Knoblauch – nicht nur gut gegen Vampire
Bonner Wissenschaftler spüren Wirkstoffe auf
Knoblauch – mit wissenschaftlichem Namen Allium sativum – findet seit Menschengedenken als Heilpflanze Verwendung. Sowohl die alten Ägypter, Griechen und Römer als auch die Inder und Chinesen waren mit der heilenden Wirkung dieses Lauchgewächses vertraut. Knoblauch gilt als Kulturpflanze, deren Ursprung im asiatischen Raum vermutet wird. Durch Züchtungen, die bis in Zeit um 2000 vor Christi Geburt zurückreichen, wurde der Knoblauch in seiner heutigen Form durch menschlichen Einfluß hervorgebracht. Es ist jedoch nicht mehr genau nachvollziehbar, welche Wildarten in den Knoblauch eingeflossen sind. Ein Team von Bonner Wissenschaftlern aus dem Institut für Pharmazeutische Biologie spürt nun mit Hilfe eines „Biosensors“ die Substanzen auch in anderen Laucharten auf, die für die Heilwirkung des Knoblauchs verantwortlich sind. Einen ersten Erfolg verbuchten die Forscher mit einer Lauchart aus Osteuropa, die sogar deutlich höhere Mengen der gesuchten Stoffe enthält.
Trotz der langen Tradition wurde Knoblauch erst 1998 in das Europäische Arzneibuch aufgenommen. Für die Therapie am Menschen ist die positive Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem unumstritten. Dabei ist die antiatherosklerotische Wirkung hervorzuheben. Ebenso zeigt Knoblauch bei erhöhten Blutfettwerten eine lipidspiegelsenkende Wirkung. Nachweislich wird auch die Verklumpung der Blutplättchen gehemmt. Eine blutdrucksenkende Wirkung des Knoblauchs ist in der Diskussion.
Weiterhin gibt es Hinweise darauf, daß Knoblauch ein hohes antioxidatives Potential hat und somit Krebserkrankungen vorbeugen kann. Durch umfassende Untersuchungen konnte gezeigt werden, daß in solchen Gebieten, in denen Knoblauch zur täglichen Nahrung gehört, bestimmte Krebsformen des Magen-Darmtraktes mit einer deutlich verringerten Häufigkeit auftreten. Zudem tötet zerkleinerter Knoblauch in gewissem Umgang Bakterien ab und kann daher als „natürliches Antibiotikum“ bezeichnet werden.
Die heilbringenden Wirkungen des Knoblauchs werden im Wesentlichen auf die schwefelhaltigen Inhaltsstoffe dieser Pflanze zurückgeführt. Die Chemie dieser Substanzklasse ist jedoch äußerst komplex. Wird eine Knoblauchzehe zerkleinert, so wird eine geruchlose, schwefelhaltige Substanz, die den Namen „Alliin“ trägt, durch das Enzym „Alliinase“ in das geruchsintensive „Allicin“ umgewandelt, das für viele der oben aufgeführten Wirkungen verantwortlich ist.
Leider sind die schwefelhaltigen Verbindungen des Knoblauchs recht instabil. Dies führt dazu, daß verschiedene Knoblauch-Zubereitungsformen, die als pflanzliche Arzneimittel angeboten werden, kaum miteinander vergleichbar sind. Frischer Knoblauch oder Präparate, die Knoblauchpulver enthalten, wie zum Beispiel Knoblauchdragees, gelten in Westeuropa als die wirkungsvollsten Darreichungsformen. So konnte in der Arbeitsgruppe von Dr. Michael Keusgen am Institut für Pharmazeutische Biologie der Universität Bonn gezeigt werden, daß das Spektrum an schwefelhaltigen Inhaltsstoffen in frischem Knoblauch sowie in Knoblauchdragees vergleichbar ist. Selbst das Enzym Alliinase, welches für die Entfaltung der meisten Knoblauch-Wirkungen ebenfalls wichtig ist, übersteht den Herstellungsprozeß der Dragees nahezu unbeschadet.
Frischer Knoblauch-Preßsaft ist sehr instabil und enthält nach wenigen Tagen größere Mengen an Sulfiden, die sich auch im Knoblauch-Öl aufspüren lassen. Diese ausgesprochen geruchsintensiven Substanzen sind zwar nicht wirkungslos, haben aber auf das Herz-Kreislaufsystem eine deutlich schwächere Wirkung als frischer Knoblauch oder Knoblauch-Dragees.
Nicht nur Knoblauch, sondern auch Wildarten wie der sogenannte „Bärlauch“ (Allium ursinum) weisen große Mengen der wertvollen Schwefelverbindungen auf und können neben der Verwendung als Gewürz auch als Heilpflanze eingesetzt werden. Ermuntert durch diese Ergebnisse hat sich das Forscherteam in Zusammenarbeit mit dem Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK), Gatersleben, das Ziel gesetzt, sämtliche wilde Laucharten auf ihren therapeutischen Nutzen hin zu bewerten. Die Zahl dieser Arten wird auf etwa 800 geschätzt, wobei 400 in der weltweit größten Lauchsammlung des IPK vorrätig sind.
Um diese Aufgabe bewältigen zu können, die normalerweise mehrere „Forscherleben“ dauern würde, kommt ein sogenannter „Biosensor“ zum Einsatz, der von Wissenschaftlern der Universität Bonn speziell für diese Anwendung entwickelt wurde und vollautomatisch arbeitet. Damit ist es möglich, das Forschungsvorhaben innerhalb der kommenden drei Jahren abzuschließen.
In ersten Untersuchungen konnte eine Lauchart aus Osteuropa mit dem botanischen Namen Allium obliquum aufgespürt werden, die eine deutlich höhere Menge an schwefelhaltigen Verbindungen als der Knoblauch aufweist. Interessanterweise wird diese Pflanze in einigen Regionen Rußlands volkstümlich wie Knoblauch verwendet, was aber westlichen Wissenschaftlern bisher entgangen ist. Zur Zeit wird geprüft, ob sich diese Art für einen feldmäßigen Anbau eignet oder sich durch gezielte Züchtung für einen solchen nutzbar machen läßt.
Ansprechpartner: Dr. Michael Keusgen, Institut für Pharmazeutische Biologie:
Tel.: (0228) 73 2676, oder (0228) 73 3194, Fax: (0228) 73 3250, e-mail: M.Keusgen@uni-bonn.de
Weitere Informationen finden Sie im WWW:
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit
Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.
Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.
Neueste Beiträge
Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…
Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean
20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….
Resistente Bakterien in der Ostsee
Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…