Angriff auf Grippeviren


Publikation in der März-Ausgabe von „Nature Cell Biology" – Gießener Virologe als Erstautor

Influenza A Viren stellen nach wie vor eine große Bedrohung für Mensch und Tier dar und sind für Tausende von Toten jährlich und ca. 65 Prozent aller weltweiten Grippefälle verantwortlich. Dabei entzieht sich das Virus immer wieder der Immunabwehr durch ständiges Ändern seines äußeren Erscheinungsbildes. Dies ist auch der Grund dafür, dass wir uns jedes Jahr neu impfen lassen müssen. Antikörper, die gegen den Impfstoff vom letzten Jahr gebildet wurden, sind gegen die neuen Virus-Varianten unwirksam. Einen Weg, wie ein wirksamer Angriff auf Grippeviren gestartet werden könnte, hat ein Team aus Forschern von der JLU Gießen und der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg jetzt gefunden.

Die Virologen Dr. Stephan Pleschka (Institut für Virologie, Fachbereich 10 – Veterinärmedizin an der JLU Gießen) und Dr. Stephan Ludwig (Julius-Maximilians Universität Würzburg, vormals Gießen) sowie die Kollegen Dr. Thorsten Wolff (Robert-Koch Institut Berlin) und Dr. Oliver Planz (Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen der Tiere, Tübingen) publizieren diese Forschungsergebnisse in der März-Ausgabe von „Nature Cell Biology“, einer der Nature-Monatsschriften. Erstautor der Publikation „Influenza virus propagation is impaired by inhibition of the Raf/MEK/ERK signalling cascade“ ist Dr. Pleschka. Am 15. Februar 2001 hat das Fachblatt die Forschungsergebnisse bereits in seiner Online-Ausgabe vorab bekannt gemacht. Auf den Wissenschafts-Internet-Seiten der britischen BBC News und Science war den deutschen Forschern einen Tag später die Titelstory gewidmet.

Das Forscherteam arbeitete mit einem Hemmstoff, der – anders als ein Impfstoff – die Viren nicht direkt angreift. Statt dessen blockierten die Virologen einen Signalweg in den Zellen, auf den die Viren offenbar angewiesen sind. Dies funktionierte folgendermaßen: Für seine Vermehrung ist das Virus auf eine lebende Zelle angewiesen, die infiziert und zur ausschließlichen Produktion neuer Viren umprogrammiert wird. Dabei ist das Virus von unterschiedlichen Leistungen der Zelle abhängig. Die Virologen versuchten nun, solche Abhängigkeiten zu identifizieren, die theoretisch für alle Influenza A Viren gelten sollten. Sie untersuchten, was die Blockade dieser Mechanismen für die Virusvermehrung bedeutet. Dabei zeigte sich, dass ein zelluläres Protein, die MEK-Kinase, durch die Virusvermehrung aktiviert wird und für einen essenziellen Transportschritt bei der Virusbildung notwendig ist. Wird dieses Protein durch eine chemische Substanz (Inhibitor) blockiert, nimmt die Zahl der neu gebildeten Influenza A Viren deutlich ab.

Bis zur Entwicklung eines Medikaments, so erläutert Dr. Pleschka, ist es noch ein langer Weg, da die MEK-Kinase normalerweise eine wichtige Funktion in der Zelle ausübt. Auch sind andere Stoffe bekannt, die die Virusvermehrung behindern. Aber eine Optimierung des Inhibitors biete hier grundsätzlich neue Möglichkeiten.

Kontaktadresse:
Dr. Stephan Pleschka
Institut für Virologie der JLU Gießen
Frankfurter Str. 107
35392 Gießen
Tel.: 0641/99-38391/38351 (Sekr.)
Fax: 0641/99-38359
E-Mail: Stephan.Pleschka@mikro.bio.uni-giessen.de

Media Contact

Charlotte Brückner-Ihl idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen

An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…

Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean

20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….

Resistente Bakterien in der Ostsee

Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…