Seltene Nebenwirkungen von Arzneimitteln früher erkennen

Arzneimittel sollen künftig wirksamer und sicherer werden. Mit diesem Ziel, haben sich Forscher aus der pharmazeutischen Industrie und aus Universitäten zu einem Konsortium zusammengeschlossen, das von der Europäischen Union gefördert wird. Mit dabei sind die Toxikologen Professor Wolfgang Dekant und Angela Mally von der Uni Würzburg. Ihr Projekt „InnoMed“ wird mit 465.700 Euro gefördert.

Bevor ein neues Medikament auf den Markt kommt, müssen seine Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eingehend getestet werden – zunächst an Versuchstieren, später auch an Menschen. Ohne solche toxikologischen Prüfungen kann kein Arzneimittel zugelassen werden. „Trotz dieser umfangreichen Tests kommt es aber immer wieder vor, dass bereits zugelassene Arzneimittel wegen unvorhergesehener Nebenwirkungen doch noch vom Markt genommen werden müssen. Das haben zum Beispiel die weltweiten Rückrufaktionen von Vioxx und Lipobay gezeigt“, sagt Dekant.

Warum das so ist? Der Würzburger Professor nennt dafür mehrere Gründe. Nicht immer seien Befunde aus Tierversuchen uneingeschränkt auf den Menschen übertragbar. Außerdem erfolgen die ersten Tests am Menschen immer mit relativ wenigen Patienten. Seltene Nebenwirkungen können darum bei der Arzneimittelprüfung nicht oder nur unzureichend erfasst werden – sie werden manchmal erst dann erkannt, wenn sehr viele Patienten das Medikament nehmen, also nach der Marktzulassung. Ein weiterer Punkt: Häufig treten unerwünschte Wirkungen erst bei einer Dauertherapie oder in Kombination mit anderen Arzneimitteln auf.

Auf Initiative der Europäischen Vereinigung der Arzneimittelhersteller (EFPIA) haben sich nun Toxikologen aus Industrie und Universitäten zusammengetan. Sie wollen neue Methoden anwenden, um unerwünschte Wirkungen von potenziellen Arzneimitteln künftig früher und zuverlässiger erkennen zu können. Das Projekt wird von der Europäischen Union und der Pharmaindustrie gemeinsam getragen.

Die Toxikologen arbeiten dabei mit Arzneistoffen, die sich während der Arzneimittelentwicklung als schädlich für Leber und Nieren erwiesen und deshalb nicht für die Anwendung am Menschen in Betracht gezogen wurden. Wolfgang Dekant und Angela Mally untersuchen nun, wie diese Wirkstoffe in besonderer Weise Gene und Proteine beeinflussen. Ihre Hoffnung: Lassen sich solche Effekte feststellen, dann könnte man mit ihrer Hilfe bei Arzneimitteltests künftig früher einschätzen, ob mit einer Schädigung von Leber und Nieren zu rechnen ist und nur solche Mittel entwickeln, welche diese Nebenwirkungen nicht aufweisen. Laut Mally sind Leber- und Nierenschäden nämlich am häufigsten dafür verantwortlich, dass Arzneimittel zurückgezogen werden müssen.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Wolfgang Dekant, T (0931) 201-48449, E-Mail:
dekant@toxi.uni-wuerzburg.de

Media Contact

Robert Emmerich idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-wuerzburg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neuartige biomimetische Sprechventil-Technologie

Ein Forschungsteam der Universität und des Universitätsklinikums Freiburg hat eine neuartige biomimetische Sprechventil-Technologie entwickelt, die die Sicherheit für Patient*innen mit Luftröhrenschnitt erheblich erhöhen könnte. Die Herausforderung: Bei unsachgemäßem Gebrauch von…

Kollege Roboter soll besser sehen

CREAPOLIS-Award für ISAT und Brose… Es gibt Möglichkeiten, Robotern beizubringen, in industriellen Produktionszellen flexibel miteinander zu arbeiten. Das Projekt KaliBot erreicht dabei aber eine ganz neue Präzision. Prof. Dr. Thorsten…

Neue einfache Methode für die Verwandlung von Weichmagneten in Hartmagnete

Ein Forscherteam der Universität Augsburg hat eine bahnbrechende Methode entdeckt, um einen Weichmagneten in einen Hartmagneten zu verwandeln und somit magnetische Materialien zu verbessern: mithilfe einer moderaten einachsigen Spannung, also…