Stammzellen als Helfer bei der Therapie der Zuckerkrankheit
Bei der Zuckerkrankheit sind alle Behandlungsmöglichkeiten darauf ausgerichtet, symptomatisch den Blutzuckerspiegel zu senken. Die eigentliche Ursache – die gestörte Abgabe von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse – können sie nur wenig verbessern. Darum arbeiten Wissenschaftler von den Universitäten Würzburg und Gießen daran, den Erkrankten künftig vermehrt Insulin produzierende Zellen transplantieren zu können.
Die Häufigkeit der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) nimmt in den westlichen Industrienationen kontinuierlich zu. Für das Jahr 2004 wird alleine für Deutschland eine Zahl von 4,5 bis 5 Millionen Diabetikern vorhergesagt.
Diabetes bedingt eine erhöhte Sterblichkeit und ist mit vielen ernsten Folgeerkrankungen verknüpft. So nimmt die Gefäßverkalkung zu, und das bedingt ein hohes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Zusätzlich kann eine Einschränkung der Nierenfunktion bis zum Nierenversagen und die Notwendigkeit der Dialyse hinzutreten. Eine Schädigung der Augen kann bis zur Erblindung führen, und schließlich stellen auch Nervenschäden eine ernste Komplikation dar.
Eine der Ursachen der Zuckerkrankheit ist entweder eine Zerstörung oder eine Fehlfunktion der Insulin produzierenden Zellen (Betazellen) in der Bauchspeicheldrüse. Um diese Zellen zu ersetzen, kann man entweder die gesamte Bauchspeicheldrüse oder aber nur die so genannten Langerhansschen Inseln transplantieren. Bei diesen Inseln handelt es sich um Ansammlungen von spezialisierten Zellen, die den Hormon produzierenden Teil der Bauchspeicheldrüse darstellen. Dort befinden sich auch die Betazellen.
Die klinischen Ergebnisse der Inseltransplantation wurden in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Allerdings seien hierfür sehr viele isolierte Pankreasinseln notwendig, so der Würzburger Mediziner Dr. Jochen Seufert. Diese Behandlungsmöglichkeit könne bislang nicht auf breiter Front eingesetzt werden, weil zu wenig Spenderorgane zur Verfügung stehen.
Möglicherweise lässt sich dieser Mangel beheben, wenn es gelingt, die Insulin produzierenden Zellen im Reagenzglas zu vermehren. In der Bauchspeicheldrüse wurden Stammzellen identifiziert, die normalerweise die Hormon bildenden Zellen ersetzen können. Sie besitzen auch das Potenzial, sich zu Insulin produzierenden Zellen weiterzuentwickeln.
Allerdings sind Identifizierung, Isolation und Vermehrung dieser Stammzellen im Reagenzglas sowie ihre Entwicklung zu Insulin produzierenden Zellen bislang nur unzureichend untersucht. Das soll sich durch ein Forschungsprojekt ändern, das die Arbeitsgruppe von Dr. Seufert seit August 2001 an der Medizinischen Poliklinik der Universität Würzburg durchführt.
Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für drei Jahre gefördert. Es ist Teil eines Verbundprojektes mit dem Inseltransplantationszentrum der Universität Gießen. Der Universitätsbund Würzburg hat die Vorarbeiten für das Projekt aus der IHK-Firmenspende gefördert.
In der Arbeitsgruppe von Dr. Seufert wurde ein Eiweißmolekül identifiziert, das in der Bauchspeicheldrüse wesentlich an der Vermehrung der Insulin produzierenden Zellen beteiligt sein könnte. „Wir haben gezeigt, dass eine erhöhte Aktivität dieses Proteins auch in einer Zellkultur zu einer verstärkten Vermehrung der Betazellen führt“, sagt Dr. Seufert. Dieses Potenzial soll nun auf isolierte Stammzellen aus der Bauchspeicheldrüse des Menschen übertragen werden.
Isoliert werden die Langerhansschen Inseln im Gießener Inseltransplantationszentrum, und zwar aus Spenderorganen des Menschen. In Würzburg steht dann die Identifizierung, Isolierung und Selektion der Stammzellen durch genetische und zellbiologische Methoden auf dem Forschungsprogramm. Hauptziel ist es zunächst, mit den Stammzellen eine Zellkultur zu etablieren.
Im nächsten Schritt sollen diese Zellen auf molekularer und immunologischer Ebene charakterisiert werden. Schließlich wollen die Wissenschaftler Strategien erarbeiten, mit denen sie diese Zellen dazu bringen können, sich zu Betazellen weiterzuentwickeln. Das kann entweder schon in der Zellkultur oder aber erst nach der Transplantation in den Organismus geschehen.
Weitere Informationen: Dr. Jochen Seufert, T (0931) 201-7085, Fax (0931) 201-7009, E-Mail:
j.seufert@mail.uni-wuerzburg.de
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