Die bestmögliche Behandlung bei Hirntumor-Erkrankungen

Das hochspezialisierte Team des ersten zertifizierten Neuroonkologischen Tumorzentrums in Norddeutschland behandelt Menschen aus ganz Deutschland und dem Ausland. Foto: UMG/Manuela Janke

Für jeden Menschen, seine Angehörigen und Freunde ist die Diagnose Hirntumor ein schwerer Schicksalsschlag. Patienten nehmen dann oftmals lange Wege in Kauf, um sich von hochspezialisierten Experten behandeln zu lassen.

Seit vielen Jahren ist die Universitätsmedizin in Greifswald mit den Kliniken für Neurochirurgie, Onkologie sowie der Strahlenklinik ein Anlaufpunkt für Patienten aus ganz Deutschland und dem Ausland. Nun wurde die langjährige enge Kooperation der Fachbereiche bei der Hirntumortherapie belohnt.

Als erste Einrichtung im norddeutschen Ostseeraum wurde das Neuroonkologische Tumorzentrum (NOZ) jetzt von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert. Diese Qualifizierung ist für drei Jahre gültig. Die nächstliegenden zertifizierten Zentren sind erst in Berlin, Leipzig und Münster zu finden. Insgesamt gibt es nur 27 zertifizierte neuroonkologische Tumorzentren in Deutschland.

„Das anerkannte Gütesiegel der Deutschen Krebsgesellschaft bestätigt das hohe Niveau und die außerordentliche Leistung, die unsere neurochirurgischen und onkologischen Kollegen seit vielen Jahren erbringen“, betonte der Kommissarische Ärztliche Vorstand, Prof. Claus-Dieter Heidecke. „Für die Patienten sichert das multiprofessionelle Kompetenznetzwerk eine Therapie nach neuestem Stand der Wissenschaft bei der Behandlung von Hirntumoren.“

Der lange Weg der Zertifizierung ist maßgeblich dem Engagement der leitenden Mitarbeiter des NOZ, der Koordinatorin Christina Vorbau aus der Neurochirurgie, dem stellvertretenden Leiter PD Dr. Carsten Hirt aus der Onkologie und PD Dr. Jörg Baldauf als Leiter, ebenfalls aus der Neurochirurgie, zu verdanken.

In gemeinsamen wöchentlichen neuroonkologischen Tumorkonferenzen wird seit 2012 im Rahmen des sogenannten „Tumorboards Neuroonkologie“ jeder Patient umfassend mit allen beteiligten Fachärzten der Neurochirurgie, Neurologie, Neuropathologie, Onkologie, Strahlentherapie und Neuroradiologie besprochen und das weitere Vorgehen bezüglich einer Operation, Chemotherapie, Strahlentherapie oder eine Kombination der Verfahren abgestimmt.

Das Zentrum sichert allen Patienten eine leitliniengerechte Therapie nach aktuellem Stand der Wissenschaft sowie ein ganzheitliches Behandlungskonzept mit Unterstützung durch das Pflegepersonal, den Sozialdienst, die Psychoonkologie und einer optimalen Nachsorge und Rehabilitation.

Im neuro-onkologischen Tumorzentrum werden Patienten mit Tumorerkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems (ZNS) behandelt. Im vergangenen Jahr wurden allein 340 Patienten in Greifswald mit der Diagnose Hirntumor operiert, die zusätzlich operierten Tumore des Rückenmarkes und der Wirbelsäule noch nicht mitgezählt. Die operative Therapie schließt verschiedenste Verfahren ein, wobei unter anderem die minimalinvasive und mikrochirurgische Entfernung des Tumors mit Hilfe von Endoskopen zur Anwendung kommt.

Dafür stehen zwei hochmodern ausgestattete Operationssäle mit Operationsmikroskopen, einer Neuroendoskopie und Neuronavigation, elektrophysiologischem Neuromonitoring zur Überwachung von Hirnnervenfunktionen sowie der motorischen und sensiblen Leitungsfunktion von Gehirn und Rückenmark sowie ein Ultraschallgerät rund um die Uhr zur Verfügung. Durch den Einsatz von Hightech-Endoskopen und -Operationsmikroskopen ist es möglich, über sehr kleine Schädeleröffnungen schonende Eingriffe am Gehirn vorzunehmen.

„Das Ziel der operativen Eingriffe ist es, die Hirntumore so zu entfernen, dass die Lebensqualität der Patienten weitestgehend unbeeinträchtigt bleibt“, betonten der Leiter des NOZ, PD Dr. Jörg Baldauf und Prof. Henry Schroeder, Direktor der Neurochirurgie an der Universitätsmedizin Greifswald. „So werden in Greifswald Patienten bei sehr kritisch gelegenen Tumoren, die sich beispielsweise im Bereich der Sprach- oder der Bewegungszentren befinden, auch im Wachzustand direkt am Gehirn operiert.

„So können wir verfolgen, ob möglicherweise wichtige Gehirnfunktionen wie das Sprachvermögen während der Operation beeinträchtigt werden“, so Baldauf und Schroeder. Das Versorgungsgebiet der Klinik für Neurochirurgie erstreckt sich über Vorpommern, zudem kommen etliche Patienten auch aus anderen Bundesländern sowie aus dem Ausland.

