Innovation aus der MHH ist Basis für neue Fibrose-Therapie
Oft merkt man erst, wie wichtig Etwas ist, wenn es nicht mehr funktioniert. Diese Tatsache haben sich Forscherinnen und Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) zunutze gemacht: Mit einer neuen Methode gelang es ihnen, rund 4.000 verschiedene Ribonukleinsäuren (RNAs) in Zellen gezielt auszuschalten, um ihre Funktionen zu entschlüsseln.
So konnten sie beispielsweise zeigen, dass eine bestimmte RNA für das Wachstum von Bindegewebszellen (Fibroblasten) notwendig ist. „Die von uns entwickelte Methode kann nun in verschiedenen Studien eingesetzt werden und so helfen, die Entstehung zahlreicher Krankheiten zu entschlüsseln und darauf aufbauend neue Therapien zu finden“, sagt Professor Dr. Dr. Thomas Thum, Leiter des MHH-Instituts für Translationale und Molekulare Therapiestrategien (IMTTS). Die renommierte Fachzeitschrift Cell Death & Differentiation veröffentlichte die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studie.
Die Ribonukleinsäuren (RNAs), um die es bei dieser neuen Methode geht, sind zum größten Teil noch nicht erforscht. Es handelt sich um verschiedene Arten der langen nicht-codierenden RNA (lncRNA) – also nicht um die RNA, aus der Eiweißbausteine entstehen, sondern um die RNA, die in Zellvorgängen verschiedene regulatorische Aufgaben übernehmen.
Wenn diese nicht funktionieren, können sie zur Entstehung schwerer Erkrankungen wie beispielsweise Krebs oder Herzerkrankungen beitragen. Von einigen Dutzenden dieser schätzungsweise mehr als 100.000 lncRNA-Arten haben Forscher in den vergangenen Jahren ihre Funktion herausfinden können – meistens durch den Vergleich aller RNA-Moleküle in gesunden Zellen mit denen in kranken Zellen.
„Das Problem bei diesen sogenannten Transkriptom-Analysen ist, dass sich im Zellvergleich oft hunderte bis tausende verschiedene ncRNAs voneinander unterscheiden. So ist es sehr schwierig, herauszufinden, welche der lncRNA-Arten nun mit spezifischen Zellfunktionen und damit der Entstehung von Erkrankungen zusammenhängt“, erläutert die Erstautorin der Studie Dr. Julia Beermann.
Mit dem von den MHH-Forscherinnen und -Forschern entwickelten Screening-Verfahren können nun rund 4.000 lncRNAs mit Hilfe von insgesamt 27.000 sogenannten shRNAs stillgelegt werden. Um die Machbarkeit zu testen, haben die Wissenschaftler die shRNAs in Fibroblasten eingeschleust. „Da jede shRNA individuell mit einem Barcode markiert war, konnten wir erkennen, dass der Verlust einer der 4.000 lncRNAs das Wachstum von Fibroblasten stark hemmt. Wir nannten sie Ntep“, erläutert IMTTS-Gruppenleiter Dr. Christian Bär. Als sie „Ntep“ therapeutisch hemmten, konnte sie das Wachstum der Fibroblasten nicht mehr fördern, andere Zelltypen wuchsen normal weiter.
„Die krankhafte Vermehrung von Bindegewebszellen in Organen können zum Verlust der Organfunktion führen, beispielsweise in Leber, Lunge, Niere oder Herz. Solche Fibrosen stellen noch immer ein weitgehend ungelöstes Problem dar. Methoden wie diese, die lncRNA als mögliche therapeutische Zielstruktur identifizieren, welche zum Beispiel das Wachstum der Fibroblasten verhindern, sind somit sehr wichtig. Darüber hinaus kann unser neues Verfahren in vielen Studien mit unterschiedlichen Fragestellungen eingesetzt werden“, sagt Professor Thum. Das von ihm geleitete MHH-Institut ist Teil des Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum Transplantation (IFB-Tx) und in den Exzellenzcluster REBIRTH eingebunden.
Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Thomas Thum, thum.thomas@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-5272.
Die Originalpublikation finden Sie im Internet unter folgendem Link: http://www.nature.com/cdd/journal/vaop/ncurrent/full/cdd2017158a.html
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