Josef-Hospital Bochum untersuchen die genetischen Komponenten der Krankheit. Ihr Ziel ist die Parkinsonprophylaxe durch Früherkennung.
„Schadstoffdeponien“ im Gehirn Parkinsongenetik – Vorsorge durch Früherkennung MedRUBIN 2001: Zweites Sonderheft erschienen
Der kleinschrittige, vornüber gebeugte Gang oder der typische Pillendreher-Tremor, ein Zittern aufgrund erhöhter Muskelspannung, gehören zu den vielfältigen Symptomen von Parkinson-Patienten. Die Erkrankung kann verschiedene Ursachen haben – genetische und umweltbedingte. Mediziner der Neurologischen Universitätsklinik der RUB (Leitung: Prof. Dr. med. Horst Przuntek) am St. Josef-Hospital Bochum untersuchen die genetischen Komponenten der Krankheit. Ihr Ziel ist die Parkinsonprophylaxe durch Früherkennung.
Neuronensterben
Morbus Parkinson ist vor allem durch das Absterben von Nervenzellen der so genannten Schwarzen Substanz im Mittelhirn gekennzeichnet. Dabei handelt es sich um „dopaminerge Neurone“, die zur Informationsübertragung den Botenstoff Dopamin benutzen. Eine Behandlung mit dem Dopamin-Vorläufer L-Dopa kann z. B. die Beweglichkeit deutlich verbessern. Heute lindern moderne Pharmaka auch im fortgeschrittenen Stadium die Krankheitssymptome, doch kein Medikament kann bislang das Absterben der dopaminergen Neurone aufhalten. Parkinson auslösen können Umweltfaktoren wie Medikamente und Gifte oder andere Einflüsse, die noch weitgehend unbekannt sind. Es gibt nicht „den einen“ Morbus Parkinson – hinter einer relativ einheitlichen Symptomatik stecken viele verschiedene Erkrankungen.
In Lewy-Körperchen werden Schadstoffe „entsorgt“
Hat Parkinson auch genetische Ursachen? Diese Frage war lange umstritten. Erst in den letzten Jahren konnten die Wissenschaftler verschiedene Gendefekte nachweisen, die an der Entstehung von Parkin-son beteiligt sind. All diese Mutationen haben gemeinsam, dass sie direkt oder indirekt das Auftreten von „Lewy-Körperchen“ in der Schwarzen Substanz fördern. Defekte Proteine (Eiweiße) werden mangelhaft abgebaut und quasi in die „Lewy-Körperchen“ entsorgt. Das führt schließlich zum Untergang der Nervenzellen. Eine Mutation im so genannten a-Synuklein-Gen ist ein Beispiel dafür: Die Mutation, durch die das Protein a-Synuklein verklumpen kann, wird zusammen mit der Parkinson-Erkrankung „autosomal dominant“ vererbt – 50% der Nachkommen eines Mutations-Trägers sind wiederum von der Erkrankung betroffen. a-Synuklein ist ein Bestandteil der Lewy-Körperchen.
Modell einer Klassifizierung der Parkinson-Erkrankung. Alle Bilder: MEDRUBIN
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Fehlerhafte Proteine häufen sich
Eine weitere Parkinsonform wird autosomal rezessiv vererbt – beide Eltern tragen je eine veränderte Erbanlage im so genannten Parkin-Gen, ohne zu erkranken. Wenn in der Folgegeneration diese beiden Erbanlagen zusammenkommen (das Risiko hierfür beträgt 25 %), dann erkranken die betroffenen Nachkommen – meist schon vor dem 50. Lebensjahr. Parkin ist als ein spezielles Enzym an dem natürlichen Abbau fehlgestalteter Proteine beteiligt. Die dritte bisher entdeckte Mutation, die Parkinson verursacht, liegt auf dem Gen UCHL1 (Ubiquitin-carboxyterminale Hydrolase L1). Dieses Gen sorgt dafür, dass die Zellen Ubiquitin herstellen. Ubiquitin markiert fehlerhafte Proteine – fehlt es, weil das entsprechende Gen defekt ist, werden diese Proteine nicht mehr abgebaut und häufen sich im Gehirn an.
Pestizide: Störung in der Atmungskette
„Freie Radikale“ sind hochreaktiv gegenüber allen biologischen Molekülen. Sie stören auch die Energiegewinnung der Zelle (die mitochondriale Atmungskette). Defekte in der Atmungskette, die vermutlich zu einer Schädigung der Nervenzellen führen, haben Wissenschaftler auch bei Parkinsonpatienten nachgewiesen. Daher kommen auch die vielen Gene des so genannten mitochondrialen Genoms, das die Atmungskettenproteine kodiert, als Kandidaten für eine Parkinson-Erkrankung in Betracht. Darüber hinaus können auch Gifteinflüsse (z.B. Heroinverunreinigungen, Schädlingsbekämpfungsmittel) zu einer Störung der Atmungskette führen – in Verbindung mit genetischen Komponenten, denn nicht jeder, der mit den Giften in Berührung kommt, erkrankt an Parkinson.
Parkinson-Vorsorge
Was bringt die Erforschung der genetischen Parkinson-Ursachen? Genetische Untersuchungen bieten durch die Identifizierung von Personen, die Parkinson-Mutationen tragen, aber noch gesund sind, erstmals die Möglichkeit, Anfangsstadien der Erkrankung zu erkennen und zu beobachten. Das trägt zu einem besseren Verständnis der Krankheitsursachen und -entwicklung bei. Moderne bildgebende Verfahren helfen bei der Früherkennung; so kann man mittels Positronen-Emissions-Tomographie einen gestörten Dopaminstoffwechsel nachweisen, auch wenn noch keine Krankheitssymptome aufgetreten sind. Das Ziel heißt: Schutz vor Parkinson durch Vorsorge. Die Neurologen verfolgen dabei einen interdisziplinären Ansatz, der die Vielschichtigkeit der Symptome erkennt und bei der Behandlung berücksichtigt.
MedRUBIN 2001 erschienen
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in MedRUBIN 2001, neben anderen Themen: Und immer ist der Arzt dabei (Chirurgie); Abwehr aus dem Gleichgewicht: Allergie durch Grippeviren (Allergologie); Ohne Schnitt unter die Haut (Dermatologie); Ein (Kunst-)Herz für Kinder (Herzchirurgie); Mit Blutstammzellen gegen Krebs (Innere Medizin); Endlich hinein in die Lehrpläne (Ethik und Schmerz); Weniger Stress, weniger Rückenschmerzen (Medizinische Psychologie); „Hauptsache gesund“ (Humangenetik); Dicht am Herzschlag (Biomedizinische Technik); Reparaturstrategien des Gehirns: Schaden macht jung (Neurophysiologie); In der Bäckerhefe Erbkrankheiten auf der Spur (Zellbiochemie). MedRUBIN ist für 9 DM im Dekanat der Medizinischen Fakultät erhältlich (Tel. 0234/32-24960).
Weitere Informationen
PD Dr. med. Ludger Schöls, Neurologische Klinik der Ruhr-Univerität Bochum, Gudrunstr. 56, 44791 Bochum, Tel: 0234-509-2412, Fax: 0234-509-2414, E-Mail: ludger.schoels@ruhr-uni-bochum.de
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