Fachübergreifendes Know-how für den optimalen Heilungserfolg

Die Chemotherapie bei Patienten mit ZNS-Tumoren wird überwiegend ambulant und teilstationär durchgeführt. Somit können längere Krankenhausaufenthalte vermieden werden. Durch das NOZ hat sich der interdisziplinäre Austausch verbessert, so dass multimodale Therapiekonzepte, also eine Kombinationsbehandlung mit Operation, Strahlentherapie und Chemotherapie, noch besser und schonender für die Patienten umgesetzt werden können. Zudem werden auf Initiative des NOZ und insbesondere durch PD Dr. Carsten Hirt seit Anfang 2016 Behandlungen mit Tumor-Treating-Fields (Tumortherapiefeldern, TTF) realisiert und seit Mai 2016 ist das NOZ Greifswald erstes zertifiziertes TTF-Zentrum in Nordostdeutschland. Dabei werden schwache elektromagnetische Wechselfelder im Langwellenbereich über äußere Elektroden auf den erkranken Körperbereich gerichtet.

In einer großen internationalen Studie konnte gezeigt werden, dass die Überlebenszeit von Patienten mit einem Glioblastom, die zusätzlich zu Operation, Strahlentherapie und Chemotherapie eine Behandlung mit TTF erhielten, durch diese neuartige Therapie um drei Monate verlängert werden konnte. Damit ist die Behandlung mit TTF ein weiterer Schritt hin zu einer verbesserten Behandlung von Patienten mit einem Glioblastom, dem bösartigsten Hirntumor mit der schlechtesten Prognose.

Die Strahlentherapie ist eine weitere Säule des NOZ und wird in den Tumorboards durch Dr. Kirsten Helke und Dr. Stefan Wurster vertreten. Für die Durchführung einer modernen Strahlentherapie im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) stehen zwei neue Linearbeschleuniger der fortschrittlichsten Generation zur bildgeführten Strahlentherapie bereit. Mit Hilfe dieser medizinischen Großgeräte und der dazugehörigen Bestrahlungsplanungssysteme können sehr präzise hohe Bestrahlungsdosen an den Tumor bei maximaler Schonung des umgebenen Gewebes verabreicht werden. Es besteht ferner eine enge Kooperation mit dem SAPHIR Radiochirurgie Zentrum Norddeutschland, wo in ausgewählten Fällen eine Strahlentherapie am Cyberknife in Güstrow angeboten werden kann.

Die Universitätsmedizin Greifswald ist darüber hinaus das einzige Klinikum mit einer eigenständigen, neuropathologischen Facharztkompetenz im deutschen Ostseeraum und ist in diesem Bereich mit PD Dr. Volkmar Hans und Prof. Silke Vogelgesang aktiv in Klinik, Forschung und Lehre eingebunden. Das komplette diagnostische Spektrum der Neuropathologie wird inhaltlich und methodisch abgedeckt.

Das multidisziplinäre Team des NOZ sieht sich als Kooperationspartner der sich im Umland befindlichen regionalen Krankenhäuser und der ambulant tätigen Kollegen. Über die ambulante neuroonkologische Sprechstunden sowohl in der Klinik für Neurochirurgie als auch der Onkologie werden Patienten mit Hirn-oder Rückenmarkstumoren ohne lange Wartezeit beraten und zügig individuelle Behandlungskonzepte erstellt. In regelmäßigen Abständen finden Informationsveranstaltungen für niedergelassene ärztliche Kollegen und betroffene Patienten und deren Angehörige statt. Die nächste Veranstaltung ist für den Welthirntumortag am 8. Juni in Greifswald geplant.

Fotos: UMG/Manuela Janke
Das hochspezialisierte Team des ersten zertifizierten Neuroonkologischen Tumorzentrums in Norddeutschland behandelt Menschen aus ganz Deutschland und dem Ausland ((jeweils v.li./vorn: Prof. Silke Vogelgesang (Neuropathologie), Christina Vorbau (Koordinatorin des NOZ, Neurochirurgie), Dr. Waltraud Kleist (Neurochirurgie), Dr. Christian Rosenstengel (Oberarzt Neurochirurgie), erste Treppenstufe: Dr. Cordula Weil (Neurologie), Esther Holznagel (Medizinische Psychologie, Psychoonkologie), zweite Treppenstufe: Prof. Henry W. S. Schroeder (Direktor der Klinik für Neurochirurgie), PD Dr. Jörg Baldauf (Leiter des NOZ, Leitender Oberarzt Neurochirurgie), PD Dr. Volkmar Hans (Leiter Neuropathologie), Marc Matthes (Stellvertretender Koordinator des NOZ), Dr. Steffen Fleck (Oberarzt Neurochirurgie), letzte Reihe: PD Dr. Michael Kirsch (Leiter Neuroradiologie), Dr. Sascha Marx (Neurochirurgie), PD Dr. Carsten Hirt (stellv. Leiter des NOZ, Neuroonkologie) und Dr. Kirsten Helke (Strahlentherapie)).

Universitätsmedizin Greifswald
Neuroonkologisches Zentrum
Leiter: PD Dr. med. Jörg Baldauf, Klinik für Neurochirurgie
E baldauf@uni-greifswald.de
Stellv. Leiter: PD Dr. med. Carsten Hirt, Neuroonkologie
E hirtonko@uni-greifswald.de
http://www2.medizin.uni-greifswald.de/index.php?id=946

Universitätsmedizin Greifswald
Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie
Direktor: Prof. Dr. Henry W. S. Schroeder
Sauerbruchstraße, 17475 Greifswald
T +49 3834-86 61 62
E henry.schroeder@uni-greifswald.de
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