Mit 40 sich wie 30 fühlen

Wie man Haltungsschäden und Rückenschmerzen wirksam vorbeugen kann

Durch eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien hat sich in den letzten Jahren die Erkenntnis vertieft, dass ein Muskeltraining unabhängig von Alter und Geschlecht maßgeblich zur Förderung von Gesundheit, Wohlbefinden, Leistungsvermögen und Lebensqualität beitragen kann. „Wir sind gezwungen, ein bestimmtes Mindestmaß an muskulärer Betätigung in unseren Alltag zurückzuholen, um den negativen Auswirkungen eines technisierten Lebens entgegenzuwirken“, meint Dr. Klaus Zimmermann, Dozent für Sportwissenschaften an der Technischen Universität Chemnitz. Nur dadurch könne beispielsweise den im Ansteigen begriffenen Bewegungsmangelkrankheiten wirksam vorgebeugt werden. Um die Notwendigkeit eines systematischen lebensintegrierten Muskeltrainings zu verdeutlich, nennt Zimmermann acht Gründe:

  1. Erhalt von Muskelmasse und muskulärem Leistungsvermögen

    Ohne Muskeltraining verliert der Mensch im Verlaufe seines Lebens über ein Drittel seiner Muskulatur und Kraft. Mit zunehmendem Alter verkümmern die Muskeln. Sie werden dünner, schwächer und ermüden auch schneller. Zudem kommt es zu erheblichen Einbußen an Muskelelastizität, wodurch die Beweglichkeit beeinträchtigt wird. Wie Untersuchungen zeigen, verfügen dagegen regelmäßig Muskeltraining betreibende Menschen im Alter von 70 Jahren über annähernd die gleiche Muskelmasse und Muskelleistungsfähigkeit wie Untrainierte mit 30 Jahren. Durch Muskeltraining kann man demnach – zumindest was die Muskulatur angeht – gewissermaßen „40 Jahre 30 bleiben“. Die Trainierbarkeit der Muskulatur bleibt so bis ins Seniorenalter erhalten.

  2. Förderung von Bewegungsmobilität

    Der durch Training bis ins hohe Alter mögliche Erhalt der Muskelmasse und muskulären Leistungsfähigkeit fördert zugleich die Alltagsmobilität und Bewegungssicherheit. So führt beispielsweise die Kraftsteigerung der Beinmuskulatur im Alter zur Erhöhung der Geh- bzw. Treppensteiggeschwindigkeit sowie zur Verbesserung von Gleichgewichtsvermögen. Außerdem wird dadurch die Sturzgefahr und das damit verbundene Verletzungsrisiko (u.a. Knochenbruchgefahr) wesentlich vermindert. Muskeltraining schafft darüber hinaus wesentliche Voraussetzungen, um körperlich anspruchsvolleren Hobbys wie Gärtnern, Wandern, Radfahren, Schwimmen, Tennis, Surfen, Skifahren oder Golf auch im zunehmenden Alter uneingeschränkt nachgehen zu können.

  3. Stabilisierung von Körperhaltung

    Die Muskulatur ist der Stabilisator der Körperhaltung. Ihr Training wirkt sich haltungsfördernd aus. Durch eine ausgewogene Ausprägung der Gesamtkörpermuskulatur kann wirksam Haltungsschwächen, -fehlern und -schäden, die zunehmend bereits im Kindes- und Jugendalter Anfang nehmen, vorgebeugt werden. So ist beispielsweise der ihren Haltungsfehler „Hohlkreuz“ vor allem durch eine Abschwächung der Bauch-, Gesäß- und hinteren Oberschenkelmuskulatur sowie eine Verkürzung der Hüftbeuge- und unteren Rückenmuskulatur bedingt. Durch gezielte Muskelkräftigung und -dehnung können diese Muskel-Ungleichgewichte verhindert oder beseitigt und damit die korrekte Körperhaltung gewahrt bzw. wiederhergestellt werden.

