Deutsche Herzchirurgen zu neuen Heilverfahren
Die Herzchirurgen Deutschlands informierten auf einer Pressekonferenz anlässlich der 31. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie über neueste Heilverfahren und die Problematik der angeordneten Sparmaßnahmen.
Die Zahl der Patienten in Deutschland, die an einer Herzerkrankung im Endstadium leiden, ist auf ca. 1 Million Patienten angestiegen und wird vermutlich weiter ansteigen. Das Überleben dieser schwerkranken Patientengruppe ist schlecht und mit der Prognose bei einer aggressiven Krebserkrankung vergleichbar: Die 1-Jahres-Überlebensrate liegt nur bei 20 -50 %. Es ist nötig nach alternativen Wegen zur Behandlung dieser Patientengruppen zu suchen, da die Standardmethode, die Herztransplantation, aufgrund der zurückgehenden Spenderzahlen, nicht mehr so zum Einsatz kommen kann.
Dies ist eines der zentralen Themen der 31. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, die vom 17. bis 20. Februar 2002 in Leipzig unter dem Motto: Soll – Könnte – Ist stattfindet. Tagungsleiter ist Prof. Dr. Friedrich-W. Mohr, Direktor der Klinik für Herzchirurgie des Herzzentrum Leipzig GmbH, Universitätsklinik.
Auf der Pressekonferenz zur Tagung wurde als eine Alternative für die Behandlung des oben genannten Krankheitsbildes das „Kunstherz“ dargestellt, bei dem man zwischen einem System zur Herzunterstützung und dem Kunstherz als Ersatz für das eigene Herz unterscheiden muss. Meistens findet das Kunstherz seinen Einsatz als Überbrückung bis zur Transplantation, zur Erholung des eigenen Herzens und als permanente Herzunterstützung, ohne das eine Transplantation geplant ist. Im Moment zielt die Forschung darauf, dass beide Varianten operativ in den Brustraum eingepflanzt werden und nicht wie bisher ein sehr geräuschvoller Kasten ständig am Körper mit sich herumgetragen werden muss. „Der Vorteil der Kunstherzen zeigte sich sowohl in der Lebensverlängerung wie auch in der Verbesserung der Lebensqualität der Patienten, die nicht transplantiert werden konnten.“ , erklärte Prof. Friedhelm Beyersdorf, Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Die Herzchirurgen befassen sich auch mit Gewebezüchtung (Tissue engineering), indem bestimmte Zellen, z. B. Endothelzellen, auf einem künstlichen Untergrund herangezüchtet werden.. Diese Zellen werden in geschädigtes Gewebe eingebracht, wo sie die kranken Zellen verdrängen. Solchermaßen produzierte Gewebe können z. B. kaputte Herzklappen ersetzen. Darüber sprach Prof. Dietrich Birnbaum, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie und Direktor der Klinik für Herz-, Thorax- und Herznahe Gefäßchirurgie der Universität Regensburg.
Ein weitere Aspekt der Tagung ist die Kinderherzchirurgie. Prof. Siegfried Hagl, Direktor der Klinik für Herzchirurgie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, erklärte auf der Pressekonferenz die Notwendigkeit von Kinderherzzentren, wo Ärzte verschiedener Fachgebiete Hand in Hand arbeiten und somit dem kleinen Patienten eine optimale Versorgung gewährleisten. Zudem reicht meistens eine Operation im Kindesalter nicht aus und weitere Operationen bis hin ins Erwachsenenalter müssen folgen.
Bei einigen Operationen wird die minimalinvasive Chirurgie angestrebt. Prof. Anton Moritz, Direktor der Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität Frankfurt/Main, erklärte, dass nicht nur aus rein kosmetischen Gründen diese Technik immer mehr Anwendung findet. Neben den minimalen Narben, die nach der Operation bleiben, werden auch die Operationsrisiken verringert und der Einsatz der Herz-Lungen-Maschine erfolgt nur noch in seltenen Fällen. Der Patient wird somit weniger belastet.
Erstmals lag ein Schwerpunkt der Tagung auf ökonomischen Aspekten allgemein im Gesundheitswesen und besonders in der Herzchirurgie. Krankenkassen und Politiker dirigieren in überhöhtem Maße in das System des Heilwesen, stellte Prof. Birnbaum auf der Pressekonferenz fest. Nach wie vor besteht eine Ausgabenbegrenzung bei der Patientenversorgung, die auch vor der Herzchirurgie keinen Halt macht. So hat die Herzchirurgie zur Ökonomisierung längst Maßnahmen angeboten und realisiert, ohne dass davon in der eigentlich Kenntnis genommen wurde, so Prof. Dietrich Birnbaum. Die „off-pump Chirurgie“, d. h. dass Herzoperationen ohne Herz-Lungen-Maschine durchgeführt werden, führen zu einem Kostennachlass gegenüber den Krankenversicherungen von mindestens 15 % im Vergleich zu Operationen mit der Herz-Lungen-Maschine. Außerdem wurden Einkaufsverbünde etabliert. So werden in sämtlichen Universitätsklinika in Bayern z.B. die kostenrelevanten Produkte gemeinsam eingekauft. Durch geschickte Verhandlung der zentralen Einkaufsverwaltung werden wesentliche Einsparungen im Sachbereich umgesetzt. Prof. Hagl ergänzte, dass der Kostendruck nicht dazu führen dürfe, Innovationen zu verhindern oder mehrfach schwerstkranke Patienten minderversorgt werden. Dieses Problem anzusprechen und Lösungswege aufzuzeigen sei ein grundlegendes Anliegen der Tagung.
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