Erbgut als Schlüssel zur personalisierten Medizin

Mit der klinischen Genomsequenzierung trägt das Tübinger Institut entscheidend zum Aufbau der europäischen Genomdatenbank bei.
Bild: Verena Müller / Universitätsklinikum Tübingen

Tübinger Institut ist Teil des EU-weit größten Projekts zum Aufbau einer europäischen Genomdatenbank.

Als einziges deutsches Sequenzierzentrum ist das Tübinger Institut für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik am Projekt „Genome of Europe“ beteiligt. Ziel des aus 49 Partnern aus 27 europäischen Ländern bestehenden Projektes ist es, zum Aufbau der größten Genomdatenbank in Europa beizutragen. Auf Basis dessen soll insbesondere die personalisierte Medizin profitieren, für deren Anwendung die genetischen Informationen des menschlichen Erbgutes ausschlaggebend sind. Das Projekt, das mit ca. 45 Millionen Euro zu gleichen Teilen von der EU und den beteiligten europäischen Staaten gefördert wird, soll innerhalb der nächsten 42 Monate eine einzigartige gesamteuropäische Referenzdatenbank aufbauen.

Die personalisierte Medizin ist zunehmend ein globaler Schwerpunkt in der Gesundheitsversorgung. Durch gezielte Prävention, systematische Diagnostik und den Einsatz maßgeschneiderter Therapien und Wirkstoffe soll die Wirksamkeit und Qualität der Behandlung deutlich verbessert werden. Obwohl 99 Prozent unserer menschlichen Erbinformationen gleich sind, unterscheiden sich zwei Menschen allein auf genetischer Ebene durch ca. sechs Millionen Nukleotide, also den Bausteinen unserer DNA. Dieses eine Prozent macht den Unterschied aus und entscheidet, wie wir aussehen und welche Krankheiten wir zum Beispiel erblich bedingt bekommen. Wenn jetzt noch weitere äußere Einflussfaktoren wie Ernährung oder Umwelteinflüsse hinzukommen, ist es nicht weiter verwunderlich, dass selbst bei gleicher Krankheit nicht für jeden Patienten bzw. Patientin die gleiche Therapie wirksam sein kann. Das Ziel der personalisierten Medizin ist es daher für jeden Menschen die passende Therapie zum bestmöglichen Zeitpunkt mit der optimalen Dosierung zu finden. Die genetische Information der DNA oder des Genoms eines Menschen bildet dabei den Grundstein für die personalisierte Medizin.

Eine europäische DNA Datenbank

Im Rahmen der „Genome of Europe“ Finanzierung sollen zunächst insbesondere Referenzgenome von mehr als 100.000 Individuen generiert werden. Diese Referenzproben entstammen sowohl von Menschen unterschiedlicher Nationalitäten als auch von Patienten und Patientinnen, die an Tumorerkrankungen sowie an seltenen Erkrankungen leiden. Später sollen Infektionskrankheiten sowie häufige Volkskrankheiten dazu kommen. Jedes Genom wird durch die sogenannte vollständige Genomsequenzierung entschlüsselt, ein molekulargenetisches Analyseverfahren, dass die Erbgutinformationen eines jeden Teilnehmenden des Projektes aufschlüsselt.
Das Projekt ist dabei Teil einer noch größeren europäischen Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, eine europäische Datenbank mit mindestens einer Million Genome aufzubauen.

Die Referenzdatenbank wird die verschiedenen europäischen Bevölkerungen repräsentieren und bestehende genomische Datensätze sowie neue genomische Daten einbeziehen. Für letzteres wird ein komplexes und völlig neuartiges Referenzdatenkonzept entwickelt, welches dann auch das vollständige Genom umfasst. „Die Datenbank dient unserem Ziel, genombasierte personalisierte Gesundheitskonzepte weiter zu entwickeln, damit in Zukunft genetische Befunde nicht nur bei der Krankheitsbestätigung, sondern auch bei der Krankheitsverhinderung helfen“, erläutert Prof. Dr. Olaf Rieß, Direktor des Tübinger Instituts für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik. „Viele unserer menschlichen Eigenschaften sind in unserer DNA enthalten, einschließlich unseres Krankheitsrisikos oder unserer Reaktion auf eine bestimmte Behandlung. Wenn wir diese Informationen in einer Datenbank zugänglich machen, wären wir einer personalisierten Medizin einen großen Schritt näher“, ergänzt Prof. Rieß. Der Tübinger Anteil beläuft sich auf knapp sechs Millionen Euro, der zu gleichen Teilen von der Europäischen Union und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung kommt. Koordiniert wird das Projekt vom Erasmus University Medical Center in den Niederlanden.

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