  4. Funktionssicherung von Gelenken und Wirbelsäule

    Je besser die Ausprägung und Funktionsfähigkeit der Muskulatur, desto wirksamer kann sie Gelenke und Wirbelsäule sichern, entlasten und schützen. Beispielsweise werden beim Treppensteigen abwärts bzw. beim Aussteigen aus Bus oder Bahn die Gelenke der unteren Extremitäten und Wirbelsäule mit dem Mehrfachen des Körpergewichtes belastet. Gleichzeitig konnte nachgewiesen werden, dass eine kräftige Gelenk- und Wirbelsäulenmuskulatur diese Belastungen „abpuffert“ und so um 50 Prozent reduziert. Dadurch ist wirksam dem Verschleiß von Gelenken und Wirbelsäule vorzubeugen. Selbst wenn Gelenke oder Wirbelsäule bereits geschädigt sind, kann durch das Auftrainieren der Muskulatur eine wesentliche Verminderung der Beschwerden (z.B. Knie- bzw. Rückenschmerzen) und eine Beweglichkeitsverbesserung erreicht werden.

  5. Schutz vor Osteoporose

    In zahlreichen Untersuchungen konnte in verschiedenen Körperregionen ein Zusammenhang zwischen Muskelmasse und -kraft einerseits und Knochenmasse andererseits festgestellt werden. Mit anderen Worten, Personen mit mehr Muskulatur und Kraft besitzen auch eine höhere Knochenmasse. Muskelkrafttraining kann demzufolge nicht nur Muskelmasse und Kraft sondern auch Knochenmasse aufbauen. Damit verbunden ist eine erhöhte Knochenfestigkeit und verringerte Bruchgefahr. Dadurch kann dem oftmals im Alter auftretenden Knochenschwund (Osteoporose) und dem daraus resultierenden erhöhten Knochenbruchrisiko (z.B. Wirbelkörpereinbrüche oder Oberschenkelhalsfrakturen) entgegengewirkt werden.

  6. Vorbeugung von Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen

    Die Muskulatur ist neben der Leber das größte und wichtigste Stoffwechselorgan. Sie ist der Ofen, in dem die Kalorien verbrannt werden. Kommt es im Verlaufe des Lebens zur Abnahme der Muskulatur und Muskelaktivität, werden täglich weniger Kalorien verbraucht, was dem Übergewicht Vorschub leistet. Muskelkrafttraining kann dagegen den Ofen der Kalorienverbrennung anheizen. Zum einen geschieht das durch den Aufbau von Muskulatur, wodurch sogar in Ruhe (z.B. beim Schlafen) mehr Kalorien verwertet werden. Zum anderen wird beim Training selbst der Kalorienverbrauch auf das 3-5fache von normalen Alltagsaktivitäten gesteigert. Muskelkrafttraining kann also Muskeln aufbauen und Fett abbauen. Es hilft wirksam dem Übergewicht und den damit verbundenen Folgekrankheiten wie Diabetes Typ II, Fettstoffwechselstörungen, hohen Blutdruck, Arteriosklerose bis hin zum Herzinfarkt zu begegnen.

  7. Entlastung von Herz und Kreislauf

    Die durch Training erworbene Muskelkraft und verbesserte Muskeldurchblutung bestimmen bei kraftbetonten Alltagsaktivitäten wie Treppensteigen oder Tragen von Einkaufstaschen bzw. Koffern wesentlich die Herz-Kreislaufbelastung mit. Beim Bewältigen der gleichen Kraftanforderung muss sich der „Kräftigere“ weniger anstrengen und Herzfrequenz und Blutdruck steigen weniger stark an. Letzteres führt zu einer Verringerung des Sauerstoffbedarfs des Herzmuskels bei gleichzeitig verbesserter Sauerstoffversorgung, was dem Entgegenwirken eines Herzinfarktes gleichkommt. Darüber hinaus fungiert die Muskulatur vor allem der unteren Extremitäten als Muskelpumpe. Bei Kontraktion der Muskeln werden die Blutgefäße (Venen) zusammengedrückt und somit das Blut zum Herzen befördert. Auch hier entlastet eine voll funktionsfähige Muskulatur das Herz, welches eigentlich für den Blutrücktransport verantwortlich ist. Nicht zuletzt kann dadurch auch Venenerkrankungen (z.B. Krampfadern) vorgebeugt werden.

