Substanz aus Bienenharz als Krebsmedikament
Die Natur ist seit jeher eine wertvolle Quelle für Arzneimittel. Pflanzliche Substanzen werden auch heute in der Krebsmedizin eingesetzt, beispielsweise aus der Mistel. Wissenschaftler der Universitäten Bochum und Dortmund untersuchen jetzt die Antitumor-Wirkung einer Substanz, die aus Bienenharz gewonnen wurde.
Der Wirkstoff aus diesem „Propolis“ soll als neues Medikament gegen das Neuroblastom eingesetzt werden, also gegen eine bösartige Erkrankung des Nervensystems, die vor allem bei Kindern auftritt. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Kooperationsprojekt mit rund 250.000 Euro.
Neuroblastome zählen zu den häufigsten soliden Tumoren des Kindesalters. Insbesondere in fortgeschrittenen Stadien ist diese Krebsart sehr aggressiv. Die Heilungschancen sind dann meist schlecht. Außerdem wird der Tumor oft unempfindlich gegenüber der Chemotherapie. „Die Substanz aus Bienenharz hat das Potential, solche Resistenzmechanismen zu umgehen und neue Behandlungsmöglichkeiten für die kleinen Patienten zu eröffnen“, erklärt Professor Dr. Peter Reusch, Projektleiter an der Ruhr-Universität Bochum, Leiter der Abteilung Klinische Pharmakologie.
Bienenharz – auch „Propolis“ genannt – sammeln Bienen an den Knospenschuppen und Baumverletzungen verschiedenster Baumarten und versetzen es mit ihren eigenen Fermenten. Die Insekten nutzen die Substanz zum Verkitten von undichten Stellen im Bienenstock, aber auch um Krankheitserreger abzutöten oder Fressfeinde einzubalsamieren. Propolis ist ein Gemisch zahlreicher Wirkstoffe. Seine heilende und vorbeugende Wirkung ist bereits vielfach beschrieben worden. Es soll antivirale und antibakterielle Wirkungen haben und die körpereigene Abwehr stärken. Propolis wird vom Imker mittels eines speziellen „Propolisgitter“ gewonnen.
„Meinem Kollegen Dr. David Díaz-Carballo ist es gelungen, ein Molekül mit Antitumor-Wirkung aus Propolis aufzureinigen“, erklärt Reusch. Dieses Molekül namens CLU-502 stammt ursprünglich aus dem Bienenharz des subtropischen Balsamapfels (Clusia rosea). Im Rahmen des Forschungsprojekts wollen die Wissenschaftler nun die Wirkung dieser Substanz auf Neuroblastomzellen genauer untersuchen. „Wir wissen bereits, dass CLU-502 in den Krebszellen ein Onkogen herunterreguliert, welches das Wachstum des Tumors antreibt“, so der Pharmakologe. Die bisher erzielten Ergebnisse mit CLU-502 seien sehr ermutigend. „In ersten Laboruntersuchungen ist es uns bereits gelungen, Krebszellen damit abzutöten. Normale Zellen wurden dabei nicht geschädigt“, betont Reusch. Dies verspreche, dass das potentielle Medikament nur wenig Nebenwirkungen haben könnte.
Die Wissenschaftler haben weiterhin das Ziel, einen chemischen Syntheseweg für das Molekül zu finden, um von den natürlichen Quellen unabhängig zu werden. Dies würde die günstige industrielle Herstellung größerer Mengen von CLU-502 ermöglichen. „Wir hoffen, mit unserer Forschung den Weg zu ebnen für ein neues Chemotherapeutikum, das bei Patienten mit Neuroblastom und möglicherweise auch anderen Tumorarten eingesetzt werden kann, wenn die herkömmliche Therapie versagt“, erläutert Reusch.
Infokasten: Krebs im Kindesalter
In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 1.800 Kinder unter 15 Jahren neu an Krebs. In dieser Altersgruppe ist Krebs besonders bösartig: Die Tumorzellen vermehren sich meistens sehr rasch. Am häufigsten werden Leukämien (Blutkrebs), Tumoren des Gehirns sowie Lymphknotenkrebs diagnostiziert. Mehr als 90 Prozent aller krebskranken Kinder werden in kinderonkologischen Zentren und nach bundesweit einheitlichen Therapiekonzepten behandelt. Die Deutsche Krebshilfe finanziert fast alle derzeit in Deutschland laufenden Therapie-Optimierungs-studien bei Kindern. Diesen Studien ist es zu verdanken, dass heute fast 80 Prozent der betroffenen Kinder ihre Krebserkrankung überleben. Die Deutsche Krebshilfe gibt den allgemeinverständlichen Ratgeber „Krebs im Kindesalter“ heraus, der kostenlos bestellt werden kann: Deutsche Krebshilfe, Postfach 1467, 53004 Bonn, oder im Internet unter www.krebshilfe.de (pdf-Datei).
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