RUBIN 1/2000: Überleben ohne Amputation

RUBIN 1/2000: Überleben ohne Amputation
RUB-Mediziner retten Gliedmaßen bei Tumorbefall
Schnelle Diagnose und Behandlung bei Schlaganfall

Noch vor 20 Jahren brachte der Tumorbefall eines Arms oder Beins zwangsläufig die Amputation des Körperteils mit sich – dass das heute nicht mehr so ist, ist vor allem der Mikrochirurgie zu verdanken. Für die Ärzte um Prof. Dr. Hans Ulrich Steinau (Interdisziplinäres Zentrum für Gliedmaßentumoren, Bergmannsheil Bochum, Klinikum der RUB) sind solche Eingriffe mittlerweile Routine: Sie retteten in den letzten 10 Jahren durch die Verpflanzung von Knochen und Gewebeteilen schon die Gliedmaßen von mehr als 700 Patienten. Große Fortschritte macht auch die Diagnostik des Schlaganfalls: Die am Institut für Radiologie und Nuklearmedizin des Knappschaftskrankenhauses Langendreer – Klinikum der RUB (Dr. Matthias König) in Zusammenarbeit mit Siemens entwickelte und erprobte Perfusions-Computer-Tomografie erlaubt eine schnelle und sichere Diagnose und Behandlung von Schlaganfällen. Über beide Themen und viele mehr berichtet RUBIN 1/2000 – Wissenschaftsmagazin der RUB, das soeben erschienen ist.

„Überleben ohne Amputation“: Fehlendes Gewebe ersetzen

Tumore in Armen oder Beinen kommen selten vor: Von 100.000 Einwohnern erkranken nur etwa zwei bis vier an einer solchen Sonderform. Da die Tumore kleine Ausläufer in ihre Umgebung wachsen lassen, müssen sie mit einigem Sicherheitsabstand entfernt werden – früher bedeutete das die Amputation des betroffenen Körperteils. Durch die Einführung der Kombinationsbehandlung durch Operation, Wiederherstellungstechniken, Strahlentherapie und Chemotherapie mit Zellgiften hat sich das zwar geändert; ein gewisser Sicherheitsabstand muss aber dennoch gewahrt werden. Kommt es dadurch zu Knochen- oder Haut- und Weichteildefekten, setzen die Ärzte moderne, plastisch-rekonstruktive Verfahren ein: Fehlende Knochen ersetzen sie z. B. durch Teile des Beckenkamms oder des Wadenbeins oder bauen millimeterweise neuen Knochen auf. Gewebelappen aus der Umgebung können über den Weichteildefekt gezogen werden. Reicht das nicht aus, lassen sich bis zu 55×30 cm große Muskellappen mit funktionierender Durchblutung versorgen.

„Überleben ohne Amputation“: Nähen unterm Mikroskop

Das modernste Routineverfahren ist dabei die mikrochirurgische Transplantation: Der Chirurg legt die millimeterdicken Hauptgefäße des Gewebeblocks frei und näht sie mit winzigen Fäden mit Hilfe eines Operationsmikroskops an Blutgefäße an. Auch Nervenkabeltransplantationen funktionieren ähnlich. Außerdem können Nerven- und Muskelumleitungen nach entsprechendem Training die Funktion von geschädigten Teilen übernehmen. Selbst wenn eine Amputation unumgänglich ist, weil der gesamte Gliedmaßenquerschnitt vom Tumor befallen ist, kann die moderne Chirurgie den Schaden begrenzen: Nicht befallene Anteile aus der Umgebung dienen dann zur Stumpferhaltung oder -verlängerung. Neben der Mikrochirurgie befassen sich die Mediziner der Klinik in verschiedenen wissenschaftlichen Projekten z. B. mit der Bestimmung von Tumoren, ihrer Entstehung und begünstigenden Faktoren.

„Moderne Schlaganfalldiagnose“: Schnell und sicher handeln, wenn der Schlag trifft

Wenn der Schlag einen Patienten trifft, ist schnelles Handeln lebensrettend: Wird der Infarkt durch ein Gerinnsel im Hirn verursacht, kann eine Auflösung des Gerinnsels die Durchblutung wieder verbessern und so die Schädigung des Gewebes begrenzen. Schwierig ist aber, die Ursache des Infarkts auszumachen: Die Symptome können nämlich auch auf eine Gehirnblutung zurückgehen, und in diesem Fall würde die Gabe von Medikamenten, die Blutgerinnsel auflösen, den Zustand des Patienten nur verschlimmern. Ziel der Diagnose ist also, möglichst früh und schnell Ursache und Ausdehnung der Störung sichtbar zu machen. Die Computertomografie leistet hier zwar schon lange gute Dienste, kann aber im Frühstadium der Störung versagen: Hinter völlig normalen Befunden kann sich nicht selten eine hochgradige Störung verbergen. Auch die Randzone eines Infarkts, die durch schnelles Eingreifen noch zu retten ist, ist auf dem normalen CT-Bild nicht zu sehen.

„Moderne Schlaganfalldiagnose“: Sichere Ergebnisse im Frühstadium der Durchblutungsstörung

Hier schafft das Perfusions-CT, ein neues computertomografisches Verfahren, Abhilfe: Ein handelsübliches Jod-Kontrastmittel wird schubartig in die Venen gespritzt, und dann die Durchströmung des Hirngefäßsystems mit einer schnellen Bildfolge gemessen. Etwa 30 Sekunden lang wird ein Bild pro Sekunde aufgenommen und von einem normalen PC in Sekundenschnelle ausgewertet und dargestellt. Der Blutfluss, das Blutvolumen und die Gipfelzeit des Kontrastmitteldurchgangs sieht der Arzt dann auf Parameterbildern. Nicht nur Ausdehnung und Schweregrad kann er so ermessen, sondern auch auf mögliche Ursachen rückschließen. Obwohl noch keine dreidimensionale Darstellung möglich ist und auch keine sehr kleinen Veränderungen sichtbar werden, erfasst die Methode zu mehr als 90 Prozent diejenigen großen Durchblutungsstörungen, die für eine Fibrinolyse (Auflösung des Gerinnsels durch Medikamente) in Frage kommen. Großer Vorteil des Perfusions-CT ist die ständige Verfügbarkeit von Computertomografen und die Zeitersparnis: Da sich die Untersuchung direkt an eine normale Computertomografie anschließt, entfällt die Umlagerung und der Transport des Patienten zu einem anderen Gerät.

RUBIN 1/2000 erschienen

Die vollständigen Beiträge lesen Sie bitte in RUBIN 1/2000, wo Sie außerdem folgende Artikel finden: Den Genozid überleben: Trauma und Zeugnis, Vergangenheitspolitik – Produktivität der Verdrängung?, Bilder im Recht und Bilder vom Recht, Der „Doppelpass“: verfassungswidrig?, Mini-Kreisverkehr: „Eine runde Sache“, Bis das Getriebe kracht: Statistik ersetzt teure Tests. RUBIN ist für 5 DM bei der Pressestelle der RUB erhältlich – und im Internet: http://www.ruhr-uni-bochum.de/rubin/rubin.htm

Weitere Informationen

Prof. Dr. Hans Ulrich Steinau, Universitätsklinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte und Handchirurgie-Zentrum, Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil, Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum, Tel. 0234/302-6841/-6843

Dr. Matthias König, Klinikum der Ruhr-Universität im Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer, Institut für Radiologie und Nuklearmedizin, In der Schornau 23-26, 44892 Bochum, Tel. 0234/299-3805/-3809

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Dr. Josef König

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