Viele schaffen es nicht ganz allein

Nachbetreuung von Krebspatienten über lange Zeit erforderlich

Köln (so) – Die Ergebnisse der Studie „Psychische Langzeitfolgen bei hämatologisch-onkologischen Patienten“ liegen jetzt auf dem Tisch: Mehr als 50 Prozent der ehemaligen Krebspatienten leiden noch heute unter psychischen Störungen. Angst vor einer Neuerkrankung, Stimmungsschwankungen und Alkoholmissbrauch sind einige der typischen Symptome. Mehr als 75 Prozent der Studienteilnehmer geben an, rehabilitative und therapeutische Maßnahmen in Anspruch zu nehmen. Fast zehn Jahre ist es her, dass sich die damaligen Krebspatienten einer anstrengenden, aber erfolgreichen Chemotherapie unterziehen mussten. Die Ergebnisse der Kölner Studie, die von der Deutschen Krebshilfe mit 190.000 Mark gefördert wurde, machen deutlich: Die psychosoziale Nachbetreuung von ehemaligen Krebspatienten ist über lange Zeit erforderlich.

„Wenn ich Zeitung lese und irgendwo steht das Wort Krebs, springt es mir in Riesenlettern entgegen“, erzählt Udo L., der vor 25 Jahren an Krebs erkrankte und heute als geheilt gilt. Udo L. hat sich mit seiner Krankheit intensiv auseinandergesetzt. Viele der Belastungen hat er bereits verarbeitet. Doch wenn Probleme im Beruf oder mit seiner Partnerin auftauchen, merkt er, dass ihn solche Schwierigkeiten stärker belasten als früher. Banale, alltägliche Situationen erinnern ihn manchmal an die Krebserkrankung und werfen ihn aus der Bahn. In solchen Momenten wird ihm bewusst, dass er Hilfe braucht.

Professor Dr. Karl Köhle, Leiter des Instituts für Psychosomatik und Psychotherapie der Universität Köln, nahm die Erfahrungen von Udo L. zum Anlass die psychologischen Langzeitfolgen bei Krebspatienten näher zu untersuchen. Köhle initiierte die Studie „Psychische Langzeitfolgen bei hämatologisch-onkologischen Patienten“, an der 36 als geheilt geltende Krebspatienten teilnahmen. Alle Studienteilnehmer erkrankten Ende der achtziger Jahre an Krebs – die meisten von ihnen an Leukämie oder an einem bösartigen Lymphom. Alle wurden zwischen 1989 und 1992 erfolgreich chemotherapeutisch behandelt. Schon damals betreuten die Kölner Ärzte diese Patienten psychotherapeutisch.

Die Ergebnisse der Studie liegen jetzt auf dem Tisch (Jahrbuch der Medizinischen Psychologie 2001, Band: Psychotraumatologie): Fast zehn Jahre nach der erfolgreichen Krebs-Behandlung diagnostizierten die Psychologen bei mehr als der Hälfte der Patienten eine psychische Störung. Die Betroffenen leiden unter der Angst vor einer Neuerkrankung und unter Stimmungsschwankungen. Viele haben nach wie vor Schwierigkeiten sich in den Alltag einzugliedern. Mehr als zehn Prozent der Patienten greifen zur Bewältigung ihrer Probleme zum Alkohol oder zu Medikamenten. Zwei der Studienteilnehmer berichten, dass sie das Trauma ihrer Krebserkrankung immer wieder erleben. Sie vermeiden Situationen, die sie an das Vergangene erinnern, leiden unter Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und sind erhöht reizbar. Diese so genannte Posttraumatische Belastungsstörung (PTB) ist in der vollausgeprägten Form jedoch selten. Unter den Kölner Patienten waren aber sehr viele, die über einzelne traumatische Symptome klagten.

Die Kölner Arbeitsgruppe analysierte außerdem, ob die Studienteilnehmer im Zusammenhang mit der Krebserkrankung in den vergangenen Jahren Selbsthilfegruppen, psychoonkologische Beratungsstellen oder einen Heilpraktiker aufgesucht haben. Sie erkundigten sich zudem bei ihren Patienten nach der Einnahme von Schmerzmitteln, Vitaminen und Mineralien. Das Ergebnis: Lediglich ein Viertel der Studienteilnehmer hat bis zum heutigen Zeitpunkt keine der Maßnahmen in Anspruch genommen. Professor Köhle: „Diese Zahlen machen den Bedarf an rehabilitativer und therapeutischer Nachbetreuung deutlich.“ Klar wurde auch, dass bestimmte Verfahren von Patienten nur deshalb wahrgenommen wurden, weil sie gerade verfügbar waren. Andere Hilfsangebote waren den Patienten gar nicht bekannt. Beispielsweise fanden nur wenige Studienteilnehmer den Weg in eine psychoonkologische Beratungsstelle. Nötige Konsequenz: „Das große Informationsdefizit hinsichtlich rehabilitativer Hilfeleistungen muss weiter abgebaut werden“, so Köhle.

Doch wie soll diese Forderung in die Tat umgesetzt werden? Noch bevor der Patient nach der Krebstherapie die Klinik verlässt, sollten ihm Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen in seiner Nähe genannt werden. Diese nützlichen Adressen sollten auch den niedergelassene Ärzten bekannt sein. Die Adressen der Selbsthilfegruppen können aber auch bei der Deutschen Krebshilfe, Thomas-Mann-Str. 40, 53111 Bonn, angefordert werden. Über die Möglichkeit Rehabilitationskuren in Anspruch zu nehmen, informiert die Broschüre „Wegweiser zu Sozialleistungen“, die ebenfalls bei der Bonner Organisation bestellt werden kann.

Media Contact

Dr. med. Eva M. Kalbheim idw

Weitere Informationen:

http://www.krebshilfe.de/

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