Atopisches Ekzem: Gestuftes Behandlungskonzept


Das Atopische Ekzem wird häufiger: Inzwischen sind 15 Prozent aller Schulanfänger betroffen. Experten setzen auf ein gestuftes Behandlungskonzept, präsentiert auf der 17. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie in München.

Beim Atopischen Ekzem, oft auch Neurodermitis genannt, sind sich die Experten nur an einem Punkt sicher: Die Fallzahlen steigen. Bei den Geburtsjahrgängen vor 1960 sind zwischen ein und drei Prozent der Menschen betroffen. Von den nach 1970 Geboren leiden hingegen zwischen acht und 20 Prozent an der Erkrankung. Unter den zur Zeit siebenjährigen Schulkindern haben 15 Prozent ein Atopisches Ekzem. Die einzige tröstliche Nachricht: Die Heilungsaussichten für die Betroffenen sind gut. Als Wissenschaftler 2000 ehemalige Patienten im Alter von 20 Jahren nachuntersuchten, war die Krankheit bei 88 Prozent verschwunden.

Woher die Hautkrankheit kommt und wodurch sie ausgelöst wird, ist trotz intensiver Forschung immer noch weitgehend unklar. Sicher ist auch hier nur wieder eines: Verschiedene Faktoren müssen zusammenwirken: eine wahrscheinlich genetisch beeinflusste Veranlagung, immunologische und biochemische Besonderheiten, eine besonders „trockene“ Haut und vor allem verschiedene Umwelteinflüsse. „Einfach gesagt, reagieren die betroffenen Patienten wegen ihrer atopischen Veranlagung auf bestimmte Umwelteinflüsse mit der atopischen Erkrankung“, erklärt Professor Bernhard Przybilla von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der LMU München.

Allerdings wird die Angelegenheit dann doch wieder etwas komplizierter: Offenkundig modulieren die Umwelteinflüsse die veranlagungsbedingten Besonderheiten der Patienten und verstärken so dessen Reaktionsbereitschaft. Ein Beispiel: Ist die Barrierefunktion der Haut aufgrund der Veranlagung eines Patienten gestört, können irritierende Substanzen und Allergene diese Barrierefunktion weiter beeinträchtigen. „Dies mündet“, so Przybilla, „in einen Teufelskreis.“ Doch der kann durchbrochen werden: „Beseitigt man die Krankheitserscheinungen, vermindert man die Empfindlichkeit und beeinflusst so die ’atopische Hypersensibilität’“, so der Dermatologe.

Gestuftes Behandlungskonzept

Auf dieser Grundlage basiert das gestufte Behandlungskonzept, das Przybilla favorisiert: Stufe eins besteht aus einer ein- bis zweiwöchigen Basistherapie der Krankheitserscheinungen mit Cortisonhaltigen Salben. "Dies führt innerhalb von sieben bis zehn Tagen in den meisten Fällen zur vollständigen oder weitgehenden Abheilung", weiß der Dermatologe. Danach wird die Cortisondosis reduziert und die Behandlung ausgeschlichen – überlappend beginnt die "Hautpflege". Da die entzündete Haut anfällig ist für bakterielle und virale Infektionen müssen auch diese behandelt werden, falls der Arzt eine entsprechende Infektion diagnostiziert. Ein ebenso wichtiger Baustein der Basistherapie ist die konsequente dauernde Hautpflege sowie die Meidung von Hautirritationen. Kommt es jährlich zu nicht mehr als zwei bis drei Schüben der Erkrankung", so Przybilla, "ist diese Stategie akzeptabel."

Ärzte und Eltern als Detektive

Wenn diese Basistherapie versagt, müssen Ärzte und Eltern zu Detektiven werden. Dann gilt es jene Umwelteinflüsse aufzuspüren, die die Erkrankung provozieren. Dies gelingt allerdings nicht in allen Fällen, da die Palette sehr umfangreich ist: Nahrungsmittel sind etwa bei der Hälfte der Patienten mit schweren Verläufen die Auslöser. Infrage kommen aber auch Allergene wie Hausstaubmilben, Tierhaare (vor allem der Katze) oder Pollen. Ebenso können verschiedene Mikroben und psychische Faktoren Auslöser sein. Dann sind verschiedene Untersuchungen erforderlich. Werden die Ärzte fündig, kann der Provokationsfaktor – wenn möglich – gemieden werden.
"Ungerichtete Auslass-Diäten ohne entsprechende Hinweise aus spezifischen Untersuchungen sind nicht zu vertreten", so Przybilla: "Diese belasten unnötig und gefährden die Kinder durch Mangelernährung."

Gelingt es den Ärzten nicht, individuelle Provokationsfaktoren zu entdecken oder können diese nicht gemieden werden, stehen noch andere Therapiestrategien zur Verfügung, die allerdings oft aufwendig sind, deren Wirkung nicht zuverlässig ist und die auch wesentliche Nebenwirkungen bei korrekter Anwendung haben können. Zu diesen Methoden gehören beispielsweise Phototherapie, Klimatherapie oder Psychotherapie, sowie verschiedene Arzneimittel, die im Rahmen von klinischen Studien erprobt werden.

Rückfragen an:
Prof. Dr. med. Bernhard Przybilla
Klinik und Poliklinik für Dermatologie
und Allergologie der LMUMünchen
Frauenlobstraße 9-11
80337 München
Tel.: 089-5160-6200/6201
Fax: 089-5160-6209

Pressestelle: Barbara Ritzert; ProScientia GmbH,
Andechser Weg 17, 82343 Pöcking
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