Charité: Bessere Überwachung des Kindes während der Entbindung – Innovatives Gerät erkennt Sauerstoff


An der Charité, wo in der „Klinik für Geburtsmedizin“, (Direktor: Professor Dr. Joachim Dudenhausen) jährlich rund 3500 Babies zur Welt kommen, ist eine innovative Technik in Erprobung, die der Hebamme bzw. dem Geburtshelfer rechtszeitig anzeigt, wenn ein Kind im Laufe des Geburtsvorganges in Sauerstoffmangelsituationen gerät.
Sauerstoffmangel unter der Geburt kann zu Lähmungen, geistiger Behinderung und sogar zum Tod des Kindes führen. Zur Zeit geraten in Deutschland bei rund 800 000 Geburten im Jahr immer noch 12 von 1000 Kinder in Sauerstoffnot. Fünf von 1000 Kindern sterben daran. Bisher wird die Kontrolle der Sauerstoffversorgung des Ungeborenen während der Entbindung durch Aufzeichnung der Herztöne und durch wiederholte Messung der Blutgase (ph-Wert, Sauerstoff und Kohlendioxyd) überwacht. Dazu bedarf es aber immer einer Entnahme von Blut, wenn auch in winzigen Mengen aus der Kopfhaut, bzw. dem Steiß des Kindes.

Das neue Überwachungssystem ist mit dem seit langem im Einsatz befindlichen Kardiotokographiegerät (zur Registrierung von Wehen der Mutter und der kindlichen Herztöne) gekoppelt. Auf einem Monitor kann parallel zur Aufzeichnung des Wehenverlaufs die elektrische Herzaktion (das Elektrokardiogramm, EKG) des Feten abgelesen werden. Die Innovation besteht vor allem darin, auf einen bestimmten Teil des EKGs, die sogenannte ST-Strecke, automatisch und kontinuierlich aufmerksam zu machen und in Relation zur gesamten elektrischen Herzaktion zu setzen. Die ST-Strecke sagt nämlich etwas aus über die Sauerstoffversorgung des kindlichen Herzens: Steigt die Amplitude ihrer Wellenform an, so ist daraus zu schließen, dass das Kind in Sauerstoffnot geraten ist, die aber der Herzmuskel (durch Umstellung auf den sogenannten anaeroben Stoffwechsel) noch kompensieren kann. Sinkt dagegen die ST-Kurve deutlich unter das normale Niveau ab, so ist dies ein Zeichen dafür, dass das Kind nicht mehr mit dem Sauerstoffangebot auskommt. Dann müssen Maßnahmen getroffen werden, die (etwa durch Saugglocke, Zange oder Kaiserschnitt) schnellstmöglich zur Entbindung führen.

Das Überwachungssystem (STAN S-21 = ST-Strecken-Analyse-System 21) der Firma "Neoventa Medical“ ist in jahrelanger Arbeit von schwedischen und britischen Forschern entwickelt worden. Die Charité ist als erster Einsatzort in Deutschland ausgewählt worden. Nach und nach sollen aber weitere fünf bis sieben deutsche Kliniken ebenfalls mit dem System ausgerüstet und in seiner Handhabung geschult werden. Für Europa sind zunächst insgesamt 25 und in den USA 15 Geräte vorgesehen. Ihr Einsatz bei der Geburtsüberwachung wird (in Studien) wissenschaftlich begleitet.
In England und Schweden haben bisher zwei solche Studien mit zusammen nahezu 7000 Geburten ergeben, dass sich durch den Einsatz von STAN S-21 die Häufigkeit der operativen Entbindung (Kaiserschnitt) nahezu halbieren ließ und die Geburt von Kindern mit Sauerstoffmangel, die auf der Intensivstation behandelt werden mussten, um 75 % zurückging.

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Dr. med. Silvia Schattenfroh idw

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