Mit Antibiotika gegen Magenkrebs
Helicobacter von der WHO als Karzinogen anerkannt
Köln (ct) – Eine Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori führt zur Entstehung von chronischen Magenschleimhautentzündungen. Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass sich daraus Magenkrebs entwickeln kann. Ist es möglich, durch eine frühzeitige Antibiotika-Behandlung der Infektion die bösartigen Veränderungen der Magenschleimhaut zu verhindern? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Ärztetagung in der Dr. Mildred Scheel Akademie für Forschung und Bildung am 8. September 2001 in Köln.
Zwischen einer Infektion der Magenschleimhaut mit dem Bakterium Helicobacter pylori und der Entstehung von Magenkrebs besteht ein Zusammenhang. Das ist das Ergebnis zahlreicher epidemiologischer Untersuchungen. Wissenschaftler konnten nachweisen, dass das kleine, stäbchenförmige Bakterium die Konzentration an Vitamin C im Magensaft senkt, Substanzen produziert, welche die Oberfläche der Magenschleimhaut schädigen, und das Zellwachstum anregt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat das Bakterium daher bereits 1994 als „definitiven Krebserreger“ eingestuft.
Doch obwohl 30 bis 50 Prozent der deutschen Bevölkerung mit Helicobacter pylori infiziert sind, entwickelt nur ein geringer Teil der Betroffenen tatsächlich Magenkrebs. „Die Voraussetzungen, unter denen bei infizierten Personen ein Magen-Karzinom entsteht, sind daher Gegenstand intensiver Forschungen an Kliniken in Bayreuth, Dresden, Marburg und Sydney“, sagte Professor Dr. Manfred Stolte, Direktor des Instituts für Pathologie des Klinikums Bayreuth, bei der Ärztetagung in Köln. Dazu gehört auch die multizentrische Behandlungsstudie „Präventive Interventions-Studie zu neoplastischen Veränderungen des Magens“, kurz PRISMA, die von der Deutschen Krebshilfe mit über 1,6 Millionen Mark unterstützt wird.
Darüber hinaus suchen die Forscher eine Antwort auf die Frage, ob die Entstehung von Magenkrebs gestoppt werden kann, wenn die Infektion mit Helicobacter medikamentös bekämpft wird. Dazu Professor Stolte: „Für bestimmte Magenkrebsarten wie etwa das MALT-Lymphom lautet die Antwort: Sehr wahrscheinlich ja!“. Es gibt mittlerweile zahlreiche Hinweise darauf, dass eine Behandlung der Infektion zur Rückbildung des Lymphoms und wahrscheinlich auch Zurückbildung der Veränderungen der Schleimhaut, die einen Magenkrebs auslösen können, führt. Bevor man dem Keim jedoch mit Antibiotika zu Leibe rückt, müssen Faktoren wie etwa das Stadium der Zellveränderungen bestimmt werden. Professor Dr. Andreas Neubauer, Leiter der Abteilung Hämatologie, Onkologie und Immunologie der Philipps Universität Marburg, warnte daher vor einer vorschnellen Helicobacter-Behandlung und empfahl den Ärzten, die betroffenen Patienten auf jeden Fall im Rahmen so genannter klinischer Studien zu betreuen.
Die Frage, ob man nach einer erfolgreichen Antibiotika-Therapie auf anschließende Vorsorgeuntersuchungen verzichten könne, beantwortete Professor Stolte eindeutig mit „Nein“: „Bei der Entstehung von Magenkrebs spielen viele Faktoren eine Rolle!“ Da sich die meisten Menschen bereits im Säuglings- oder Kleinkindalter mit dem Bakterium infizieren, wurde auch die Möglichkeit einer Schutzimpfung diskutiert. Doch PD Dr. Stephan Miehlke, Medizinische Klinik und Poliklinik der Carl Gustav Carus Universität Dresden, dämpfte die Hoffnungen: „Von einer Impfung gegen Helicobacter pylori sind wir noch weit entfernt.“
Die Dr. Mildred Scheel Akademie, eine Tochterorganisation der Deutschen Krebshilfe, ist eine Fort- und Weiterbildungsstätte für alle, die täglich beruflich oder ehrenamtlich mit Krebskranken zu tun haben. Neben Ärztetagungen zu aktuellen medizinischen Themen veranstaltet die Akademie Seminare für Krankenpflegepersonal, Altenpfleger, Sozialarbeiter, Psychologen, Selbsthilfegruppen sowie Betroffene und ihre Angehörigen.
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