Herz-Rhythmusstörungen im Kindesalter

Prof. Dr. Peter Schneider

Erstmals ist es möglich, nicht mehr nur die Symptome der Herzrhythmusstörung zu behandeln, sondern einige Formen der Krankheit zu heilen. Die in den USA und Europa entwickelte Katheterablation ist seit einiger Zeit auch in Deutschland im Vormarsch, kann hier aber nur an wenigen Zentren durchgeführt werden. Knackpunkt der Katheterablation ist die Unterbrechung der als Impulsleiter fungierenden überflüssigen Leitungsbahnen.

Unser Herz schlägt in einem bestimmten Rhythmus. 70 bis 80 mal in der Minute. Eine „Zündkerze“ im Herzen gibt über den sogenannten Sinusknoten einen entsprechenden Impuls ab. Der gleichmäßige Herzschlag sorgt dafür, dass unser Blut im Körper zirkulieren kann. Wenn wir uns anstrengen oder aufregen, schlägt unser Herz schon mal schneller; wir spüren es „bis zum Hals schlagen“. Gerät unser Herz für immer oder immer mal wieder ohne erkennbaren Anlass beträchtlich aus dem Rhythmus, sprechen die Mediziner von Herzrhythmusstörungen. Bei einigen Arrhythmieformen kann das Herz bei Frequenzen von bis zu 300 mal pro Minute flattern. Für den Betroffenen erscheint das Herzrasen unangenehm bis bedrohlich. Längerfristig wird das Herz geschädigt und in besonders krassen Fällen können Herz-Rhythmusstörungen zum Tode führen.

Etwa 70-80 % aller Fälle sind auf „versprengte“ Leitungsbahnen zurückzuführen. D.h., der elektrische Impuls wird nicht nur von einer Leitungsbahn weitergeleitet, sondern auch von Nebenbahnen. Man kann die Symptome mit Medikamenten behandeln, die ein Leben lang genommen werden müssen – mit den nie ganz auszuschließenden Nebenwirkungen. Das ist besonders bedeutsam, wenn bereits Kinder unter Herzrhythmusstörungen leiden. Prof. Dr. Peter Schneider, Direktor der Klinik für Kinderkardiologie am Herzzentrum, Universität Leipzig, sieht aber nicht nur ein gesundheitliches, sondern auch ein soziales Problem. „Die Kinder müssen Situationen meiden, die die gefürchtete Herzrhythmusstörung auslösen können: Sport und aufregende Erlebnisse. Sie werden darin von Eltern und Erziehern unterstützt oder sogar angehalten. Und geraten dadurch ins Abseits. Auch die Berufswahl wird dadurch eingeschränkt.“

Eine neue Behandlungsmethode kommt da wie gerufen. Erstmals ist es möglich, nicht mehr nur die Symptome der Krankheit zu behandeln, sondern einige Formen der Herzrhythmusstörung zu heilen. Die in den USA und Europa entwickelte Katheterablation ist seit einiger Zeit auch in Deutschland im Vormarsch, kann hier aber nur an wenigen Zentren durchgeführt werden. Knackpunkt der Katheterablation ist die Unterbrechung der als Impulsleiter fungierenden überflüssigen Leitungsbahnen.

Wie der Name sagt, muss dies nicht über eine aufwendige Herz-Operation erfolgen, sondern endoskopisch über einen Katheter. Dieser muss punktgenau an der Stelle positioniert werden, an der sich die Neben-Leitungsbahn befindet. Üblicherweise werden mehrere Katheter über Venen, manchmal über Arterien, von der Leistengegend her in das Herz eingebracht. Das kann der Arzt über ein Röntgengerät verfolgen.

Am Herzzentrum Leipzig wird bei vielen Untersuchungen mit einem Spezialsystem gearbeitet. Dabei übernimmt ein Sensor in der Katheterspitze, der von elektromagnetischen Wellen gesteuert wird, die Arbeit. Die Belastung mit Röntgenstrahlen wird daher auf sehr niedrigem Level gehalten. Das ist besonders bei Kindern wichtig. Mit Hilfe eines für den Laien nur schwer durchschaubaren Computerprogrammes kann der Spezialist die Katheterspitze mit viel Fingerspitzengefühl millimetergenau auf der zu unterbrechenden Leitungsbahn platzieren. Der gesamte Vorgang wird dreidimensional auf dem Bildschirm abgebildet. Wenn der Punkt erreicht ist, muss blitzschnell ein Stromstoß über eine weitere Vorrichtung an der Katheterspitze dorthin gejagt werden, der die Leitungsbahn für immer unterbricht. Der Patient ist gesund – auch für den behandelnden Arzt immer wieder ein beglückendes Gefühl. Dabei hat der Patient gar nicht viel gemerkt, obwohl er keine Narkose bekommt. Ein Kribbeln in der Herzgegend, ein wenig Ablenkung durch eine freundliche Assistentin. Das war´s für ihn.

Die Spezialisten für dieses neue Verfahren heißen Rhythmologen oder Elektrophysiologen. Es sind speziell ausgebildete Kardiologen, die neben profunden medizinischen und PC-Kenntnissen Geschicklichkeit, schnelles Denken und Entscheidungsfreudigkeit mitbringen müssen. Am Herzzentrum wird diese Aufgabe von Priv.-Doz. Dr. Hans Kottkamp und Priv.-Doz. Gerhard Hindricks wahrgenommen. Für sie ist Interdisziplinarität eine entscheidende Grundlage der Arbeit. Die erfolgreiche Behandlung von Herzrhythmusstörungen bei Kindern z.B. fußt auf einer vorangegangenen exakten Diagnose durch den Kinderkardiologen. Dieser muss auch entscheiden, wann der richtige Zeitpunkt für den Eingriff gekommen ist. „Denn manchmal „verwachsen“ sich solche Störungen bei Kindern noch.“, so Prof. Schneider.

Am 8. September 2001 wird er am Herz-Zentrum Leipzig eine wissenschaftliche Veranstaltung zum Thema „Herzrhythmusstörungen im Kindesalter“ durchführen. Mit dabei sind auch die Eltern der kleinen Patienten, die von dieser Erkrankung betroffen sind. „Denn“, so Prof. Schneider, „Wissen über eine Krankheit bedeutet, die Krankheit besser in den Griff zu bekommen.“

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Dr. Bärbel Adams idw

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