DRG-Vergütungssystem:Spezifische Bedingungen von Unikliniken müssen berücksichtigt werden
Eine weitere Auswirkung der in der Öffentlichkeit lebhaft diskutierten Gesundheitsreform steht kurz bevor: die Neuregelung des Krankenhaus-Vergütungssystems. In der unlängst vereinbarten Einführung eines pauschalierenden Vergütungssystems auf der Grundlage von Diagnosis Related Groups (DRG) sieht Günter Auburger, Verwaltungsdirektor des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München, erhebliche wirtschaftlich-finanzielle Risiken für Krankenhäuser mit Maximalversorgung. Um diese Gefahren abzumildern, so Auburger, seien zusätzliche Regelungen und Vereinbarungen über aufwandsorientierte Zu- und Abschläge dringend erforderlich. Nur so sei es möglich, zu einer angemessenen Vergütung der High-Tech-Medizin zu gelangen, wie sie z. B. vom Klinikum der LMU vorgehalten und eingesetzt werde.
Nach intensiven Verhandlungen haben sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) Ende Juni auf die Grundstrukturen eines neuen Vergütungssystems für Krankenhäuser geeinigt. Bislang wurden nur rund 20% der Krankenhausbetriebskosten über Fallpauschalen und Sonderentgelte abgerechnet, rund 80% hingegen über krankenhausspezifische Abteilungs- und Basispflegesätze. Beim neuen Vergütungssystem hingegen wird es sich um ein durchgängig pauschalierendes „Diagnosis Related Groups-System“ handeln, das sich an international bereits praktizierten DRG-Standards orientiert. Das heißt, dass ab dem Jahr 2003 alle voll- und teilstationären Krankenhausleis-
tungen in ca. 600 bis 800 Diagnose-abhängigen Fallgruppen gewichtet und – unabhängig vom Krankenhaus-spezifischen Leistungsaufwand – nach pauschalierten Preisen vergütet werden. Die Pauschale orientiert sich dabei am Durchschnitt der für die jeweilige Leistung – ob Geburt oder Herztransplantation – entstehenden Kosten.
Mit schwierigen Fällen und hohen Basiskosten am Ende der Versorgungskette
Der durchschnittliche Behandlungsaufwand und damit auch die Kosten sind in einem Krankenhaus der Grundversorgung naturgemäß niedriger als in einem auf High-Tech-Medizin ausgerichteten Universitätsklinikum. Zum einen, so Auburger, steht die Universitätsklinik in aller Regel am Ende der Versorgungskette, sie hat keine Möglichkeit der Weiter-Überweisung und kann – anders etwa als auf bestimmte Diagnosen spezialisierte Fachkliniken – keine an Gewinn oder Kostendeckung orientierte „Rosinenpickerei“ betreiben. „Und wenn wir, was naheliegt, innerhalb einer Diagnosegruppe einerseits vorwiegend die schwierigen Fälle behandeln, andererseits aber nur die auf den durchschnittlichen Fall hin berechnete Pauschale erstattet bekommen, dann sind Defizite für uns vorprogrammiert“, fürchtet der Verwaltungschef des LMU-Klinikums. Zum Teil würden die faktischen behandlungsbezogen Kosten zwar auch im neuen System über die Patientenklassifikation berücksichtigt werden, „und je differenzierter diese medizinischen Abstufungskriterien hoffentlich in das DRG-System einbezogen werden, desto eher können die strukturellen Kostennachteile für ein Klinikum wie unseres in Grenzen gehalten werden. Eine vollständige Neutralisierung dieser strukturellen Nachteile lässt sich auf diesem Weg aber nicht erreichen“, ist Auburger überzeugt und betont: „Man muss doch auch berücksichtigen, dass unsere Basiskosten erheblich über dem Durchschnitt liegen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ein Universitätsklinikum mit 9000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern braucht logischerweise auch eine personell umfangreicher ausgestattete und damit ’teurere’ Personalabteilung als ein Krankenhaus mit 200 oder 300 Leuten Beschäftigten
Verzögerter Einsatz innovativer Behandlungsverfahren?
Ohne Regelungen, die die entstehenden Abweichungen abfedern, birgt die Einführung der DRGs nicht zuletzt auch die Gefahr, dass innovative Behandlungsverfahren allein aus Kostengründen im Klinikalltag nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr sofort eingesetzt werden können. Denn während das alte System den Kliniken noch die Möglichkeit lässt, für solch innovative Verfahren mit den Krankenkassen angemessene Vergütungen im Rahmen von Modellvorhaben zu vereinbaren, dürfen künftig neue Verfahren und Behandlungsmethoden erst nach ihrer definitiven Aufnahme ins DRG-System entsprechend ihren tatsächlichen Kosten vergütet werden.
Die Ende Juni von DKG und GKV/PKV getroffene Grundsatzentscheidung zugunsten der Einführung eines „leistungsorientierten und pauschalierenden Vergütungssystems“ nach DRGs ist explizit verbunden mit der Absicht, bis zum 30. September 2000 „ergänzende Regelungen für Zu- und Abschläge“ zu formulieren, um damit die angemessene Vergütung finanzieller Auswirkungen, die nicht in allen Krankenhäusern in gleicher Höhe entstehen, sicherzustellen. „Wenn das neue Vergütungssystem nicht nur pauschalierend, sondern – unter Einbeziehung von Aufwandskriterien – tatsächlich leistungsorientiert sein soll, muss in diesen Verhandlungen insbesondere und detailliert über Zuschläge für die spezifischen Leistungen von Universitätskliniken gesprochen werden“, drängt Auburger, denn: „Ohne solche Zuschläge innerhalb des neuen DRG-Systems werden diese Kliniken ihre Behandlungs- und Versorgungsstandards nur bei Inkaufnahme erheblicher finanzieller Defizite halten können.“
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