Mit jeder Zigarettenlänge einen Schritt in Richtung Dialyse

Rauchen: Ein Risikofaktor für Nierenerkrankungen

Die gesundheitlichen Folgeschäden des Rauchens sind enorm und betreffen den gesamten menschlichen Organismus. Dennoch werden sie in der Bevölkerung lediglich auf ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko reduziert. Selbst die in der Fachwelt seit langem bekannten Herz-Kreislauf Schäden, die der Nikotingenuss verursacht, werden selten thematisiert. Aber kaum ein Raucher würde je vermuten, dass er mit seinem Laster auch die Funktion seiner Nieren aufs Spiel setzt.

Neueste Studien belegen jedoch, dass das Rauchen auch ein signifikanter Risikofaktor für Nierenerkrankungen ist:

Foley et al. (1) analysierten retrospektiv die Daten der zwischen 1988 und 1995 erhobenen NHANES III-Studie (= Third National Health and Nutrition Examination Survey) hinsichtlich der Beziehung zwischen reduzierter Nierenleistung und den „typischen“ Herz-Kreislauf Risikofaktoren wie Übergewicht, erhöhtem Cholesterinspiegel und natürlich auch dem Rauchen. Als Ergebnis zeigten die Autoren eine Korrelation zwischen Anzahl der Risikofaktoren und Status der Nierenleistung auf – je schlechter die Nierenfunktion, desto mehr Risikofaktoren lagen vor. Dieses deutete bereits auf einen Zusammenhang zwischen schlechter Nierenfunktion und dem Rauchen als einem dieser aufgeführten Risikofaktoren. Darüber hinaus zeigten Haroun et al. (2) in ihrer prospektiven Studie mit über 23.500 Teilnehmern bereits 2003, dass 31% der chronischen Nierenerkrankungen in der Allgemeinbevölkerung nur auf das Rauchen zurückzuführen sind.

In zwei Studien von 2005 wurden die negativen Auswirkungen des Rauchens auf die Nierenfunktion genauer beleuchtet.

Warmoth et al. (3) zeigten, dass die Nierenleistung bei rauchenden Nierenpatienten rasanter abnimmt als bei Nichtrauchern (Abnahme der „glomerulären Filtrationsrate“ GFR: -0,231 +/- 0,023 versus -0,102 +/- 0,008 mL/min/Monat). Die beschleunigte Reduktion der Nierenleistung konnte bei allen rauchenden Patienten nachgewiesen werden, sie war aber besonders stark bei Patienten mit fortgeschrittener Nierenerkrankung mit einem Urin-Albumin/Kreatinin-Quotienten von über 200 mg/g zu beobachten. Je schwächer die Nierenfunktion bereits war, desto schwerer war also der negative Einfluss des Tabakkonsums. Seit längerem ist bekannt, dass Patienten mit Nierenerkrankung ein sehr viel höheres kardiovaskuläres Risiko haben als Normalpatienten, und die verminderte Nierenfunktion somit per se schon ein Risikofaktor für die kardiovaskuläre Mortalität darstellt. Mit dem Rauchen forciert ein Nierenkranker die Abnahme seiner Nierenfunktion deutlich, und steigert damit sein ohnehin schon massiv erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse.

Die Studie von Orth et al. (4) befasste sich mit den Auswirkungen des Rauchens auf die Nierenfunktion von Diabetespatienten. Innerhalb dieser Studie wurden 185 Patienten im Mittel über fünf Jahre beobachtet. Während die mittlere GFR bei den Nichtrauchern im Verlauf der Studie konstant bei 106±31 ml/min blieb, fiel sie bei den Rauchern signifikant auf 83±22 ml/min ab – und dass, obwohl die Gruppe der Raucher im Durchschnitt jünger war und daher zu Studienbeginn einer bessere mittlere GFR hatte als die Nichtrauchergruppe. Diese drastische Verschlechterung der GFR demonstriert die direkten negativen Auswirkungen des Nikotins auf die Nierenfunktion. Und es zeigte sich, dass die Nierengefährdung vor allem Patienten mit hohem renalen Risiko wie Diabetiker betrifft.

Prof. Ritz, Co-Autor der Studie von Orth et al., kommentiert die Ergebnisse der Untersuchungen folgendermaßen: „Alle Studien, die sich mit der Thematik Rauchen und Nierenerkrankungen befassen, haben einen direkten negativen Effekt des Rauchens auf die Nierenfunktion nachgewiesen. Jeder Raucher muss sich daher auch dieser Gefahr seines Lasters bewusst sein. Für „Niereninsuffizienz-Hochrisikopatienten“ wie Diabetiker oder Patienten mit Nierenerkrankungen im Anfangsstadium muss der Tabakkonsum ein absolutes Tabu sein – diese Patienten kommen mit jeder gerauchten Zigarette der Dialysepflicht einen Schritt näher. Und Dialysepatienten potenzieren durch das Rauchen ihr bereits ohnehin erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und schmälern mit jeder Zigarette ihre eigene Überlebensprognose.“

Literaturangaben:
(1) Foley RN, Wang C, Collins AJ. Cardiovascular Risk Factor Profiles and Kidney Function Stage in the US General Population: The NHANES III Study. Mayo Clin Proc 2005; 80 (10): 1270-1277.

(2) Haroun MK, Jaar BG, Hoffman SC, Comstock GW, Klag MJ, Coresh J. Risk factors for chronic kidney disease: a prospective study of 23,534 men and women in Washington County, Maryland. J Am Soc Nephrol. 2003 Nov;14(11):2934-41.

(3)Warmoth L, Regalado MM, Simoni J, Harrist RB, Wesson DE. Cigarette Smoking Enhances Increased Urine Albumin Excretion as a Risk Factor for Glomerular Filtration Rate Decline in Primary Hypertension. Am J Med Sci 2005; 330 (3): 111-119.

(4)Orth SR, Schroeder T, Ritz E, Ferarri P. Effects of Smoking on Renal Function in Patients with Type 1 and 2 Diabetes Mellitus. Nephrol. Dial. Transplant 2005; 20: 2414-2419.

Pressesprecher der Gesellschaft ist Prof. Jan Galle. Die Pressestelle der Gesellschaft leitet Frau Bettina Albers von der Fa. Aviso. An sie können Sie sich mit Ihren Presseanfragen jederzeit gern wenden – Kontaktdaten:

Bettina Albers
AVISO Verlagsgesellschaft mbH
medien.arbeit
Aviso Verlagsgesellschaft mbH
Tel.: +49 (03643) 828284
Fax: +49 (03643) 828285
Postfach 2324
D-99404 Weimar
Bettina.albers@aviso-medienarbeit.de

Media Contact

Bettina Albers idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen

An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…

Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean

20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….

Resistente Bakterien in der Ostsee

Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…