  8. Förderung von Nervensystem und Psyche

    Der übergroße Teil des Nervensystems ist für die Steuerung der Muskeltätigkeit verantwortlich. Nur durch regelmäßige Muskelaktivität können diese Nervenregionen bis ins hohe Alter funktionsfähig gehalten werden, was eine wesentliche Voraussetzung für uneingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit ist. Muskeltraining besitzt auch positiven Einfluss auf das psychische Befinden bzw. die Stimmung. Nach muskulärer Betätigung fühlt man sich in der Regel ausgeglichener, ruhiger, gelöster, entspannter und zufriedener als zuvor. Darüber hinaus kann auch längerfristig der Gemütszustand durch Abnahme von Depressionen und Ängsten verbessert werden. Eine wesentliche Erklärung für diese befindensfördernde bzw. stimmungsaufhellende Trainingswirkung ist in der verstärkten Ausschüttung von Neuropeptiden – volkstümlich „Glückshormone“ genannt – während der muskulären Aktivität zu sehen. Zudem stärkt Muskeltraining aufgrund der damit verbundenen Zunahme des Leistungsvermögens sowie der positiven körperlichen Veränderungen das Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen, was wiederum zu mehr psychischer Stabilität beiträgt.

Auf die Bedeutsamkeit des Muskeltrainings weist über die genannten Gründe hinaus auch die Tatsache, dass die Gesundheitseffekte eines Ausdauertrainings davon mitbestimmt werden. Dazu Zimmermann: „Zum einen verbrennt derjenige, der krafttrainingsbedingt mehr Muskelmasse besitzt beim Walken, Joggen, Schwimmen, Radfahren oder Skilanglauf mehr Kalorien und kann dadurch die Gesundheitswirksamkeit optimieren. Zum anderen entscheidet der Zustand der Muskulatur über die Belastbarkeit von Gelenken und Wirbelsäule bei Ausdaueraktivitäten. Beim Joggen werden beispielsweise bei jedem Schritt die Gelenke der unteren Extremitäten und die Wirbelsäule mit etwa dem Doppelten des Körpergewichts belastet. Nur eine durch Muskeltraining gut entwickelte Muskulatur kann diese Belastungen „abpuffern“ und auf Dauer Gelenkschädigungen vermeiden helfen.“ Krafttraining sei deshalb eine unverzichtbare vorbereitende wie auch begleitende Maßnahme für ein gesundheitsorientiertes Ausdauertraining.

Zusammenfassend schätzt der Dozent ein, dass die gesundheits- und leistungsfördernden Effekte des Muskeltrainings weit über die Muskulatur hinausgehen und mehr oder weniger den gesamten Organismus erfassen. „Es gibt kein Medikament und keine andere Maßnahme, die eine vergleichbare Wirkungsbreite besitzt. Regelmäßiges moderates Muskeltraining verhilft zu mehr Lebensenergie, Lebensfreude und Vitalität. Es ermöglicht ein gesundes und zufriedenes Altern. Den Jahren kann dadurch mehr Leben gegeben werden.“, meint Zimmermann.

Anleitung zum gesundheitsbezogenen Muskeltraining geben die Bücher von Dr. Klaus Zimmermann „Gesundheitsorientiertes Muskelkrafttraining“ (Hofmann Verlag Schorndorf, ISBN 3-7780-1771-3) und „Fitness selbst programmiert: Kräftigen-Dehnen-Entspannen“ (Sportverlag Berlin, ISBN 3-328-00522-6). Er bietet zudem Kurse zum Muskeltraining sowie Vorträge und Weiterbildungsveranstaltungen an. Weitere Infos: Dr. Zimmermann, Telefon (03 75) 78 72 21.

Media Contact

Dipl.-Ing. Mario Steinebach Pressemitteilungen

Weitere Informationen:

http://www.tu-chemnitz.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Sensoren für „Ladezustand“ biologischer Zellen

Ein Team um den Pflanzenbiotechnologen Prof. Dr. Markus Schwarzländer von der Universität Münster und den Biochemiker Prof. Dr. Bruce Morgan von der Universität des Saarlandes hat Biosensoren entwickelt, mit denen…

3D-Tumormodelle für Bauchspeicheldrüsenkrebsforschung an der Universität Halle

Organoide, Innovation und Hoffnung

Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…

Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis

Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…