Eisenmangel bei Herzschwäche: Tablette als Alternative zur Infusion?
Die MHH-Kardiologie startet die multizentrische ORION-HF-Studie. Sie will herausfinden, ob ein Präparat in Tablettenform einen Eisenmangel beheben und die typischen Symptome der Herzinsuffizienz lindern kann.
Menschen mit Herzinsuffizienz, auch Herzschwäche genannt, haben häufig zu wenig Eisen im Körper. Durch den Eisenmangel werden die Symptome der Herzerkrankung wie beispielsweise Atemnot, Müdigkeit und Schwäche noch verstärkt. Eine Eisengabe kann den Betroffenen helfen. Bisher geschieht das mittels Infusion über die Vene. Kann der gleiche Erfolg auch mit einer speziellen Zubereitung von Eisen in Tablettenform erzielt werden?
Dieser Frage geht die Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in der Pilotstudie ORION-HF nach. Die Einnahme von Tabletten wäre für die Patientinnen und Patienten im Alltag besser umzusetzen als die Eisengabe per Infusion. Die MHH-Kardiologie koordiniert die Studie, weitere deutsche Herzzentren sind daran beteiligt. Das Vorhaben wird von der Firma Norgine mit rund 670.000 Euro gefördert.
Eisen ist wichtig für Sauerstofftransport
Eisen spielt eine sehr wichtige Rolle: Es wird zur Bildung des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin gebraucht. Hämoglobin ist zuständig für die Verteilung des Sauerstoffs im ganzen Körper. Fehlt Eisen, kann nicht genügend Hämoglobin produziert werden. Außerdem wird Eisen in jeder Körperzelle für zentrale Mechanismen wie beispielsweise die Energieproduktion benötigt. Für die Herz- und die Skelettmuskulatur ist Eisen sehr wichtig, da beide Organe einen hohen Energiebedarf haben. „30 bis 50 Prozent der Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz haben allerdings einen Eisenmangel“, erklärt Professor Dr. Johann Bauersachs, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie. Professor Bauersachs leitet die Pilotstudie gemeinsam mit Professor Dr. Tibor Kempf, leitender Oberarzt der Klinik. Ein Eisendefizit bei dieser Patientengruppe kann verschiedene Ursachen haben. Dazu zählen eine verminderte Eisenaufnahme im Darm und Entzündungsprozesse im Körper, die ebenfalls zu einer schlechteren Eisenresorption führen. Ein weiterer Grund kann ein erhöhter Eisenverlust sein, etwa durch blutverdünnende Medikamente.
Lassen Tabletten Hämoglobinwert steigen?
Bisher gibt es noch kein Eisenmedikament in Tablettenform, das nachweislich den Eisenmangel bei Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz behebt. „Die aktuellen Leitlinien zur Behandlung empfehlen dafür ausschließlich Infusionen“, sagt Professor Kempf. In der Pilotstudie ORION-HF testen die Kardiologinnen und Kardiologen nun ein für andere Erkrankungen bereits zugelassenes Eisenpräparat. Im Fokus steht dabei die Patientengruppe mit einer sogenannten Linksherz-Insuffizienz, also einer Herzschwäche der linken Herzkammer. Das ist die häufigste Form der Herzinsuffizienz, etwa zwei bis drei Millionen Menschen sind allein in Deutschland davon betroffen. „Wir möchten herausfinden, ob die Therapie mit den Tabletten zu einem Anstieg des Hämoglobinwerts und des Eisengehalts im Blut führt“, erläutert Professor Kempf. Für die Patientinnen und Patienten würde das bedeuten, dass sie besser mit Sauerstoff versorgt würden und weniger unter Symptomen wie Erschöpfung, Atemnot und Husten litten. Sie hätten eine deutlich bessere Lebensqualität.
Studie mit 50 Probandinnen und Probanden
Bei ORION-HF arbeitet die Klinik für Kardiologie und Angiologie eng mit dem Zentrum für Klinische Studien der MHH zusammen. In die Studie werden insgesamt 50 Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz aufgenommen, die an Eisenmangel und Blutarmut leiden. Während eines Zeitraums von 16 Wochen nehmen die Probanden jeweils morgens und abends eine Eisentablette ein. Danach untersuchen die Studienärzte die Wirkung. „Sollte sich herausstellen, dass das Präparat den Eisenmangel ausgleichen kann und die Probanden unter weniger starken Symptomen leiden, dann wären die Tabletten eine sichere und unkomplizierte Alternative zu den Infusionen“, sagt Professor Bauersachs. Alle neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Thema Herzinsuffizienz fließen auch in die Arbeit des Herzinsuffizienz-Netzwerks Niedersachsen ein (http://www.herz-niedersachsen.de), einem Konsortium aus mehr als 20 niedersächsischen Herzkliniken.
SERVICE:
Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Tibor Kempf, kempf.tibor@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-4503.
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