Defensine: Wie sich die Haut gegen Mikroorganismen schützt

Wissenschaftler der Kieler Christian-Albrechts-Universität haben eine neue Gruppe von neuen die antimikrobiell wirkenden Molekülen gefunden, die so genannten Defensine. Dieser körpereigene Schutzmechnismus bietet neue Perspektiven zur Behandlung von Infekten.

Die menschliche Haut ist normalerweise mit Mikroorganismen besiedelt, aber nicht infiziert. Eine intakte physikalische Barriere ist für die Infektionsabwehr der Haut zwar von großer Bedeutung, erklärt aber nicht, warum unter den dort herrschenden Bedingungen das Wachstum der Mikroorganismen begrenzt ist.

Wirbellose Lebewesen, die kein Immunsystem mit Antikörpern und Abwehrzellen besitzen, haben in Haut- und Schleimhäuten ein chemisches Abwehrsystem: Sie produzieren eine Vielzahl antimikrobiell wirksamer Eiweißmoleküle (Peptide), die entweder ständig oder nur in Anwesenheit von Mikroorganismen gebildet werden.

Auf der Suche nach solchen Faktoren in der Haut des Menschen ist ein Team um Professor Jens-Michael Schröder von der Hautklinik der Universität Kiel fündig geworden: Aus Hautschuppen von Psoriasis-Patienten konnten die Wissenschaftler bereits im Jahr 1997 ein solches Peptid isolieren, das Beta-Defensin-2 (HBD-2).

Da Psoriasis-Patienten aus unerklärten Gründen seltener an Hautinfektionen leiden als gesunde Menschen, hatten die Forscher vermutet, dass dabei körpereigene Abwehrstoffe eine Rolle spielen könnten. Dieses erste „hauteigene Desinfektionsmittel“ ist gegenüber Gram-negativen Bakterien und auch Hefen, nicht aber gegen Staphylococcus. aureus wirksam.

„HBD-2 kommt in gesunder Haut nur in geringen Mengen vor“, erklärt Schröder, „und wird von so genannten Keratinozyten produziert, wenn diese durch bestimmte Immunbotenstoffe oder durch krankmachende Stämme des Bakteriums Pseudomonas aeruginosa dazu angeregt werden.“
Eine weitere interessante Beobachtung der Kieler Forscher: „Die Defensin-Produktion wird nur dann angeworfen, wenn die Pseudomonas-Bakterien einen so genannten Biofilm bilden, der gefährlich werden kann. Einzelne Bakterienzellen sind dazu nicht in der Lage“, sagt Schröder.

Da HBD-2 nicht gegen Staphylococcus. aureus wirksam ist, suchten die Forscher weiter nach Peptiden, die speziell gegen diese Bakterien wirksam sind. Vor kurzem wurden sie dabei zum zweiten Mal fündig: Das humane Beta-Defensin-3 (HBD-3) ist das potenteste, bislang bekannte körpereigene antimikrobielle Peptid, das eine breite Wirksamkeit gegenüber Bakterien und Hefen aufweist. Das Peptid wird – wie HBD-2 – nur „bei Bedarf“ produziert.

Die Kieler Forscher wollten darüber hinaus wissen, warum die menschliche Haut gegenüber Infektionen mit dem Darmbakterium Escherichia Coli besonders resistent ist. Dabei konnten sie aus Extrakten der Hornschicht (Stratum corneum) ein weiteres Protein isolieren, das dort in großen Mengen vorhanden ist. „Der Eiweißstoff erwies sich als E.coli-spezifisches antimikrobielles Peptid, das andere Erreger offensichtlich nicht abzutöten vermag“, erklärt Schröder. Die Substanz ist mit einem anderen Psoriasin genannten Protein identisch, dass die Wissenschaftler bereits kennen.

„Aus diesen Befunden schließen wir“, sagt Schröder, „dass die menschliche Haut neben ständig produzierten antimikrobiellen Peptiden, die wahrscheinlich das Wachstum und die Zusammensetzung der normalen Hautflora kontrollieren, weitere Peptidantibiotika produzieren kann, die mehr oder weniger erregerspezifisch nur nach Kontakt mit gefährlichen Mikroorganismen synthetisiert werden und damit wahrscheinlich eine Infektion im Anfangsstadium verhindern.“

Diese Befunde eröffnen neue Perspektiven zur Erforschung der Ursachen bislang unerklärter rezidivierender Hautinfektionen und lassen auch neue therapeutische Möglichkeiten erkennen. Schröder: „Ein Ansatz könnte die Suche nach Wirkstoffen sein, die in der Lage sind, diesen körpereigenen Schutzmechanismus zu aktivieren. Das Ziel ist, die Haut dazu zu bringen, ihre Defensin-Produktion zu verstärken.“ Eine andere Überlegung der Forscher geht dahin, dass diese Defensine vielleicht zur Behandlung von Infektionen durch resistente Erreger eingesetzt werden könnten.

Über eine gentechnische Produktion dieser Eiweißstoffe haben die Kieler Wissenschaftler ebenfalls schon nachgedacht: „In Bakterien ist diese natürlich nicht möglich, das wäre für diese Zellen ein „Selbstmordprogramm“. Doch in Pflanzen müsste dies möglich sein, da sind wir bereits dran“, sagt Schröder.

Rückfragen an:
Prof. Dr. rer. nat. Jens-Michael Schröder
Leiter der Klinischen Forschergruppe kutane Entzündung
Klinik f. Dermatologie, Venerologie u. Allergologie, Christian-Albrechts-Universität
Schittenhelmstr. 7
D-24105 Kiel
Tel.: 0431-597 1536
Fax: 0431-597 1611
E-Mail: jschroeder.dermatology.uni-kiel.de

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Dipl. Biol. Barbara Ritzert idw

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