Darmkrebs: Zellschutz gestört


Darmkrebs: Zellschutz gestört
Deutsche Krebshilfe unterstützt Würzburger Forschergruppe

Würzburg – Die Entstehung von Dick- und Mastdarmkrebs ist meist auf die Veränderung mehrerer Gene zurückzuführen. Substanzen, die das Erbgut schädigen können, sind beispielsweise hochreaktive Sauerstoffverbindungen. Doch unser Körper ist gegen diese sogenannten freien Radikale normalerweise gut gewappnet: Schutzenzyme fangen innerhalb der Zelle die aggressiven Stoffe ein und machen sie damit unschädlich. Untersuchungen weisen darauf hin, dass das Selenoprotein P eine solche Schutzfunktion inne hat. Analysen zeigten, dass Patienten mit Zellwucherungen im Darm weitaus weniger Selenoprotein P in der Schleimhaut bilden als gesunde Probanden. Wissenschaftler der Universität Würzburg wollen Ursachen und Auswirkungen dieser Unterschiede klären. Die Deutsche Krebshilfe unterstützt das zweijährige Forschungsvorhaben mit über 200.000 Mark.

Aus jedem fünften Dickdarmpolypen (gutartige Zellwucherungen) entwickelt sich im Laufe von 10 bis 15 Jahren ein bösartiger Tumor. Schädigungen (Mutationen) im Erbgut der Darmzellen führen zum unkontrollierten Zellwachstum und damit zur Tumorentstehung. Prozesse dieser Art können beispielsweise durch hochreaktive Sauerstoffverbindungen (freie Radikale) in Gang gesetzt werden. Freie Radikale fallen Tag für Tag als Nebenprodukte des Stoffwechsels in allen Zellen des Körpers an. Doch gegenüber Attacken dieser Substanzen sind wir bestens gerüstet: Jede einzelne Zelle ist reichhaltig mit Schutzenzymen ausgestattet, die die aggressiven Stoffe abbauen und damit unschädlich machen.

Mehrere dieser Schutzenzyme enthalten das Spurenelement Selen. Untersuchungen weisen darauf hin, dass auch das vor kurzem entdeckte Selenoprotein P zu dieser Enzymklasse zählt. Eine Würzburger Forschergruppe um Professor Dr. Josef Köhrle, Privatdozent Dr. Franz Jakob und Dr. Oliver Al-Taie beschäftigt sich im Detail mit dem Selenoprotein P und dessen Bedeutung bei der Entstehung von Dickdarmkrebs. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass Patienten mit gutartigen Zellwucherungen (Polypen) im Darm weitaus weniger Selenoprotein P bilden als gesunde Probanden. Die Forscher vermuten, dass die häufige Entstehung von Dickdarmkrebs aus einem Polypen mit dieser Beobachtung zusammenhängt: Wird zu wenig Selenoprotein P gebildet, könnte der Schutz der Dickdarmzellen vor dem Angriff freier Radikale verringert sein. Die reaktiven Sauerstoffverbindungen können somit die Erbsubstanz schädigen und die Tumorentstehung begünstigen.

Die Wissenschaftler wollen nun der Ursache der verminderten Selenoprotein P-Bildung auf den Grund gehen. Die Information für die Herstellung des Proteins liegt in bestimmten Genen. Deshalb beschäftigt das Würzburger Forscherteam zunächst folgendes Problem: Ist die genetische Information für die Bildung des Selenoprotein P verändert und wenn ja, sind dafür vererbte oder neu erworbene Mutationen verantwortlich? Molekularbiologische Analysen von Gewebeproben aus Dickdarmtumoren sollen helfen, diese Frage zu klären. Professor Köhrle fasst die Bedeutung des von der Deutschen Krebshilfe finanzierten Projektes zusammen: "Die Untersuchungen sollen einen Beitrag dazu leisten, die Kenntnisse über die Entstehung von Dickdarmkrebs zu vertiefen. Vielleicht leiten sich von unseren Forschungsergebnissen neue Diagnoseverfahren ab, die eine Veränderung im Selenoprotein P-Gen und damit eine Veranlagung für die Bildung eines Dickdarmtumors nachweisen können."

Interviewpartner auf Anfrage!

Projekt-Nummer: 10-1492

Weitere Informationen finden Sie im WWW:

Media Contact

Dr. med. Eva M. Kalbheim-Gapp

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen

An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…

Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean

20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….

Resistente Bakterien in der Ostsee

Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…