Lungenmedikament macht Mäuse schlank

Wärmebilder: Die Maus (links) verfügt über viele braune Fettzellen, die Nahrungsenergie verbrennen. Bei dem Tier rechts wurden braune Fettzellen gebremst, seine Temperatur ist deshalb niedriger. (c) Foto: Linda S. Hoffmann/Uni Bonn

Von Fettleibigkeit ist eine zunehmende Zahl von Menschen betroffen. Eines der großen Probleme sind die zahlreichen Folgeerkrankungen: Für stark Übergewichtige steigt das Risiko, zum Beispiel an Diabetes zu erkranken sowie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.

„Wissenschaftler suchen deshalb fieberhaft nach einem Weg, wie sich starkes Übergewicht auf Dauer reduzieren lässt, um die drastischen gesundheitlichen Folgen in den Griff zu bekommen“, sagt Prof. Dr. Alexander Pfeifer, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Bonn.

Seit Jahren forscht der Wissenschaftler daran, wie sich unerwünschte weiße Fettzellen in erwünschte braune Fettzellen umwandeln lassen. Während weiße Fettzellen vor allem in den „Problemzonen“ an Bauch und Hüften angesiedelt sind und häufig verschiedenste gesundheitliche Folgen – wie Diabetes, Herzinfarkt und Krebs – mit sich bringen, wirken die braunen Fettzellen als eine Art Heizaggregat: Sie verbrennen besonders viel Nahrungsenergie und erzeugen Wärme.

„Wenn es gelingt, weiße in braune Fettzellen umzuwandeln, lassen sich auch überflüssige Pfunde einfach abschmelzen“, sagt Prof. Pfeifer. Die Wissenschaftler der Universität Bonn haben in diesem Zusammenhang bislang mehrere Angriffspunkte in den Signalwegen des Stoffwechsels entschlüsselt.

Wirkstoff kurbelt Fettverbrennung an

Einen neuartigen Weg, braunes Fett anzukurbeln und auch weißes Fett zu „bräunen“, hat nun ein Team um Prof. Pfeifer mit Wissenschaftlern der Deutschen Sporthochschule Köln, des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, der Universität Würzburg und der Bayer Pharma AG herausgefunden.

„In früheren Studien haben wir bereits im Tiermodell nachgewiesen, dass der Botenstoff cGMP die Bräunung der weißen Fettzellen fördert“, berichtet Prof. Pfeifer. Wie lässt sich aber im Organismus der cGMP-Spiegel erhöhen, um die Fettverbrennung anzukurbeln?

Als neuen Ansatzpunkt griffen die Forscher nun auf eine neue Substanz (BAY-41-8543) zurück: Ein strukturell sehr ähnlicher Wirkstoff wird gegen Lungenhochdruck eingesetzt, er weitet die Blutgefäße und senkt damit den Blutdruck in der Lunge. Die Wirkung beruht auf dem Schlüsselbotenstoff cGMP, der auch mit der Fettumwandlung zusammenhängt. „Deshalb lag es nahe, diese viel versprechende Substanzklasse an Fettzellen zu testen“, sagt Prof. Pfeifer. Die Forscher mischten den Wirkstoff stark übergewichtigen Mäusen ins Futter: Daraufhin nahm tatsächlich die Masse des weißen Fettgewebes in den Tieren ab und die Zahl energiezehrender brauner Fettzellen zu.

Gesundheitszustand der Tiere verbesserte sich insgesamt

„Nach sechs Wochen haben die mit dem Medikament behandelten Mäuse zwölf Prozent an Gewicht verloren“, fasst der Pharmakologe das Resultat zusammen. Dr. Linda S. Hoffmann, eine der Erstautorinnen aus dem Team von Prof. Pfeifer, berichtet, dass sich darüber hinaus der Gesundheitszustand der zuvor fettleibigen Tiere insgesamt verbessert habe:

„Tests zeigten, dass sich Anzeichen für Diabetes II wie Glukoseintoleranz bei denjenigen Tieren reduzierte, die aufgrund des Wirkstoffs an Gewicht verloren hatten.“ Zudem hatten sich bei dieser Gruppe auch die weißen Fettzellen verkleinert und die Tiere lagerten weniger Fett in die Leber ein.

„Wir haben hinsichtlich der Substanzgruppe, zu der auch das bereits zugelassene Lungenmedikament gehört, sehr interessante Ergebnisse für die Grundlagenforschung gewonnen“, sagt Prof. Pfeifer. Ob die Substanz auch im Menschen unerwünschte weiße in erwünschte braune Fettzellen umwandelt, müsse erst noch bewiesen werden. „Das ist Zukunftsmusik – weitere intensive Forschung ist erforderlich“, sagt der Wissenschaftler der Universität Bonn.

Publikation: Stimulation of soluble guanylyl cyclase protects against obesity by recruiting brown adipose tissue, Nature Communications, DOI: 10.1038/ncomms8235

Kontakt für die Medien:

Prof. Dr. Alexander Pfeifer
Institut für Pharmakologie und Toxikologie
der Universität Bonn
Tel. 0228/28751300
E-Mail: alexander.pfeifer@uni-bonn.de

Media Contact

Johannes Seiler idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Sensoren für „Ladezustand“ biologischer Zellen

Ein Team um den Pflanzenbiotechnologen Prof. Dr. Markus Schwarzländer von der Universität Münster und den Biochemiker Prof. Dr. Bruce Morgan von der Universität des Saarlandes hat Biosensoren entwickelt, mit denen…

3D-Tumormodelle für Bauchspeicheldrüsenkrebsforschung an der Universität Halle

Organoide, Innovation und Hoffnung

Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…

Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis

Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…