HIV-Viren sind Überlebenskünstler

HIV-Viren machen krank, weil sie den Tod fernhalten können. Die paradox erscheinende Erkenntnis deckt ein wichtiges Merkmal der Überlebensstrategie dieser Erreger auf. Zu verdanken ist sie einer Projektgruppe unter der Leitung von Priv.-Doz. Dr. Andreas Baur an der Universität Erlangen-Nürnberg, die im Sonderforschungsbereich 466 molekulare Mechanismen der Entstehung von AIDS untersucht. Die Immunschwäche-Viren verhindern, dass das körpereigene Abwehrsystem die befallenen Zellen vernichtet, und sichern sich damit die Gelegenheit zur Vermehrung. Details zu den Forschungsergebnissen der Erlanger Gruppe sind in der Novemberausgabe der hochrenommierten Fachzeitschrift „Nature Medicine“ veröffentlicht worden.

In zahlreichen Experimenten klärten die Forscher die Rolle des Nef-Proteins, eines Eiweißstoffes, den HIV-1-Viren produzieren. Das Protein blockiert die Apoptose, das Zelltod-Programm, das ansonsten abläuft, wenn Krankheitserreger in eine menschlichen Zelle eingedrungen sind. Durch diesen Trick kann das Immunschwäche-Virus in einer Umwelt überleben, die eigentlich auf seine Elimination abgestellt ist. Beim Vergleich mit modernen Hochleistungsrechnern, so Projektleiter Dr. Baur, erweist sich die Fähigkeit der Viren zur Informationsverarbeitung „um Lichtjahre überlegen“.

Wer jedoch den Trick in allen Einzelheiten kennt, kann darauf reagieren und ihn eventuell abwehren. Da die Überlebensfähigkeit der HIV-Viren in einer extrem feindlichen Umgebung Teil ihrer Strategie ist und Entstehung wie Verlauf von AIDS wesentlich mitbestimmt, ergibt sich ein neuer Ansatzpunkt für Therapien. Die Krankheit könnte verlangsamt, vielleicht sogar gestoppt werden, wenn das Nef-Protein unschädlich gemacht wird.


Parallelen zur Tumorentstehung
Der SFB 466 „Lymphoproliferation und Immundeffizienz“ (Sprecher: Prof. Dr. Bernhard Fleckenstein), der seit 1996 an der Universität Erlangen-Nürnberg eingerichtet ist, ist als einziger Sonderforschungsbereich in Deutschland auf Entstehung, Ablauf und Behandlung von AIDS spezialisiert. Die hier analysierten Vorgänge, die sich zwischen Zellen und im Zellinneren abspielen, sind auch für das Verständnis einiger gefährlicher Varianten von Krebs und anderer Entgleisungen von Zellteilungs- und Immunmechanismen von Bedeutung. Die Forschungsergebnisse des Teams von Dr. Baur zur Pathogenese von AIDS können unter anderem nutzbar gemacht werden, die Bildung bösartiger Tumoren besser zu verstehen, da hier der programmierte Zelltod ebenfalls außer Kraft gesetzt wird.

Weitere Informationen:

PD Dr.Andreas Baur, Dermatologische Klinik
Tel.: 09131/85 -36307 
Andreas.Baur@derma.imed.uni-erlangen.de

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Gertraud Pickel idw

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