Basilikum verscheucht Malaria-Mücken

Wissenschaftler in Kenia entwickeln alternative Methoden zur Bekämpfung der tödlichen Tropenkrankheit / „Billiger, ungefährlicher und erfolgversprechender als Gentechnik“

Während Genforscher derzeit die Möglichkeit diskutieren, Malaria mit gentechnisch veränderten Moskitos zu bekämpfen, hat das „Institut für die Physiologie und Ökologie der Insekten“ (ICIPE) in Kenia alternative Methoden entwickelt, die erheblich billiger, ungefährlicher und vor allem erfolgversprechender sind. Die Strategie, die in der nächsten Ausgabe des Greenpeace Magazins erstmals vorgestellt wird, beruht auf zwei Säulen: strikter Brutplatzkontrolle mit biologischen Mitteln sowie dem „Push-Pull“ -Konzept. So nennt der Leiter des ICIPE-Malariaprogramms, Bart Knols, ein Maßnahmenbündel, das dazu dient, Krankheiten übertragende Anopheles-Mücken aus menschlichen Behausungen zu vertreiben („Push“) und dahin zu locken, wo sie keinen Schaden anrichten („Pull“).

Für den „Push“-Teil griff der niederländische Insektenforscher traditionelles afrikanisches Wissen auf. Mitarbeiter befragten die Bewohner des malariageplagten Landstrichs rings um die ICIPE-Station Mbita am Viktoriasee, welche Mittel sie gegen Moskitos einsetzen. So erfuhr Knols, dass Malaria-Mücken offenbar den Geruch von Basilikum-Pflanzen scheuen. Mit seinem Team testete er verschiedene Sorten durch und entdeckte, dass eine Kombination von Ocinium americanum und Lippia uckambensis in der Lage ist, die Zahl der in ein Haus eindringenden Moskitos zu halbieren. Dafür müssen lediglich Blumentöpfe mit den Pflanzen in regelmäßigen Abständen an die Dachtraufen eines typischen afrikanischen Hauses gehängt werden, sagte der Wissenschaftler dem Greenpeace Magazin. Wenn die Bewohner zusätzlich Eukalyptus-Blätter auf einer Metallplatte über der Feuerstelle erhitzen, würden gar Dreiviertel der Mücken abgeschreckt.

Die pflanzliche Moskitoabwehr, die demnächst auch in Fachpublikationen präsentiert wird, ist inzwischen aus dem Experimentierstadium heraus. Vor einem Monat erhielten die Bewohner des Dorfes Lwanda nahe Mbita Basilikum und Eukalyptus, um die Mittel nun auch im Alltag zu erproben. „Damit haben wir einen wirksamen, einfachen anwendbaren und vor allem billigen Schutz gegen Malariaüberträger“, erklärte Knols im Greenpeace Magazin. „Das ist besonders wichtig, weil sich große Teile der verarmten afrikanischen Bevölkerung Medikamente oder Insektizide nicht leisten können.“

Alternative Ziele für aus den Häusern vertriebene Moskitos vervollständigen das „Push-Pull“-Konzept. Welche das genau sind, hängt von der Mückenart ab. So genügt bei Anopheles arabiensis schon ein unmittelbar benachbarter Kuhstall. Die ICIPE-Wissenschaftler fanden heraus, dass die arabiensis, die Haupt-Malariaüberträger in Äthiopien, sich mit Rindern begnügen, wenn sie an Menschen nicht herankommen – Tiere, die gegen die Fieberkrankheit gefeit sind. Anopheles gambiae, die als die gefährlichste Art gelten, haben sich dagegen auf Menschenblut spezialisiert. In langen Versuchsreihen ermittelten Knols und seine Kollegen, was genau A. gambiae anzieht: Es ist vor allem der typisch menschliche Fußgeruch. Die Forscher arbeiten mit Hochdruck an einer Geruchsfalle für die Insekten, die Mücken mit dem betörendem Duft verschwitzter Füße von menschlichen Schlafplätzen weglockt.

Gewissermaßen ein Abfallprodukt dieser Forschung ist das optimierte Moskitonetz, das der kenianische Doktorand Aklilu Seyoum am ICIPE erfand. Es besteht aus fein gewebter Baumwolle, die gleich einem Kamin menschliche Ausdünstungen nur durch eine Netzöffnung im oberen Bereich austreten lässt. Die Mücken folgen dem Geruch und verfangen sich in dem reusenartig gearbeiteten Netz. „Wenn ein normales Moskitonetz nicht täglich mit Insektiziden besprüht wird, suchen A. gambiae so lange, bis sie doch eine Lücke finden“, erläutert Seyoum im Greenpeace Magazin, „meine Weiterentwicklung zieht sie beim ersten Anflug aus dem Verkehr.“ Die Netzfalle war ursprünglich als Mittel gedacht, bei Versuchen die Menge angelockter Moskitos nachzählen zu können. „Aber Seyoums Netz kann auch im Alltag ein zusätzlicher Schutz sein, der die restlichen Mücken unschädlich macht, die trotz Push-Pull in ein Haus eindringen konnten“, so Bart Knols.

Allerdings will der Malariaforscher die Blutsauger schon abfangen, lange bevor sie in Nähe menschlicher Behausungen gelangen: durch Brutplatzkontrolle, das andere Element seiner Strategie. Viele Experten halten eine lückenlose Erfassung der A.-gambiae-Kinderstuben für unmöglich. Ein Vorurteil, wie die deutsche ICIPE-Wissenschaftlerin Ulrike Fillinger bewies. Sie hat alle Tümpel und Pfützen in der Umgebung der Forschungsstation Mbita kartographiert und weiß daher: „Man kann Anopheles gambiae besonders effektiv im Larvenstadium bekämpfen“, sagte sie dem Greenpeace Magazin. Das Wasser muss dafür über einen längeren Zeitraum wöchentlich mit Bti-Lösung besprüht werden – einem natürlichen Insektizid, das im Boden vorkommt und für andere Organismen völlig harmlos ist.

Um die Effektivität des Ansatzes vorzuführen, will das ICIPE ab Januar 2002 gegen Mücken-Brutplätze auf Russinga Island vorgehen, einer Insel im Viktoriasee mit einem besonders schlimmen Malaria-Problem. Die Bewohner werden pro Jahr durchschnittlich 3700-mal von Moskitos gestochen, wobei jeder zwanzigste Stich den Krankheitserreger überträgt. Bis Jahresende werden die Brutstätten katalogisiert und Helfer ausgebildet, die sie dann mit Rucksack-Sprayern systematisch besprühen sollen.

„Für das Programm benötigen wir 200.000 Dollar, während die Entwicklung, Zucht und Freisetzung gentechnisch manipulierter Moskitos Abermillionen verschlingen wird“, sagte Bart Knols dem Greenpeace Magazin. „Aber im Gegensatz zu den Kunstgeschöpfen aus dem Labor haben wir eine echte Chance, die Malaria zu besiegen, ohne Mensch und Natur einem völlig unabsehbaren Risiko auszusetzen.“

ots Originaltext: Greenpeace Magazin
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