Strahlentherapie bei Lungenkrebs soll optimiert werden

Auf dem Weg zum Tumor wird bei der Strahlentherapie auch gesundes Lungengewebe getroffen. Die potenziellen Nebenwirkungen - Entzündung und Fibrose - stehen im Mittelpunkt eines von der Deutschen Krebshilfe geförderten Forschungsprojekts. <br>Grafik: Kolb

Bei bestimmten Fällen von Lungenkrebs könnte eine Strahlentherapie im Prinzip den gesamten Tumor zerstören – wären da nicht die Nebenwirkungen auf das gesunde Lungengewebe. Darum untersuchen Wissenschaftler von der Uni Würzburg, was nach einer Bestrahlung in den gesunden Zellen der Lunge passiert. Ihr Projekt wird von der Deutschen Krebshilfe mit rund 150.000 Euro gefördert.

Der Lungenkrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen beim Menschen und wird leider meist erst in fortgeschrittenen Stadien erkannt. In der Regel ist er nur durch eine Operation heilbar. Oft ist ein solcher Eingriff aber nicht möglich: Entweder befindet sich der Tumor zu nahe beim Herzen oder bei großen Blutgefäßen, oder es sind zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits Metastasen im Körper des Patienten vorhanden.

In diesen Fällen stellen Strahlen- und Chemotherapie eine Alternative dar: Häufig können damit ein Aufschub der Erkrankung und eine Linderung der Beschwerden, manchmal auch eine dauerhafte Heilung erreicht werden.

Bei lokal ausgedehnten Tumoren, die auf den Brustraum beschränkt sind und noch keine Metastasen abgeschnürt haben, könnte eine Strahlentherapie prinzipiell die vollständige Zerstörung der Geschwulste bewirken – wären da nicht die Nebenwirkungen: Die Strahlen müssen auf ihrem Weg zum Tumor gesundes Lungengewebe passieren und können dabei Zellen der Lungenbläschen und der kleinen Atemwege schädigen.

Zwar sind diese Zellen weit weniger strahlenempfindlich als die bösartigen Tumorzellen, es kann aber trotzdem, abhängig von der Dosis, zu Entzündungsreaktionen und zur übermäßigen Bildung von Bindegewebe und Narben kommen. Dadurch kann letzten Endes eine Lungenfibrose entstehen, die unter Umständen zu einer Lungenversteifung und – je nach deren Ausdehnung – zu einer schweren Atemnot führt.

Diese potenziell schwer wiegende Nebenwirkung wird vermutlich durch eine gestörte Kommunikation der beteiligten Zellen in der Lunge hervorgerufen. Zellen verständigen sich über unterschiedlichste Botenstoffe, so genannte Zytokine. Wird eine gesunde Lunge bestrahlt, dann sind in den bestrahlten und später vernarbenden Bereichen verstärkt solche Zytokine nachweisbar, die Entzündungen fördern und das Bindegewebe stimulieren – vor allem der „Transforming Growth Factor beta“ (TGF beta).

Dr. Martin Kolb von der Medizinischen Klinik und Dr. Jochen Willner von der Klinik für Strahlentherapie wollen die Kommunikation zwischen bestrahlten gesunden Zellen der Lunge erforschen und Störungen erkennen. Zu diesem Zweck werden Zellen aus Lungenbläschen, Atemwegen und dem Bindegewebe der Lunge gemeinsam in einer Zellkultur bestrahlt. Danach untersuchen die Wissenschaftler die Reaktionen und Wechselwirkungen der Zellen auf molekularer Ebene.

Ein Schwerpunkt liegt auf der Analyse der Kollagensynthese der Bindegewebszellen, da Kollagen der Hauptbestandteil der Narben ist. Auch TGF beta steht im Mittelpunkt des Interesses, da dieses Zytokin als Schlüsselfaktor bei der Reaktion einer gesunden Lunge auf Bestrahlung gilt. Gegen TGF beta stehen bereits mehrere spezifische Hemmstoffe zur Verfügung.

Die Entwicklung von Wirkstoffen, welche die durch Strahlen ausgelösten Schäden an gesundem Lungengewebe verringern können, hätte weit reichende Konsequenzen für den klinischen Einsatz der Strahlentherapie: Die Ärzte könnten die Strahlendosis erhöhen und dadurch bei einer großen Zahl von bösartigen Lungentumoren auch ohne Operation eine Heilung erreichen.

Weitere Informationen: Dr. Martin Kolb, T (0931) 201-3454 oder 201-3556, Fax (0931) 201-2254, E-Mail: 
m.kolb@medizin.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

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