Gefahrlos durch die Haut


„Bionische Hautdurchleitung“ verhindert Infektionen bei Bauchfell-Dialyse und Kunstherz-Implantation

AUS DER MEDIZIN FÜR DIE MEDIEN 46-2000

Medizintechnik gilt als ein ökonomisch zukunftsträchtiges Feld. Auch deshalb hatte das „Bundesministerium für Bildung und Forschung“ einen „Innovationswettbewerb zur Förderung der Medizintechnik“ mit einem Gesamtbudget von 4.4 Millionen Mark ausgeschrieben. Als eines von 12 Projekten aus 88 Bewerbungen ist die „Bionische Hautdurchleitung“ der Charité im Rahmen der diesjährigen „Medica“ in Düsseldorf im November 2000 mit 340 000 Mark ausgezeichnet worden.
Die Haut des Menschen ist seine schützende Barriere zwischen Außenwelt und Körperinnerem. Manchmal muss diese Barriere aus medizinischen Gründen zeitweilig oder auf Dauer durchbrochen werden. Dies ist etwa der Fall, wenn die sogenannte Bauchfell-Dialyse die Funktion einer kranken Niere übernehmen muss oder wenn eine Linksherzpumpe („Kunstherz“) ein krankes Herz temporär unterstützen soll. In beiden Situationen verbindet ein Kunststoffschlauch (Katheter), der durch die Haut geleitet wird, das Körperinnere mit der Außenwelt. Immer besteht dann die Gefahr, dass Keime von dem außen liegenden Teil des Katheters sich in das Körperinnere ausbreiten, wobei der Katheter wie eine Leitschiene wirkt. Die Keime setzen sich auf dem Katheter fest, überziehen sich mit einer Schleimschicht und bilden einen „Biofilm“. So entkommen sie der körperlichen Abwehr. Die Folge sind mehr oder weniger heftige Infektionen. Zwar hat es schon eine Reihe von Entwicklungen gegeben, die das Ziel hatten, solche Infektionen zu verhindern; sie haben sich aber letztlich alle als unzureichend erwiesen.
Nun hat Professor Dr.Ing. Klaus Affeld vom „Labor für Biofluidmechanik" der Universitätsklinik für Kardiovaskuläre Chirurgie der Charité mit seiner Arbeitsgruppe ein Verfahren, die „Bionische Hautdurchleitung“, entwickelt, und europaweit patentieren lassen (Nr.198 52 848), das sich in ersten Tests als erfolgreich erwiesen hat. Im Prinzip folgt es einem biologischen Vorgang: Haare und Nägel wachsen ständig durch die Haut hindurch nach außen, bleiben dabei stets mit Strukturen unter der Haut verbunden und trotzdem frei von Infektionen.

Bei der Bionischen Hautdurchleitung wird ähnlich dem natürlichen Wachstumsvorgang eine Art Manschette aus Silikonkautschuk gebildet, die als Infektionsschutzmantel zwischen Katheter und Körper wirkt und aus dem Körper „herauswächst“. Der Kautschuk wird dabei in flüssiger Form in einem Rörchen entlang dem Katheter ins Körperinnere eingeleitet. Dort gelangt er in eine Extrusionsdüse und tritt als Schlauch aus, der den Katheter umschließt. Unter dem Einfluss der Gewebefeuchtigkeit härtet der flüssige Silikon-Kautschuk aus und wird zu einem elastischen Schlauch. Er bildet so einen dünnen Mantel um den Katheter. Durch Nachfüllen von flüssigem Kautschuk wird der elastische Mantel immer ein wenig weiter von innen nach außen geschoben. Keime, die sich an der Durchtrittsstelle des Katheters durch die Haut ansiedeln, werden auf diese Weise nach außen weggeschoben und sterben an der Luft und wegen Nährstoffmangels ab. Infektionen sollen so vermieden werden. Wie dies funktioniert, sollen weiterführende Experimente zeigen, die jetzt mit der Preissumme in den kommenden Monaten durchgeführt werden können. Dazu gehört auch die Erprobung des Verfahrens an zehn Schafen. Bewährt es sich bei den Tieren, so sollen die weitere Entwicklung und die Vermarktung der Industrie übertragen werden.

Silvia Schattenfroh

(Photos von Modellen der „Bionischen Hautdurchleitung“ für die Anwendung bei der Bauchfell-Dialyse und beim Einsatz von Linksherzpumpen sind auf Anfrage verfügbar.)
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Charité
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